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Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Titel: Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Autoren: Heinrich Böll
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Gesicht zu verdecken versuchte und dabei mit
    ihrer Handtasche, dem Toilettenbeutel und einer Plastiktüte, in der zwei Bücher
    und Schreibzeug waren, in Konflikt geriet, mit zerwühltem Haar und recht
    unfreundlichem Gesichtsausdruck.
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    Eine halbe Stunde später, nachdem sie auf ihre Rechte hingewiesen worden
    und ihr Gelegenheit gegeben worden war, sich wieder etwas herzurichten,
    begann in Gegenwart von Beizmenne, Moeding, der Frau Pletzer sowie der
    Staatsanwälte Dr. Korten und Hach die Vernehmung, die protokolliert wurde:
    »Mein Name ist Katharina Brettloh, geb. Blum. Ich wurde am . März  in
    Gemmelsbroich im Landkreis Kuir geboren. Mein Vater war der Bergarbeiter
    Peter Blum. Er starb, als ich sechs Jahre alt war, im Alter von siebenunddreißig
    Jahren an einer Lungenverletzung, die er im Krieg erlitten hatte. Mein Vater hatte
    nach dem Krieg wieder in einem Schieferbergwerk gearbeitet und war auch
    staublungenverdächtig. Meine Mutter hatte nach seinem Tode Schwierigkeiten
    mit der Rente, weil sich das Versorgungsamt und die Knappschaft nicht
    einigen konnten. Ich mußte schon sehr früh im Haushalt arbeiten, weil mein
    Vater häufig krank war und entsprechenden Verdienstausfall hatte und meine
    Mutter verschiedene Putzstellen annahm. In der Schule hatte ich keinerlei
    Schwierigkeiten, obwohl ich auch während der Schulzeit viel Hausarbeit machen
    mußte, nicht nur zu Hause, auch bei Nachbarn und anderen Dorfbewohnern,
    wo ich beim Backen, Kochen, Einmachen, Schlachten zur Hand ging. Ich tat
    auch viel Hausarbeit und half bei der Ernte. Mit Hilfe meiner Patentante, Frau
    Else Woltersheim aus Kuir, bekam ich nach Schulentlassung im Jahre  eine
    Stelle als Hausgehilfin in der Metzgerei Gerbers in Kuir, wo ich auch beim
    Verkaufen gelegentlich aushelfen mußte. Von  bis  besuchte ich mit
    Hilfe und durch finanzielle Unterstützung meiner Patentante Frau Woltersheim,
    die dort als Ausbilderin tätig war, eine Hauswirtschaftsschule in Kuir, die ich
    mit sehr gut absolvierte. Von  bis  arbeitete ich als Wirtschafterin im
    Ganztagskindergarten der Firma Koeschler im benachbarten Oftersbroich,
    bekam dann eine Stelle als Hausgehilfin bei dem Arzt Dr. Kluthen, ebenfalls
    in Oftersbroich, wo ich nur ein Jahr verblieb, weil Herr Doktor immer häufiger
    zudringlich wurde und Frau Doktor das nicht leiden mochte. Auch ich mochte
    diese Zudringlichkeiten nicht. Mir war das widerwärtig. Im Jahre , als ich
    für einige Wochen stellenlos war und im Haushalt meiner Mutter aushalf und
    gelegentlich bei den Versammlungen und Kegelabenden des Trommlerkorps
    Gemmelsbroich aushalf, lernte ich durch meinen älteren Bruder Kurt Blum
    den Textilarbeiter Wilhelm Brettloh kennen, den ich wenige Monate später
    heiratete. Wir wohnten in Gemmelsbroich, wo ich gelegentlich an den
    Wochenenden bei starkem Ausflüglerverkehr in der Gastwirtschaft Kloog in
    der Küche aushalf, manchmal auch als Serviererin. Schon nach einem halben
    Jahr empfand ich unüberwindliche Abneigung gegen meinen Mann. Näheres
    möchte ich dazu nicht aussagen. Ich verließ meinen Mann und zog in die Stadt.
    Ich wurde schuldig geschieden wegen böswilligen Verlassens und nahm meinen
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    Mädchennamen wieder an. Ich wohnte zunächst bei Frau Woltersheim, bis
    ich nach einigen Wochen eine Stelle als Wirtschafterin und Hausgehilfin im
    Hause des Wirtschaftsprüfers Dr. Fehnern fand, wo ich auch wohnte. Herr Dr.
    Fehnern ermöglichte es mir, Abend- und Weiterbildungskurse zu besuchen
    und eine Fachprüfung als staatlich geprüfte Wirtschafterin abzulegen. Er war
    sehr nett und sehr großzügig, und ich blieb auch bei ihm, nachdem ich die
    Prüfung abgelegt hatte. Ende des Jahres  wurde Herr Dr. Fehnern im
    Zusammenhang mit erheblichen Steuerhinterziehungen, die bei großen Firmen,
    für die er arbeitete, festgestellt worden waren, verhaftet. Bevor er abgeführt
    wurde, gab er mir einen Briefumschlag mit drei Monatsgehältern und bat mich,
    auch weiterhin nach dem Rechten zu sehen, er käme bald wieder, sagte er. Ich
    blieb noch einen Monat, versorgte seine Angestellten, die unter der Aufsicht
    von Steuerbeamten in seinem Büro arbeiteten, hielt das Haus sauber und den
    Garten in Ordnung, kümmerte mich auch um die Wäsche. Ich brachte Herrn
    Dr.
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