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Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Titel: Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
Autoren: R. A. Salvatore
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hockte.
    »Warum bist du hier, Drow?« grollte er, und seine tiefe Stimme kippte in ein schrill krächzendes Gewinsel um, das wie Fingernägel auf einer Schiefertafel klang.
    »Du hast das Grollen des Pantheons gehört, oder?« fragte Lloth.
    Errtu dachte eine lange Zeit über die Frage nach. Natürlich hatte er gehört, daß die Götter der Reiche im Streit miteinander lagen, daß sie sich gegenseitig mit intriganten Machtgesten herausforderten und intelligente geringere Wesen dabei wie Spielfiguren benutzten. Hier im Abgrund bedeutete dies, daß seine Bewohner, selbst größere Tanar'ri wie Errtu, sich oftmals ungewollt in politische Intrigen verstrickt wiederfanden.
    Und genau das war es, was Errtu jetzt befürchtete.
    »Es wird eine Zeit des Haders heranbrechen«, erklärte Lloth. »Eine Zeit, in der die Götter für ihre Torheit zahlen müssen.«
    Errtu kicherte. Es war ein widerwärtiges, raspelndes Geräusch. Lloth musterte ihn ärgerlich aus rotglühenden Augen.
    »Warum sollte ein solches Geschehen deine Mißbilligung erregen, Herrin des Chaos?« fragte der Unhold.
    »Diese Streitereien haben nichts mit mir zu tun«, erklärte Lloth ernst, »sie haben mit uns allen nichts zu tun. Ich werde es genießen, dabei zuzusehen, wie die Narren des Pantheon herumgestoßen werden, wie sie ihres falschen Stolzes entblößt und einige vielleicht sogar erschlagen werden. Aber jedes Wesen, das sich nicht vorsieht, wird in den Ärger hineingezogen werden.«
    »Lloth war nie für ihre Vorsicht bekannt«, warf Errtu trocken ein.
    »Lloth war nie eine Närrin«, erwiderte die Spinnenkönigin sofort.
    Errtu nickte, saß aber einen Moment lang schweigend auf seinem Pilzthron und grübelte. »Was hat das alles mit mir zu tun?« fragte er schließlich, denn Tanar'ri wurden nicht angebetet, und daher bezog Errtu seine Macht auch nicht von den Gebeten irgendwelcher Gläubigen.
    »Menzoberranzan«, erwiderte Lloth und meinte damit die legendenumwobene Stadt der Drow, das wichtigste Zentrum ihrer Anbeter in den Reichen.
    Errtu legte den grotesken Kopf schief.
    »Die Stadt befindet sich bereits im Chaos«, erklärte Lloth.
    »Wie du es haben wolltest«, warf Errtu ein und kicherte. »Wie du es arrangiert hast.«
    Lloth widersprach nicht. »Aber da liegt die Gefahr«, fuhr sie schließlich fort. »Wenn ich in die Unruhen des Pantheons hineingezogen werde, werden die Gebete meiner Priesterinnen unbeantwortet bleiben.«
    »Erwartest du, daß ich sie beantworte?« fragte Errtu ungläubig.
    »Die Gläubigen werden Schutz brauchen.«
    »Ich kann nicht nach Menzoberranzan gehen!« brüllte Errtu plötzlich, als sein Zorn – der Zorn über jahrelange Verbannung – überkochte. Menzoberranzan war eine Stadt im Unterreich von Faerun, in dem großen Labyrinth unter der Oberfläche dieser Welt. Doch obgleich es durch Meilen dicken Felsens von der Region des Sonnenlichtes getrennt war, blieb es ein Teil der materiellen Existenzebene. Vor Jahren war Errtu auf Anrufung eines geringeren Zauberers auf dieser Ebene gewesen und hatte sich dort auf die Suche nach dem Crenshinibon gemacht, dem Gesprungenen Kristall, einem mächtigen Artefakt aus einem vergangenen und größeren Zeitalter der Zauberei. Und er war ihm schon so nahe gewesen! Er hatte den Turm betreten, den das Crenshinibon nach seinem Ebenbild geschaffen hatte, und er hatte mit seinem Besitzer gearbeitet, einem erbärmlichen Menschen, der sicher bald gestorben wäre und den Unhold im Besitz seines gehegten Schatzes zurückgelassen hätte. Aber dann war Errtu einem Dunkelelfen begegnet, einem Abtrünnigen aus Lloths Herde, aus Menzoberranzan, jener Stadt, die er jetzt anscheinend für sie beschützen sollte!
    Drizzt Do'Urden hatte Errtu besiegt, und für einen Tanar'ri bedeutete eine Niederlage auf der materiellen Ebene hundert Jahre Verbannung im Abgrund.
    Jetzt bebte Errtu sichtlich vor Zorn, und Lloth trat einen Schritt zurück für den Fall, daß die Bestie angreifen sollte, bevor sie ihr Angebot erläutern konnte. »Du kannst nicht gehen«, stimmte sie zu, »aber deine Untergebenen können es. Ich werde dafür sorgen, daß ein Tor offengehalten wird, selbst wenn alle Priesterinnen meines Reiches sich ständig darum kümmern müssen.«
    Errtus donnerndes Gebrüll übertönte die Worte.
    Lloth verstand die Ursache dieser ohnmächtigen Wut; das größte Vergnügen eines solchen Unholdes war es, frei auf der materiellen Ebene herumzustreifen und die schwachen Seelen und noch schwächeren
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