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Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)

Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)

Titel: Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
Autoren: Myra McEntire
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imitierte und sich eine imaginäre Flasche an die Lippen hielt.
    »Nun ja«, sagte sie. Michael, der, wie zu erwarten, als Rhett Butler verkleidet war, gab ihr ein Zeichen, sich zu setzen. Sie musterte ihren gigantischen Rock und schüttelte den Kopf. »Kaleb hat die Piratengeschichte vielleicht ein bisschen zu weit getrieben. Diese Schwäche für Rum, verstehst du?«
    »Es war kein Rum«, korrigierte ich ihn. »Es war Bourbon. Hab die Flasche im Handschuhfach entdeckt.«
    Michael setzte sich mir gegenüber, beugte sich über den Tisch und raunte: »Betrunken am Steuer und dann noch eine offene Schnapsflasche in der Hand?«
    »Hör zu, du Möchtegern-Clark-Gable. Ich bin nicht betrunken gefahren, weil ich erst was getrunken habe, als ich hier ankam. Es gibt auch keine offene Schnapsflasche mehr, denn ich hab sie leergetrunken und in den Altglascontainer befördert.«
    Auf Michaels Stirn war das verräterische Pulsieren einer Ader zu sehen. Ich konnte seinen Zorn spüren, unerbittlich und beharrlich, was bedeutete, dass die drei Schlucke aus der Schnapsflasche, die ich mir im Jeep reingekippt hatte, langsam ihre Wirkung verloren.
    »Macht jetzt bitte keine Szene«, sagte Emerson warnend. »Mein Bruder sieht her, und ich will Dru nicht beunruhigen.«
    Thomas, der als Gomez Addams erschienen war, stand neben seiner als Morticia verkleideten Frau an der Bar. Bestimmt ließ er sich die Ausweise zur Sicherheit noch einmal zeigen. Von Em wusste ich, dass Dru schwanger war. Noch sah man nichts, aber ihre Hand lag ständig auf ihrem Bauch. Ihre Gefühle spiegelten einen heftigen Beschützerinstinkt, der mir bekannt vorkam. Wie eine Löwenmutter, mit der nicht zu spaßen war. Meine Mom war genauso gewesen.
    Meine Finger zuckten und hätten nur allzu gern nach einer Flasche gegriffen.
    »Kaleb, wenn du uns augenblicklich deine Autoschlüssel gibst, lassen wir’s noch einmal durchgehen. Aber beim nächsten Mal werde ich höchstpersönlich mit deinem Dad reden«, sagte Em.
    Zumindest kümmerte Em sich um mich. Wenn auch nicht so, wie ich es wollte.
    »Du bist so gemein.« Ich sah ihr in die Augen und schob die Schlüssel über den Tisch. Bevor Emerson mich berühren konnte, riss Michael sie mir aus der Hand und reichte sie ihr.
    »Außerdem bin ich klein, und deshalb kann ich dir leichter vors Schienbein treten.« Sie warf die Schlüssel hoch und fing sie wieder auf. »Die verstecke ich wohl besser. Bringt euch nicht um, während ich weg bin, und wenn ihr euch unbedingt streiten wollt, verzieht euch unter den Tisch.« Ich sah ihr nach, wie sie von dannen zog, wobei ihr Reifrock hin und her schwang und gegen Fußknöchel, Knie und Stuhlbeine stieß. Ich mied Michaels Blick.
    »Tut mir leid«, sagte er.
    Ich sah ihn erstaunt an. Seine Entschuldigung überraschte uns beide. »Was tut dir leid?«
    »Wegen heute Nachmittag.« Nachdenklich strich er sich das Haar aus der Stirn und lehnte sich zurück. »Em hat es mir erzählt.«
    »Oh, ach das.«
    Ich wollte nicht an die uniformierten Soldaten denken, die auf meiner hundertfünfzig Jahre alten Veranda für ein Foto posierten. Eine Veranda, die mir plötzlich so neu vorgekommen war, dass ich fast noch die Sägespäne riechen konnte.
    »Wenn Thomas nicht nachgegeben und Em zur Hourglass-Schule hätte gehen lassen …« Ich verstummte. »Ich weiß nicht, wie ich allein mit den Zeitlosen fertiggeworden wäre. Sie brauchte nur einen der Soldaten zu berühren, und schon löste sich die ganze Szene in Wohlgefallen auf.«
    »Ich bin froh, dass sie für dich da war«, erwiderte Michael, und ich spürte seine stumme Mahnung, mich bloß nicht daran zu gewöhnen.
    Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie hat gesagt, es wäre so ähnlich gewesen wie an dem Abend, als sie zurückgegangen ist, um dich vor der Explosion im Laboratorium zu retten. Eine ganze Szenerie. Als würde man in ein Gemälde treten?«
    Ich nickte.
    »Ich kann es nicht erklären, Kaleb. Ich kann auch die Zeitrisse nicht erklären, die ich selbst gesehen habe.«
    »Warum solltest du mir irgendetwas erklären?« Am anderen Ende des Raums erhaschte ich einen kurzen Blick auf ein Stückchen hautengen goldenen Stoff. Ich hatte zwar nichts mehr zu trinken, aber die zweitbeste Ablenkung war unterwegs zur Tanzfläche. »Es ist nicht deine Schuld.«
    »Wir wissen nicht, wessen Schuld es ist.«
    Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Und ob wir das wissen.«
    Er ignorierte meine Bemerkung. »Hast du
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