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Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)

Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)

Titel: Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
Autoren: Stella Brightley
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Martin, der Nachbarsjunge hatte sie entdeckt und sie spuckte ihm auf den Kopf. »Komm runter, wenn du dich traust!«, schrie er. Und Tatjana hatte sich getraut. Sie war gesprungen. Vom obersten Ast, drei Meter in die Tiefe, auf Martin drauf, wie eine Katze. Martin hatte eine schwere Gehirnerschütterung, Tatjana nicht einen einzigen Kratzer.

    Emma riss sich aus ihren Gedanken und öffnete die Haustür. Drinnen war es warm. Ein zarter Duft nach Pfirsich lag in der Luft. Das Parfum ihrer Mutter. Emma presste ihr Gesicht in den Wollmantel, der an der Garderobe hing. Er roch so intensiv nach ihrer Mutter, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Sie legte sich den Mantel um die Schulter und ging weiter ins Haus. Das Wohnzimmer war vom Licht durchflutet und Emma setzte sich in den alten Ohrensessel, den ihre Mutter so geliebt hatte.
    »Oh Mama, wenn ich die Zeit nur um ein paar Wochen zurückdrehen könnte!«
    Als vor drei Tagen der Anruf kam, war es schon zu spät. Über Nacht hatte ein Hirntumor Margaret Cavendish halbseitig gelähmt. Niemand hatte es gewusst. Alle waren schockiert vom plötzlichen Zusammenbruch der berühmten Sängerin. Als Emma einen Tag später ins Krankenhaus kam, war ihre Mutter bereits im Koma und starb innerhalb weniger Stunden.
    Es klingelte an der Tür. Emma ging in den Flur und öffnete. Draußen stand ein kleiner Junge mit einem großen Strauß roter Rosen. Er war höchstens sechs Jahre alt, hatte wilde blonde Locken und sah aus, wie ein kleiner Engel von Michelangelo.
    »Sind Sie Emma Cavendish?« Der Junge war ganz rot im Gesicht vor Aufregung.
    »Ja, warum?« Emma sah ihn fragend an.
    »Weil ich den Strauß nur persönlich übergeben darf. Dafür hat der Herr extra bezahlt. Und wenn Sie Emma Cavendish sind, ist er für Sie!« Aufgeregt hielt er ihr die Blumen hin. »Der Herr meinte, ich darf sie nur an Sie übergeben. Er hat mir dafür drei Pfund gegeben. Und nachher krieg ich noch mal drei!«
    »Dann bist du hier genau richtig.« Emma lächelte und nahm dem Jungen die Blumen ab. Dann gab sie ihm auch noch ein Trinkgeld und befriedigt zog der Kleine mit seiner Beute ab.
    Emma stand in der offenen Haustür und betrachtete die Blumen. Wer schickte ihr rote Rosen? Sie kannte in London nicht mehr viele Leute. Und vor allem niemanden, der ihr ein solches Geschenk machen würde.
    »Die Blumen sind von mir!« Eine samtene Stimme holte sie aus ihren Gedanken. Emma sah hoch. In der Gartentür stand Antonio Medici.
    »Darf ich hereinkommen?«
    »Antonio!« Emma schoss die Röte ins Gesicht: »Großer Gott, was machen Sie denn hier?«
    »Überrascht?« Antonio kam näher. »Hat Ihnen mein Liebesbote gefallen?«
    Emma wurde noch röter: »Ja, danke. Die Blumen sind sehr schön.«
    »Das freut mich. Aber ich glaube, Sie sind mir eine Erklärung schuldig, Emma.«

    Emma kannte Antonio aus Florenz. Er war Sänger und nahm, genau wie sie, Stunden bei Maestro Montegno. Der Professor hatte die beiden zusammengebracht und ließ sie Duette singen. Singen war für Emma das reinste Glück. Die Musik ließ sie ihr Leid vergessen. Hier konnte sie ihren Schmerz in Töne gießen. Die Stimmen der beiden harmonierten wundervoll und der Maestro war begeistert.
    Der heißblütige Italiener hatte sich sofort in die zarte blonde Engländerin verliebt. Doch Antonio war in der Opernwelt ein Star, ein angesagter junger Tenor, der sich vor Auftritten nicht retten konnte. Emma dagegen war eine kleine unbekannte Sängerin und sie wollte auf keinen Fall in die Öffentlichkeit. Sie lebte in Florenz auch unter falschem Namen. Eine Affäre mit Antonio hätte große Unruhe in ihr zurückgezogenes Leben gebracht. Deshalb lehnte Emma seine Anträge ab und wich ihm aus. Außerdem hing sie trotz allem immer noch an Alex und konnte sich eine Verbindung mit einem anderen Mann einfach nicht vorstellen.
    Doch je mehr sich Emma zurückzog, desto heftiger wurde Antonios Werben. Er konnte nicht glauben, dass sich ihm die junge Frau entzog. Ihm, dem aufstrebenden Opernstar, dem alle Frauen zu Füßen lagen.
    Und jetzt stand er hier in London plötzlich vor Emmas Tür.

    »Woher wissen Sie, dass ich hier bin?« Emma konnte sein jähes Erscheinen immer noch nicht fassen.
    Er lächelte etwas schief. »Ich habe Ihr Foto in der Zeitung gesehen, Emma Wood!«
    Emma wurde rot. Emma Wood war der Name, unter dem sie in Florenz gelebt hatte.
    »Emma Wood!« Antonio betonte ihren falschen Namen. »Und ich habe das Foto angesehen und gedacht: Das ist
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