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Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Titel: Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis
Autoren: R. A. Salvatore
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sanft die glatte Wange hinabzustreichen, bis zu dem stoppeligen Bart, den er sich entweder absichtlich stehen lassen wollte oder einfach aus Nachlässigkeit nicht abrasiert hatte. Wulfgar schaute zu ihr herab, zu der Zärtlichkeit in ihren Augen, und zum ersten Mal seit dem Kampf auf der Eisscholle, als er und seine Freunde den bösartigen Errtu besiegt hatten, stellte sie ein Maß von Ehrlichkeit in seinem Lächeln fest.

    * * *

    Regis bekam seine drei Mahlzeiten nicht, und er maulte den ganzen Morgen darüber, während die fünf Freunde von Bryn Shander aufbrachen, dem größten Dorf der Region Zehn-Städte im abgeschiedenen Eiswindtal. Ihr Weg führte sie zunächst nach Norden, bis sie in einfacher zu bewältigendes Gelände kamen, und dann direkt nach Westen. Im Norden sahen sie weit entfernt die hohen Gebäude von Targos, der zweiten Stadt der Region, und hinter den Dächern der Stadt schimmerten die Wasser des Maer Dualdon.
    Am Nachmittag erreichten sie nach über einem Dutzend zurückgelegten Meilen das Ufer des Shaengarne und sahen, dass der große Fluss von der Frühlingsschmelze stark angeschwollen und reißend geworden war. Sie folgten ihm nach Norden, zurück zum Maer Dualdon, bis sie Bremen erreichten, wo ein Boot sie erwartete, das Regis organisiert hatte.
    Die Freunde lehnten höflich die vielen Bitten der Dorfbewohner ab, zum Abendessen bei ihnen zu bleiben und ein warmes Nachtlager zu akzeptieren. Gegen die heftigen Proteste von Regis, der behauptete, am Verhungern zu sein und sich hinlegen und sterben zu können, waren sie schon bald westlich des Flusses und ließen die Städte und ihre Heimat hinter sich zurück.
    Drizzt konnte kaum glauben, dass sie so schnell aufgebrochen waren. Wulfgar war erst vor solch kurzer Zeit zu ihnen zurückgekehrt. Sie alle waren wieder in dem Land vereint, das sie ihre Heimat nannten, sie waren im Frieden und folgten dennoch bereits aufs Neue dem Ruf der Pflicht und brachen in ein neues Abenteuer auf. Der Drow hatte die Kapuze seines Reisemantels tief ins Gesicht gezogen und schützte seine empfindlichen Augen vor der brennenden Sonne.
    Und so konnten seine Freunde sein strahlendes Lächeln nicht sehen.

TEIL 1
Apathie
    Oft grübele ich über die Unruhe nach, die mich überfällt, wenn meine Klingen in der Scheide stecken, wenn sich die Welt um mich herum in Frieden zu befinden scheint. Dies ist das angebliche Ideal für das ich kämpfe, die Ruhe, auf deren Rückkehr wir im Krieg alle hoffen, und doch habe ich in diesen friedlichen Zeiten – und es hat sie in den sieben Jahrzehnten meines Lebens nur selten gegeben – nicht das Gefühl, die Perfektion erreicht zu haben. Es kommt mir in solchen Zeiten eher so vor, als würde etwas in meinem Leben fehlen. Es scheint ein so unpassender Gedanke zu sein, aber ich habe erkennen müssen, dass ich ein Krieger bin, ein Wesen, das handeln muss. In Zeiten, in denen kein Bedarf zum Handeln besteht, fühle ich mich nicht wohl. Nicht im Mindesten.
    Wenn mein Weg nicht voller Abenteuer ist, wenn es keine Ungeheuer zu besiegen gibt und keine Berge zu erklimmen, dann packt mich die Langeweile. Ich habe gelernt, diese Tatsache meines Lebens zu akzeptieren, zu akzeptieren, wer ich bin, und so kann ich in diesen seltenen, leeren Zeiten einen Weg finden, die Langeweile zu bekämpfen. Ich kann einen Berggipfel finden, der höher ist als der letzte, den ich bezwungen habe.
    Viele dieser Symptome erkenne ich jetzt in Wulfgar wieder, der aus dem Grabe zu uns zurückgekehrt ist, aus der wirbelnden Dunkelheit, die Errtus Ecke des Abgrunds war. Doch ich fürchte, dass Wulfgars Zustand bereits jenseits einfacher Langeweile liegt und in das Reich der Apathie übergegangen ist. Auch Wulfgar war eine Kreatur der Tat, doch dies scheint jetzt kein Heilmittel für seine Lethargie und Apathie zu sein. Sein eigenes Volk ruft nach ihm und fordert ihn auf zu handeln. Sie haben ihn gebeten, die Führerschaft über die Stämme anzunehmen. Selbst der sture Berkthgar, der dafür die Herrschaft aufgeben müsste, die er so sehr begehrt, unterstützt Wulfgar. Er und alle anderen wissen, dass in diesen kargen Zeiten Wulfgar, Sohn von Beornegar, die nomadischen Barbaren vom Eiswindtal mehr als jeder andere zu neuen Erfolgen führen kann.
    Wulfgar folgt ihrem Ruf nicht. Es ist weder Bescheidenheit noch Erschöpfung, die ihn zurückhält, wie ich erkenne. Und es ist auch nicht die Furcht, dass er diese Position nicht ausfüllen oder den Erwartungen jener nicht
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