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Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Titel: Die Weisheit des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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haben.«
     
     
    Taisen Deshimaru, ein japanischer Schwertmeister, sagte immer: »Lernt mit dem ganzen Körper zu denken.« Er empfahl eine alternative Art zu sein, zu handeln und zu leben – Entscheidungen eher aus dem Bauch heraus zu treffen, instinktiv und intuitiv, statt sich ausschließlich auf das Gehirn zu verlassen, das die verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander abwägt, um auf die Lösung zu kommen.
    Genau wie Deshimaru hatte auch Socrates das ganz eigene (instantane) Wissen des Körpers begriffen. Er hatte seinen Körper darauf trainiert (und gelernt, darauf zu vertrauen), dass er immer genau wusste, was er essen, wie er sich bewegen und unbefangen reagieren sollte, völlig ohne Erwartungen und Vorurteile. Wie sagte doch einer seiner Mentoren (in Socrates – der friedvolle Krieger ) einmal: »Erwarte nichts, aber sei auf alles vorbereitet.«
    Verstehen und Erkennen
    »Verstehen, weißt du, ist eindimensional. Es ist ein Begreifen mit dem Intellekt. Das Ergebnis ist ein Wissen, wie du es hast. Erkennen dagegen ist dreidimensional. Es ist ein Begreifen mit dem ganzen Körper – mit Kopf, Herz und Instinkten zugleich. Die Voraussetzung dafür ist eine klare Erfahrung.«

    Man sagt ja auch: »Ich höre etwas und vergesse es wieder; ich sehe etwas und kann mich daran erinnern; aber wenn ich etwas tue, verstehe ich es.« Das »Verstehen« kommt hier dem Erkennen gleich, denn Handeln führt zu Erkenntnis. Wenn man studiert, worauf es beim Bergsteigen ankommt, eignet man sich nur abstraktes Wissen an. Erst selbst losklettern führt zu praktischer Erkenntnis.
    Jeder von uns weiß, was mit Sätzen wie »Alles ist ein Traum« oder »Eigentlich wissen wir gar nichts« gemeint ist. Wenn man sie hört, versteht man ihre oberflächliche Bedeutung und sagt vielleicht: »Weiß ich doch längst.« Beziehungsweise »Find ich auch« oder »Das seh ich aber anders«. Wir neigen dazu, solche Sätze mit einem Schulterzucken abzutun, weil wir sie so oder so ähnlich schon häufig gehört haben.
    Wenn wir sie uns aber richtig auf der Zunge zergehen und tief in uns eindringen lassen, verwandeln sich diese Gemeinplätze in universelle Wahrheiten – und wir erkennen , das alles ein Traum ist oder dass wir im Grunde wirklich nichts wissen. In solchen entscheidenden Momenten, die mitunter das ganze Leben verändern, kann ein geradezu ekstatisches Empfinden des Befreitseins von Sterblichkeit, Veränderung und Leiden entstehen. Vielleicht müssen wir sogar anfangen zu lachen. Wir empfinden dann eine Erregung, wie der griechische Mathematiker Archimedes sie in einem Anfall von Jubel hatte, als ihm eine wissenschaftliche Erkenntnis kam, er aus seiner Badewanne aufsprang und mit dem Ruf »Heureka! Ich hab’s gefunden!« durch die Straßen lief.
    Nichts verändert sich, und doch verändert sich alles – in einem einzigen Moment des Erkennens.
    Unwissenheit, Mysterien und Glück
    »Wo bist du?«
    »Wie meinst du das? Wo soll ich sein?«
    »Wo bist du?«, wiederholte er leise und eindringlich.
    »Ich bin hier.«
    »Wo ist hier?«
    »In diesem Büro in dieser Tankstelle!« Ich hatte allmählich genug von diesem Spiel!
    »Wo ist diese Tankstelle?«
    »In Berkeley.«
    »Wo ist Berkeley?«
    »In Kalifornien.«
    »Wo ist Kalifornien?«
    »In den Vereinigten Staaten.«
    »Wo sind die Vereinigten Staaten?«
    »Auf einem Erdteil, auf einem Kontinent der westlichen Hemisphäre. Socrates, ich …«
    »Wo sind die Kontinente?«
    Ich seufzte geduldig. »Auf der Erde. Bist du noch nicht fertig? «
    »Wo ist die Erde?«
    »Im Sonnensystem, drittnächster Planet von der Sonne. Die Sonne ist ein kleiner Stern in der Galaxie namens Milchstraße. Zufrieden?«
    »Wo ist die Milchstraße?«
    »Oh, hör auf, Mann!«, stöhnte ich und verdrehte die Augen.
    »Im Universum.« Ich hatte endgültig genug von dem Spiel.
    »Und wo«, grinste Socrates, »ist das Universum?«
    »Hm, das Universum ist …« Ich überlegte. »Da gibt es verschiedene Theorien, wie es entstanden ist.«
    »Ich habe dich nicht gefragt, wie es entstanden ist, sondern wo es ist.«

    »Ich … ich weiß nicht. Woher soll ich das wissen?«
    »Ja, das ist der springende Punkt. Du kannst es nicht wissen, und du wirst es niemals wissen. Das zu wissen ist unmöglich. Du weißt also nicht, wo das Universum ist, und folglich weißt du nicht, wo du bist. Tatsache ist, du kannst überhaupt nicht wissen, wo irgendetwas ist. Du kannst auch nicht wissen, wie etwas ist oder wie es entstanden ist.
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