Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum

Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum

Titel: Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum
Autoren: R. A. Salvatore
Vom Netzwerk:
wenig ausruhen, bevor er bei Anbrach der Dunkelheit wieder hinausging. Dann würde sich Entreri wahrscheinlich in den Straßen herumtreiben. Doch Drizzt sah Catti-brie in ihrer Tür stehen. Sie hatte offensichtlich auf ihn gewartet. Sie gab ihm ein Zeichen, er solle in ihr Zimmer kommen, und schloß die Tür hinter sich.
    Drizzt setzte sich auf die Kante von einem der zwei Stühle, die mitten im Zimmer standen, und bewegte seine Füße unruhig auf dem Boden.
    Catti-brie musterte ihn scharf, während sie auf den anderen Stuhl zuging. Sie kannte Drizzt jetzt schon viele Jahre, aber sie hatte ihn noch nie so aufgewühlt erlebt.
    »Du siehst aus, als ob du dich selbst in Stücke zerreißen wolltest«, begann sie.
    Drizzt warf ihr einen eisigen Blick zu, aber Catti-brie ging lachend darüber hinweg. »Hast du etwa vor, mich anzugreifen?«
    Das brachte den Dunkelelfen dazu, sich auf seinem Stuhl zurückzulehnen.
    »Und hör auf, diese dumme Maske zu tragen!« schimpfte ihn Catti-brie aus.
    Drizzt griff nach der Maske, aber dann zögerte er.
    »Nimm sie ab!« befahl Catti-brie, und der Dunkelelf gehorchte, bevor er Zeit hatte, es sich anders zu überlegen.
    »Du warst reichlich grausam auf der Straße, bevor du ihnen gefolgt bist«, bemerkte Catti-brie mit weicherer Stimme.
    »Wir mussten sichergehen«, erwiderte Drizzt kalt. »Ich traue Sali Dalib nicht.«
    »Ich auch nicht«, stimmte Catti-brie ihm zu, »aber wie ich sehe, hat sich deine Stimmung nicht geändert.«
    »Und was hast du gemacht mit der Hexerei«, verteidigte sich Drizzt. »Du warst es doch, die sich von ihrer grausamen Seite gezeigt hat.«
    Catti-brie zog die Schultern hoch. »Eine notwendige Schau«, erklärte sie, »eine Schau, die ich habe sein lassen, sobald der Händler verschwunden war. Aber du«, sagte sie nachdrücklich, beugte sich vor und legte besänftigend eine Hand auf Drizzts Knie. »Du bist irgendwie auf einen Kampf aus.«
    Drizzt wollte sich zurückziehen, aber er erkannte die Wahrheit in ihrer Bemerkung und zwang sich, sich unter ihrer wohlwollenden Berührung zu entspannen. Als er spürte, dass er trotzdem seinen harten Gesichtsausdruck nicht mildern konnte, schaute er weg.
    »Was ist los?« flüsterte Catti-brie.
    Drizzt sah sie wieder an und erinnerte sich an die Zeit, die sie gemeinsam in Eiswindtal verbracht hatten. Angesichts ihrer aufrichtigen Sorge um ihn fiel ihm wieder ein, wie sie sich kennengelernt hatten, wie das Lächeln dieses Mädchens — denn damals war sie nur ein Mädchen gewesen — dem Dunkelelfen, der ungerechte Behandlung erfahren hatte und entmutigt war, neue Hoffnungen auf ein Leben bei den oberirdischen Bewohnern geschenkt hatte.
    Catti-brie wusste mehr über ihn als jeder andere. Sie wusste, welche Dinge wichtig waren und seine Existenz trotz seines vorgetäuschten Gleichmuts erst wirklich erträglich machten. Sie allein durchschaute die Ängste, die unter seiner schwarzen Haut verborgen lagen, seine Unsicherheit, die er durch seinen geschickten Umgang mit den Schwertern überdeckte.
    »Entreri«, sagte er leise. »Du willst ihn töten?«
    »Ich muß.«
    Catti-brie lehnte sich zurück und dachte über seine Worte nach. »Wenn du Entreri töten willst, um Regis zu befreien«, sagte sie schließlich, »und um ihn aufzuhalten, damit er nicht noch anderen schaden kann, dann sagt mein Herz, dass das eine gute Sache ist.« Sie beugte sich wieder vor, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte, »aber wenn du nur vorhast, ihn zu töten, um dir etwas zu beweisen, oder weil du ablehnst was er ist, dann weint mein Herz.«
    Sie hätte Drizzt genausogut eine Ohrfeige geben können. Er setzte sich aufrecht hin und senkte den Kopf. Seine Gesichtszüge verzerrten sich in wütendem Protest. Aber er ließ Catti-brie weiterreden, denn er konnte nicht leugnen, dass in dem Urteil dieser Frau viel Wahrheit steckte und dass sie ihn sehr aufmerksam beobachtet hatte.
    »Die Welt ist bestimmt nicht gerecht, mein Freund. Und bestimmt wirst du nach dem Maßstab eines moralischen Empfindens ungerecht behandelt. Aber bist du wirklich hinter dem Meuchelmörder her, um deine Wut abzureagieren? Wird denn die Ungerechtigkeit ausgemerzt werden, wenn du Entreri tötest?«
    Drizzt gab keine Antwort, aber sein Gesicht nahm wieder einen trotzigen Ausdruck an.
    »Schau in den Spiegel, Drizzt Do'Urden«, sagte Catti-brie, »ohne die Maske. Wenn du Entreri tötest, wird das weder die Farbe seiner Haut noch die Farbe deiner Haut verändern.«
    Wieder traf es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher