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Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme

Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme

Titel: Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme
Autoren: R. A. Salvatore
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nicht stimmte, und daß ihr ein Puzzleteil fehlte, begann sich zu vertiefen, und gleichzeitig wuchs in ihr der Eindruck, daß auch in diesem Haus etwas nicht in Ordnung war.
    Catti-brie nahm auf einmal jedes Geräusch und jeden Schatten um sich herum deutlich wahr: das Ticken der Pendeluhr, das Rascheln von Papier auf dem Schreibtisch vor dem offenen Fenster und das Wehen der Vorhänge, das Trippeln einer Maus in den Hohlräumen der Holzwände.
    Ihre Augen huschten zurück zu den Vorhängen, die von ihrer letzten Bewegung noch leicht zitterten. Es konnte ein Luftzug durch einen Spalt im Fenster gewesen sein, aber sie hatte einen anderen Verdacht. Automatisch bückte sie sich, griff nach dem Dolch an ihrer Hüfte und bewegte sich zu der offenen Tür hin, die nur wenige Meter von den Vorhängen entfernt war. Entreri hatte schnell einen Entschluß gefaßt. In der Annahme, er werde von Catti-brie noch mehr erfahren können, war er entschlossen, sich die Gelegenheit, die sich aus dem Verschwinden der Zwerge ergeben hatte, nicht entgehen zu lassen. Er hatte bereits die günstigste Angriffsposition eingenommen und wartete jetzt geduldig oben auf der offenen Tür. Sein Gleichgewicht hielt er dabei so mühelos wie eine Katze auf einem Fensterbrett. Er horchte, ob Catti-brie kam, während er in einer Hand lässig seinen Dolch drehte.
    Als Catti-brie die Türschwelle erreicht hatte, spürte sie die Gefahr, und dann sah sie auch schon die schwarze Gestalt, die sich neben ihr zu Boden fallen ließ. Aber so schnell sie auch reagieren konnte, steckte ihr Dolch noch halb in seiner Scheide, als sich die dünnen Finger einer kalten Hand wie eine Klammer auf ihren Mund legten und einen Schrei erstickten, während die scharfe Klinge eines juwelenbesetzten Dolches eine dünne Linie über die Haut an ihrer Kehle zog.
    Sie war vor Entsetzen wie gelähmt. Sie hatte nicht gewußt, daß sich ein Mann so schnell bewegen konnte, und die Treffsicherheit seines Angriffs entmutigte sie. Eine plötzliche Anspannung in seinen Muskeln gab ihr zu verstehen, daß sie tot sein würde, bevor sie dazu käme, ihre Waffe zu ziehen und zu benutzen. Sie ließ ihren Dolch los und unternahm keine weiteren Versuche, sich zu wehren.
    Auch seine Kraft, als er sie mühelos zu einem Stuhl trug, versetzte sie in Erstaunen. Er war klein, kaum größer als sie selbst, und schlank wie ein Elf, aber jeder Muskel seines gedrungenen Körpers war aufs äußerste durchtrainiert. Schon allein seine Gegenwart strahlte Stärke und ein unerschütterliches Selbstvertrauen aus. Auch dies entmutigte Catti-brie, denn es war nicht die draufgängerische Großspurigkeit eines überheblichen Jugendlichen, sondern die Ausstrahlung der kaltblütigen Überlegenheit eines erfahrenen Kämpfers, der mehr als tausend Gegnern begegnet und niemals geschlagen worden war.
    Catti-bries Augen blieben auf Entreris Gesicht geheftet, als er sie flink auf dem Stuhl fesselte. Seine knochigen Gesichtszüge, seine markanten Wangenknochen und sein voller Mund wurden durch den glatten Schnitt seiner rabenschwarzen Haare nur noch betont. Der Schatten eines Bartes, der sein Gesicht verdunkelte, erweckte den Anschein, als könne er durch keine Rasur jemals aufgehellt werden. Dennoch wirkte er alles andere als nachlässig, sondern machte den Eindruck völliger Selbstbeherrschung. Catti-brie hätte ihn vielleicht sogar für gutaussehend gehalten, wenn nicht seine Augen gewesen wären. In diesen grauen Augen lag kein Glanz. Sie waren leblos und ohne jede Spur von Mitgefühl oder Menschlichkeit und verrieten, daß dieser Mann ein Instrument des Todes war.
    »Was willst du von mir?« fragte Catti-brie, wobei sie ihren ganzen Mut zusammennahm.
    Entreri antwortete ihr mit einem schmerzhaften Schlag ins Gesicht. »Was ist mit dem Rubinanhänger?« fragte er plötzlich. »Trägt der Halbling immer noch den Rubinanhänger?« Catti-brie kämpfte gegen die Tränen an, die ihr in die Augen schossen. Sie war völlig verwirrt und nicht in der Lage, die Frage des Mannes sofort zu beantworten.
    Der juwelenbesetzte Dolch blitzte vor ihren Augen auf und zog Kreise um ihr Gesicht.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, erklärte Entreri einfach. »Du wirst mir jetzt sagen, was ich wissen muß. Je länger du für deine Antworten brauchst, desto schmerzhafter wird es für dich sein.« Seine Worte kamen ruhig. Es war klar, daß er nicht zögern würde, seine Drohung wahrzumachen.
    Obwohl Catti-brie unter Bruenors Anleitung abgehärtet worden
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