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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung
Autoren: L. E. Modesitt
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kleinsten der Blechnäpfe, gab ein wenig vom Eintopf hinein und stellte ihn auf den Tisch. Dann setzte sie sich zu Cerryl auf die Bank.
    Cerryl knabberte an seinem Brötchen und schob sich mit dem selbstgeschnitzten Löffel den Eintopf in den Mund. Dann biss er wieder vom Brötchen ab.
    »Heiß … und macht satt. Das Bier ist auch nicht zu bitter.« Syodor lächelte Nall an.
    »Der Tag war lang. Das Bier wird dir gut tun.« Nall lächelte zurück. »Es wird noch für ein oder zwei Tage reichen.«
    »Willst du keins?«
    »Nein, es schmeckt mir nicht.«
    Obgleich Nall lächelte, fühlte Cerryl die Lüge. Sie log oft, wenn sie ihm oder Syodor etwas Besonderes zukommen ließ und sich selbst nichts davon nahm.
    »Dylert hat mir erzählt, er könnte einen Jungen für die Mühle brauchen«, erzählte Syodor seiner Frau, aber sein Blick wanderte über den Tisch zu Cerryl. »Er will einen gewissenhaften Jungen. Und Cerryl ist gewissenhaft. Darauf könne er sich verlassen, habe ich ihm gesagt.«
    »Eine Sägemühle ist zu gefährlich für einen kleinen Jungen«, gab Nall zur Antwort.
    »Die Minen waren damals auch gefährlich für einen Jungen wie mich«, entgegnete Syodor. »Und ich war noch jünger als Cerryl jetzt.«
    »Du warst aber auch kräftiger«, hielt Nall dagegen.
    »Ich bin stärker als ich aussehe«, rief Cerryl schnell. Seine grauen Augen blitzten wie die einer Dschungelkatze und strahlten ein ganz besonderes Licht aus.
    »Ganz sicher, mein Junge. Pass auf, der nächste Windstoß wird dich bis nach Lydiar wehen.«
    »Er ist noch nicht einmal halb erwachsen«, protestierte Nall.
    »Irgendwann muss er erwachsen werden. Wir werden nicht bis zum Ende des Chaos bei ihm bleiben können.« Der frühere Bergmann blickte seiner Frau entschlossen ins Gesicht.
    »Syodor! Nicht in der Gegenwart des Jungen.« Sie malte mit der Hand das Zeichen für Ordnung in die Luft.
    »Das Chaos ist da, Nall.« Syodor schnaubte. »Ich sehe es jeden Tag. Die Tunnel brechen zusammen. Ich sehe die Leute umherschleichen und höre, wie sie sich gegenseitig ins Ohr tuscheln, wer mit der Dunkelheit liebäugelt und wer welchen Weißen Magier kennt.«
    Cerryl blickte hinüber auf seine Pritsche und das versteckte Buch, das er nicht lesen konnte.
    »Du musst wissen, Cerryl, dass die Minen älter sind als Städte wie Fairhaven …«
    Nall presste die Lippen aufeinander, sie räusperte sich sehr geräuschvoll.
    »Älter als die Bäume auf den Hügeln«, beeilte sich Syodor zu sagen. »Als mein Großvater noch ein Junge war, schickte der Herzog seine Leute hierher und sie durchwühlten die alten Halden. Dann warfen sie alles, was davon übrig geblieben war, zusammen mit der Schlacke aus den Schmelzöfen auf die Haufen, auf die wir nun blicken.«
    »Schmelzöfen?«, fragte Cerryl, während er den letzten Bissen seines zweiten Brötchens langsam kaute. »Was ist mit diesen Öfen geschehen?«
    »Der Herzog ließ die Eisenteile abbauen und die feuerfesten Steine, nun ja …« Der knorrige Mann lachte. »Sieh dir unseren Herd an – den habe ich aus diesen Steinen gebaut. Die Westseite des Hauses auch. Gute Steine waren das, nur brechen sie leicht, wenn sie im Schmelzofen zu heiß geworden sind.«
    »Steine können zu heiß werden?«, fragte der Junge.
    »Alles kann zu heiß werden, wenn es Flammen oder Chaos ausgesetzt wird. Zu viel Chaos kann alles zerstören.«
    »Auch Menschen«, fügte Nall traurig hinzu.
    »Auch das.« Syodor trank den letzten Schluck Bier aus seinem Humpen. »Ah … das vermisse ich am meisten aus den Tagen, an denen ich zwei Kupferstücke pro Tag in der Mine verdient habe. Und was habe ich jetzt … einen Freibrief, den der Herzog jederzeit für ungültig erklären kann.«
    Nall nickte. Draußen setzte bereits die düstere, herbstliche Dämmerung ein.
    »Da fällt mir ein … Shandreth … ich habe ihn heute Morgen getroffen«, sagte Syodor nach einer Weile. »Er sucht Helfer für die Weinlese in einem Achttag. Er sagte, du würdest zu den Besten gehören, Nall.«
    »Zwei Kupferstücke für all die schwere Arbeit?«, fragte sie.
    »Drei hat er geboten.« Syodor lachte. »Ich habe vier verlangt und er meinte, dass du auch vier wert wärest. Aber er zahlt keinen Kupferling mehr, sonst steht er ohne Geld da, noch bevor die Trauben gepresst sind, hat er behauptet.«
    »Vier … das würde uns weiterhelfen. Ich könnte das Geld sparen für schlechte Zeiten.«
    »Ja … die schlechten Zeiten werden kommen.« Syodor warf Cerryl einen
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