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Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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näher, blieb
zwischen Mike und den drei anderen Jungen stehen und
musterte sie nicht
besonders freundlich. »Keinen
Streit, wenn ich bitten darf, meine Herren.«
»Wir streiten nicht«, sagte Juan. Er machte sich nicht
einmal die Mühe, McIntire bei diesen Worten anzusehen, sondern hielt seinen Blick fest auf Mikes Gesicht
gerichtet. »Wir haben nur überlegt, wo das
Boot
bleibt, das ist alles.«
McIntires Gesichtsausdruck machte sehr deutlich,
was er von dieser Antwort hielt. Juan und er waren
schon mehr als einmal in aller Öffentlichkeit aneinandergeraten. Doch diesmal zuckte der Direktor nur mit
den Schultern, kramte umständlich seine Taschenuhr
unter dem Mantel hervor und ließ den Deckel aufschnappen.
»Es ist in der Tat schon ziemlich spät«, sagte er, nachdem er einen Blick auf das Zifferblatt geworfen hatte.
»Aber das Wetter ist schlecht, und das Boot wird eine
ganze
Weile brauchen, um hierherzukommen. Vielleicht sollten wir uns noch ein wenig gedulden, ehe
wir anfangen, irgendwelche Verschwörertheorien zu
entwickeln. Meinen Sie nicht auch, Señor del Gado?«
Er ließ den Deckel seiner Uhr mit einem hörbaren
Geräusch zuschnappen und behielt Juan eine Sekunde lang scharf im Auge, ehe er die Uhr wieder einsteckte.
Juan ließ sich nun doch dazu herab, McIntire anzublicken, und er war klug genug, nichts zu sagen, sondern nur stumm mit dem Kopf zu nicken.
Rasch wandte sich Mike um und ging zu Chris hinüber, der auf der anderen Seite des Wagens stand. Er
wollte Juan keine Gelegenheit zu einer weiteren spitzen Bemerkung geben. Der Tag war ohnehin schon
halb verdorben.
»Ärger?« fragte Chris, als Mike neben ihm anlangte.
Mike zuckte mit den Achseln. »Das Übliche«, antwortete er. »Juan.«
»Mach dir nichts draus«, sagte Chris. »Er kocht vor
Wut, die Ferien im Internat verbringen zu müssen,
und sucht jemanden, an dem er seinen Zorn auslassen
kann. Er war schon immer ein Blödmann.«
Mike
lachte
leise. Wahrscheinlich hatte Chris recht.
Das Dumme war nur, daß Juans Bemerkung ihn unsicher gemacht hatte. Aber weshalb hätte Winterfeld sie
zu einem Besuch auf der LEOPOLD einladen sollen,
wenn sie gar nicht hier war? Und außerdem...
Als wären seine Gedanken das Stichwort gewesen, ertönte in diesem Moment das gedämpfte Tuckern eines
Dieselmotors, und als Chris und Mike sich herumdrehten und in die
Richtung sahen, aus der das
Geräusch kam, erblickten sie eine weißgestrichene
Barkasse, die genau auf sie zuhielt. Das Boot war viel
kleiner, als Mike erwartet hatte, und der kurze Flaggenmast an seinem Heck war leer; auch konnte Mike
weder einen Namen noch irgendeine andere Bezeichnung am Bug des Bootes entdecken. Trotzdem zweifelte er keine Sekunde daran, daß dies die Barkasse
war, die sie zur LEOPOLD bringen sollte.
»Na also«, sagte McIntire, »da kommt das Boot ja. Es
besteht also gar kein Grund zur Aufregung.«
Gemeinsam mit Miß McCrooder - die übrigens ganz
gegen ihre sonstige Art bisher kaum ein Wort gesprochen hatte - scheuchte er Juan und die beiden anderen vor sich her zum Wasser. Das Boot kam schnell
näher. Mike sah, daß sich mit Ausnahme des Steuermannes, der hinter dem blinden Glas des Ruderhauses nur als verschwommener Schemen zu erkennen
war, noch zwei weitere Matrosen an Bord befanden;
Männer mit schwarzen Pudelmützen und schweren
Arbeitsjacken. Er war ein wenig enttäuscht, daß weder Kapitän Winterfeld selbst noch Paul mitgekommen waren, um sie abzuholen.
»Auf dem Kahn brauchen wir Stunden, um das Schiff
zu erreichen«, maulte Juan. McIntire warf ihm einen
ärgerlichen Blick zu und wollte etwas erwidern, doch
in diesem Moment geschah etwas, was ihre Aufmerksamkeit auf sich zog: Am anderen Ende der Straße
wurden aufgeregte Stimmen laut, und als Mike sich
umdrehte, sah er, daß die Arbeiter, die vorhin Kisten
von dem Lastkarren in den Schuppen transportiert
hatten, in eine lautstarke Auseinandersetzung mit
einem Fremden verstrickt waren. Sehr schnell wurde
aus der Debatte eine heftige Rangelei: »He!« rief Ben.
»Da ist was los! Kommt, das sehen wir uns an!« Er
wollte loslaufen, aber McIntire ergriff ihn mit einer
schnellen Bewegung am Arm und hielt ihn zurück.
»Nichts da!« sagte er scharf. »Ihr bleibt schön hier!
Das fehlt mir noch, daß ich euren Eltern erklären
muß, wieso ihr in eine Hafenschlägerei verwickelt
worden seid!«
Ben machte ein enttäuschtes Gesicht, aber er versuchte nicht, sich aus McIntires Griff zu lösen, sondern
trat gehorsam wieder
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