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Die Verschwörung des Bösen

Die Verschwörung des Bösen

Titel: Die Verschwörung des Bösen
Autoren: Christian Jacq
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zeigten beim Gehen so viel Anmut und Würde, dass sie jeden noch so unempfänglichen Menschen verzauberte.
    Schon als Kind hatte sie sich zur Initiation in die Mysterien hingezogen gefühlt, weshalb ihr alles Weltliche fremd geblieben war. Stattdessen hatte sie sich eingehend mit den Hieroglyphen befasst und eine Tempelpforte nach der anderen passiert. Wurde sie dazu aufgefordert, in verschiedenen Gegenden des Landes Rituale zu feiern, kehrte sie immer wieder freudig nach Abydos zurück.
    In einem Kleid, das wie ein Pantherfell aussah und mit Sternen bestickt war, spielte die junge Frau jetzt die Rolle der Göttin Sechmet, der Herrin über das Haus des Lebens und die heilige Schrift, die aus den Worten der Macht gebildet und als Einzige in der Lage war, die unsichtbaren Feinde zu besiegen. Das Leben der jungen Priesterin war klar vorgezeichnet und hätte einen ganz friedlichen Verlauf genommen, wären da nicht die verschiedenen unglücklichen Ereignisse gewesen, die sie aus der Fassung gebracht hatten. Das erste war die Krankheit des Lebensbaums, die Angst und Schrecken an einem Ort verbreitete, an dem eigentlich nur gelassene Heiterkeit herrschen sollte; dann folgten die Weissagungen, die ihr mitteilten, dass sie nicht eine von vielen Gottesdienerinnen sei, sondern eine ganz besondere, die mit einer äußerst wichtigen und gefährlichen Aufgabe betraut war, die jede menschliche Vorstellung übertraf; und dann war da noch die Begegnung mit einem jungen Schreiber, Iker, den sie nicht vergessen konnte und der immer öfter ihre Andacht störte.
    »Die sieben Hathorinnen sollen einen Kreis um den Baum des Lebens bilden«, befahl die Königin.
    Als die Priesterinnen dem nachgekommen waren, legte die Große Königliche Gemahlin ein rotes Band um den Stamm der Akazie, das die Kräfte des Bösen gefangen halten sollte. Doch der Pharao wusste, dass dieser Schutz unzureichend war. Wollte man die Akazie retten, musste der Goldene Kreis von Abydos zusammengerufen werden.
    Außer dem Kahlen zogen sich alle Ritualisten zurück. Nachdenklich erwarteten das Königspaar und der Kahle die Mitglieder des Goldenen Kreises, die über den Kanal kommen würden, den Sesostris hatte graben und mit
    dreihundertfünfundsechzig Opfertischen säumen lassen – als Symbol für das himmlische Festmahl, das das ganze Jahr hindurch gefeiert wurde.
    Mit einer leichten Barke trafen die beiden Generäle Sepi und Nesmontu, der Große Schatzmeister Senânkh und der Träger des Königlichen Siegels, Sehotep, ein. Weil er mit einem besonderen Auftrag unterwegs war, fehlte eines der fünf Mitglieder.
    Die Getreuen trugen einen Schrein aus vier Löwen, die sich den Rücken zuwandten. Im Inneren des zylindrischen Hohlkörpers befand sich ein Schaft, dessen Spitze mit einem Tuch bedeckt war. Er stellte den ehrwürdigen Pfeiler dar, der zu Anbeginn der Zeit entstanden war – das Rückgrat, um das sich das gesamte Land gebildet hatte.
    Die vier Männer stellten das Kunstwerk vor der Akazie ab. Als unermüdliche Wächter, die nie ihre Augen schlossen, rieten die vier Löwen jedem Angreifer davon ab, sich dem Baum des Lebens zu nähern.
    Der König und die Königin steckten jeder eine Straußenfeder in den Schaft. Die Federn standen für Maat – die Gerechtigkeit, die Aufrichtigkeit und die Harmonie –, die Grundfesten, auf denen das Tag für Tag neue Erstrahlen des göttlichen Lichts in Ägypten beruhte; Maat war die vorzüglichste Opfergabe, von der sich das Land der Pharaonen nährte.
    Ein kalter Wind fegte über sie hinweg.
    »Seht nur!«, rief General Nesmontu.
    Am Rande der Wüste war auf einem kahlen Hügel ein Schakal aufgetaucht und sah sie mit seinen schwarzen Augen, die im Licht der Sonne orangefarben schimmerten, unverwandt an.
    »Der Schutzgeist von Abydos billigt unser Vorgehen«, meinte die Königin. »Als Oberster der Westlichen, der Verstorbenen, die als Gerechte gelten, beehrt er uns mit seiner Anwesenheit und ermutigt uns dazu, unser Vorhaben weiterzuverfolgen.«
    Dieses Zeichen aus dem Jenseits bestärkte Sesostris darin, den Zustand der heiligen Stätte zu verändern.
    »Pflanzt eine Akazie in jeder Himmelsrichtung«, ordnete er an.
    Die Angehörigen des Goldenen Kreises führten der Auftrag aus. So war der Baum des Lebens in Zukunft durch die vier Söhne von Horus geschützt, die von nun an Osiris’ Ruhestätte bewachen würden. Als Zeugen der Auferstehung stellten sie einen wirkungsvollen Zauber gegen den Verfall und die Zerstörung
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