Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verwandlung

Die Verwandlung

Titel: Die Verwandlung
Autoren: J. M. Sampson
Vom Netzwerk:
wie ich es gern hatte. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel und meinte: » Na bitte. «
    » Mal im Ernst, Emily– der Mittelweg « , sagte Dawn, als sie hinter mich trat. » Du musst es ja nicht gleich übertreiben, aber du siehst einfach zu gut aus, um dich unter einem Kapuzenshirt zu verstecken. Die Jungs halten dich noch für einen von ihnen, wenn du dich weiterhin so anziehst. «
    Ich machte mir wieder meinen Pferdeschwanz. » Danke, aber das bin nicht ich, und es ist mir egal, wofür die Jungs mich halten. « Das war gelogen. Natürlich hoffte ich, dass eines Tages jemand Notiz von mir nehmen würde, wenn ich auch Angst vor dem hatte, was er denken musste, wenn der Fall tatsächlich einmal eintreten sollte. Aber Dawn gegenüber konnte ich das nicht zugeben. Damit hätte ich ihr viel zu viel Munition gegen mich in die Hand gegeben– die sie auf mich abfeuern würde, wenn sie mich wieder einmal von einem totalen Imagewechsel überzeugen wollte.
    Resigniert hob Dawn die Hände. » In Ordnung, aber du kannst deiner älteren Stiefschwester nicht vorwerfen, sie hätte ihre Weisheit nicht mit dir teilen wollen. Ich möchte dir lediglich klarmachen, wie heiß diese Emily Webb von Natur aus ist, bevor es zu spät ist. «
    Ich drehte Dawn in Richtung Schlafzimmertür und schob sie scherzhaft hinaus. » In Ordnung, die extravagante Modenschau ist zu Ende, ich muss jetzt ins Bett. Morgen ist der erste Schultag. «
    » Keine Ausflüge durchs Fenster! « , sagte Dawn, als sie die Tür zumachte.
    Ich kickte meine Sandalen von den Füßen. » Werde ich nicht. Ich wollte auch gar nicht rausgehen, mir war nur heiß. «
    Dawn sah mich zweifelnd an.
    » Hey « , sagte ich, » wollen wir beide irgendwann dieses Wochenende eine lange Joss-Whedon-Fernsehnacht einlegen? Ich muss unbedingt mal mit meiner Buffy vorankommen. «
    » Mit deiner Buffy vorankommen? « Dawn schüttelte den Kopf. » Im Ernst? Wenn wir es irgendwann mal geschafft haben, dich von deinem Schlabberlook zu befreien, müssen wir ernsthaft an deiner Art zu sprechen arbeiten. «
    » Was stimmt denn mit meiner Art zu reden nicht? «
    » Da müsste ich jetzt zu weit ausholen, Grashüpfer. « Dawn zeigte auf mich. » Moment mal. Glaub ja nicht, du kannst einfach das Thema wechseln, um von der Sache mit dem Fenster abzulenken. Mal im Ernst: Da draußen könnte irgendein Irrer herumlaufen, der Leute umbringt. «
    » Keine Panik, ich hab’s kapiert. Ich stehle mich nicht davon. « Ich schenkte Dawn ein Lächeln, als sie auf ihr Zimmer zusteuerte. Dann schloss ich meine Schlafzimmertür, lehnte mich dagegen und atmete tief durch. Halt, halt, halt! Jetzt mal Stopp, Zurückspulen auf Anfang und aufgepasst: Wie man vielleicht inzwischen unschwer feststellen konnte, war ich nicht die Sorte Mädchen, die sich in enge Klamotten zwängte und durchs Fenster davonstahl. Ich hatte mich noch nie im Leben durch irgendetwas davongestohlen. Es gab ja nicht einmal einen Ort, zu dem ich hätte hin können. Meine Vorstellung von einem lustigen Abend bestand darin, in den riesigen Stapel ungelesener Bücher einzutauchen, der sich neben meiner Kommode auftürmte oder mir, in meine Kuscheldecke eingehüllt, endlos alte Science-Fiction- DVD s anzusehen. Keine neueste Mode, keine Partys, kein Football– ich war das Mädchen mit den großen Sweatshirts, das eher ins Streberlager gehörte. Und ich war sicher niemand, der herumlief, als käme er gerade von einem besonders schmierigen Fotoshooting für die Maxim. Vielleicht war die andere Emily ja so gewesen, wer weiß? Ich würde es wohl nie erfahren. Dennoch war es erst ein paar Minuten her, dass ich mich… anders gefühlt hatte. Ausgelassen, frei von der Verlegenheit, die mich lähmte, und– nun ja– schön. Das war aufregend gewesen, denn ehrlich gesagt hatte ich darüber nachgedacht– sehr viel sogar– wie es sich anfühlen würde, nicht immer die graue Maus zu sein, sich nicht immer für das zu schämen, was man unter seinen ausgebeulten Klamotten versteckte. Stattdessen ein Mädchen zu sein, das vor Selbstbewusstsein strotzte, das sich in dem Körper, in dem es steckte, sogar wohlfühlte. Jemand, der so anmutig und souverän war wie die starken Heldinnen in den Büchern, Serien und Filmen, die ich so liebte. Trotzdem– für gewöhnlich wird man nicht urplötzlich, über Nacht, dieser Typ Mädchen, und so empfand ich all das als ziemlich beunruhigend. Ich öffnete die oberste Schublade meiner Kommode, nahm ein Feuchttuch aus der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher