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Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Titel: Die Weisheit des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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Ich war gut aufgelegt, ich war frei und zu allem bereit.
     
     
    Eigentlich entfaltet sich das Leben Moment für Moment wie ein ständiger Fluss; im menschlichen Erleben scheint es aber Wendepunkte zu geben, an denen sich plötzlich Türen öffnen, die vorher gar nicht zu erkennen waren. Genauso empfand ich meine Fahrt nach Berkeley ins College. Ich war super Stimmung und strotzte nur so vor Optimismus. Im Sportseminar erwarteten mich meine Mannschaftskollegen – vielversprechende neue Freunde, neue Chancen.
    Keinerlei Ahnung hatte ich, wer oder was sonst noch
auf mich zukommen sollte. Die nächsten Jahre standen erst einmal ganz im Zeichen von Vorlesungen und Seminaren, neuen Trainingstechniken und -methoden. Doch irgendwann fing dann das mit den düsteren Träumen an, die mich schließlich auch in Socs alte Tankstelle führten.
    Realitätscheck 3
    Auf dem Bürgersteig blieb ich instinktiv stehen. Es war so ein komisches Kitzeln im Nacken. Ich wusste, er beobachtete mich. Vorsichtig spähte ich über die Schulter. Keine fünfzehn Sekunden waren vergangen – aber er stand dort oben auf dem Dach! Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute zum Sternenhimmel hinauf.
    Fassungslos starrte ich den leeren Stuhl an, wo er eben noch gesessen hatte. Ich schaute hinauf, wo er stand. Es war unmöglich! Hätte ich zugeschaut, wie jemand an einem von Mäusen gezogenen Riesenkürbis ein Rad wechselt – es hätte mich weniger überrascht.
     
     
    Wie schon gesagt, beruht Der Pfad des friedvollen Kriegers auf einer Mischung aus vielen persönlichen Erlebnissen und ein wenig Fantasie.
    Ich habe Socrates nicht aufs Dach der Tankstelle springen sehen. Im Buch habe ich es so beschrieben, dass er auf einem Stuhl saß und dann wenig später auf dem Dach war. An einer späteren Stelle im Text hat er meinen Kopf berührt und ich sah oder meinte zu sehen, dass er wie in Zeitlupe aufs Dach sprang. Sah ich
da etwas, was ich sehen wollte, oder wollte Socrates, dass ich es sah? Im Subtext der Geschichte werden solche Fragen durchaus gestellt.
    Was aber, wenn Socrates gar nicht über erstaunliche athletische Talente verfügt, sondern von einem Schamanen gelernt hätte, das Zeitgefühl anderer Menschen zu verändern? Dann wären vielleicht nicht nur ein paar Sekunden vergangen, während ich mich von der Tankstelle entfernte, sondern einige Minuten, und Socrates hätte genügend Zeit gehabt, in aller Ruhe aufs Dach zu steigen (und später wieder herunterzukommen).
    In Anlehnung an Ockhams Rasiermesser, eine These, die auf den Franziskanermönch Wilhelm von Ockham zurückgeht, könnte man sagen, dass die einfachste Theorie häufig auch die beste ist. Einigen wir uns also darauf, dass ich die Geschichte um einige magische Elemente ergänzt habe. Wie im Buch beschrieben, ließ sich Socrates einige besondere Dinge einfallen, um mein Interesse wach zu halten. Ich habe beschlossen, dasselbe für meine Leser zu tun.
    Was mich zu Socrates hinzog, war natürlich nicht sein Sprung aufs Dach, sondern etwas viel Grundlegenderes und Tiefgreifenderes. Es gibt eine schöne Geschichte über einen Wandermönch, der dem Buddha begegnete und spürte, dass er etwas ganz Besonderes an sich hatte. »Bist du ein Krieger?«, fragte er. Der Buddha schüttelte den Kopf. »Ein Zauberer vielleicht?« Als Buddha verneinte, fragte der Mönch weiter: »Dann bist du aber bestimmt ein König oder ein Heiliger?« Wieder schüttelte Buddha den Kopf. »Ja, aber was ist es dann, das dich von anderen Menschen unterscheidet? «
    »Ich bin erwacht«, sagte der Buddha.

    Im Traum auf einen erwachten oder erleuchteten Menschen zu stoßen ist schon ziemlich erstaunlich. Mehr brauchte ich gar nicht, um mich vom Licht, das von Socrates ausging, wie eine Motte anziehen zu lassen. Allein das veränderte den ganzen weiteren Verlauf meines Lebens.
    Narren unter sich
    »Ich bin ein Narr, sagen Sie?« Es klang streitlustiger, als ich wollte.
    »Wir sind doch allesamt Narren«, meinte er gutmütig. »Manche wissen es, und manche wissen es nicht. Du bist mir, so scheint’s, einer von letzterer Sorte.«
     
     
    Im Tarot – dem heiligen Kartenspiel, das in archetypischen Bildern die Lebensreise des Menschen – Erfahrung, Entwicklung und Erwachen – nacherzählt, gibt es unter den Großen Arkana die Karte Der Narr . Sie zeigt einen Spaßvogel (er steht für kindliche Unschuld), der den Blick in den strahlenden Himmel gerichtet hat und unmittelbar vor einem tiefen Abgrund (den
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