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Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kribbelig werden zu lassen. Welchem
Jungen in seinem Alter hätte auch nicht das Herz
höher geschlagen bei dem Gedanken, ein paar Tage
auf einem richtigen Kriegsschiff zu verbringen? McIntire mußte einfach ja sagen!
Und er tat es. »Also gut«, sagte er. Er drehte sich zu
Mike herum. »Ich nehme die Einladung für mich und
die Jungen an.«
»Prima«, sagte Winterfeld aufgeräumt, »dann schicke
ich morgen früh einen Wagen. Sagen wir um neun
Uhr?« wandte er sich an McIntire.
Mike war über diese unerwartete erfreuliche Wendung der Dinge so aufgeregt, daß er vergaß, sich bei
Pauls Vater zu bedanken. Sein Herz klopfte noch immer heftig, als Paul und sein Vater gegangen waren
und er wieder in sein Zimmer zurückkehrte.
Daß er in diesem Jahr nicht nach Indien reisen konnte, erwies sich plötzlich als unerwarteter Glücksfall.
Indien, so gern er seine Heimat mochte, lief ihm nicht
davon, wohl aber vielleicht die LEOPOLD.
Er erreichte sein Zimmer, trat ein - und blieb an der
Tür stehen.
Irgend etwas war nicht so, wie es sein sollte.
Aufmerksam sah er sich im Zimmer um. Auf den ersten Blick schien alles zu sein wie vorhin, aber dann
gewahrte er doch eine Anzahl kleiner Veränderungen:
eine Schublade des Schreibtisches war aufgezogen
und nicht wieder völlig geschlossen worden, so daß
ihre Kante einen Zentimeter über die Front des Möbels herausragte, der Brief lag ein wenig anders da als
vorhin. Auf dem Regal über seinem Bett hatten zwei
Bücher seit Wochen auf dem Kopf gestanden, jetzt
standen sie richtig herum.
Dann sah er, daß sein Schrank halb offenstand. Er
selbst hatte ihn gestern abend abgeschlossen, und der
Schlüssel befand sich in seiner rechten Hosentasche,
wie er mit einem raschen Griff feststellte.
Er musterte aufmerksam den Inhalt. Von den wenigen
Dingen, die Mike für wert befunden hatte,
eingeschlossen zu werden, fehlte kein einziges. Aber es war
auch hier wie auf dem Schreibtisch oder dem Regal:
es gab winzige Veränderungen, die Mikes Verdacht
endgültig zur Gewißheit machten. Jemand war hiergewesen und hatte seine Sachen durchsucht.
Mike drückte die Tür wieder zu und schloß sorgfältig
ab. Wer um alles in der Welt mochte hiergewesen
sein, und vor allem: warum? Er wußte natürlich, daß
selbst hier schon Diebstähle vorgekommen waren,
aber das war doch die Ausnahme - und außerdem besaß er rein gar nichts, was des Stehlens wert gewesen
wäre. Er ging zum Schreibtisch, öffnete die Schublade, die ihm vorhin aufgefallen war, und es war dasselbe: ganz offensichtlich hatte jemand seine Habseligkeiten durchsucht. Aber auch hier fehlte nichts.
Die Sache wurde immer rätselhafter. Trotzdem - es
gab an diesem Tag nichts, was Mikes gute Laune
wirklich hätte verderben können.
    Der Wagen rollte am nächsten Morgen um
Schlag
neun die verschneite Zufahrt von Andara-House hinauf. Obwohl weder Paul noch sein Vater mitgekommen waren und es sich um einen sehr großen Wagen
handelte, herrschte während der fast anderthalbstündigen Fahrt doch eine drückende Enge, denn außer
Mike und seinen vier Kameraden hatten sich nicht
nur McIntire, sondern auch noch Miß McCrooder zu
ihnen gesellt, so daß sie alle froh waren, als sie endlich den Hafen erreichten und aussteigen konnten.
Natürlich war Mike der erste, der vom Trittbrett des
Wagens herunter in den braunen Morast sprang, in
den sich der über Nacht gefallene Schnee verwandelt
hatte, und beinahe wäre er auf dem schlüpfrigen Boden ausgeglitten und konnte sich nur im letzten Moment am Kotflügel des Wagens festhalten - was ihm
nicht nur das schadenfrohe Gelächter seiner Kameraden, sondern auch ein
mißbilligendes Stirnrunzeln
McIntires einbrachte. Aber das störte ihn im Moment
herzlich wenig. Er grinste nur fröhlich, trat einen
Schritt beiseite, um den anderen Platz zu machen, die
hinter ihm aus dem Wagen herausdrängten, und zog
den Kragen seiner pelzgefütterten Jacke enger zusammen, während er sich umsah.
Der Teil des Hafens, in den sie der Fahrer gebracht
hatte, war eine einzige Enttäuschung: Zur Rechten des
schmalen Kais, der mit aufgeweichtem schmutzigem
Schnee bedeckt war, reihten sich eine Anzahl niedriger,
schäbig
aussehender Lagerschuppen, die zum
Großteil nicht benutzt zu werden schienen - einige
Fenster waren eingeschlagen oder mit Brettern vernagelt, manche der großen Rolltore standen offen, so daß
man einen Blick in die leeren, dem Verfall anheimgegebenen Räume dahinter werfen konnte. Aus dem
Schornstein eines Gebäudes
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