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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens
Autoren: Tobias O. Meißner
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und Helme, hatte der Waffenkämmerer gesagt, gäbe es in den Lagern des Königshauses überhaupt, und elf davon trugen nun Ogan Broog und seine Truppe.
    Immerhin: Die Bezahlung war gut, sehr gut sogar. Allein der Vorschuss hatte den Söldnern leuchtende Augen beschert und die Hoffnung auf die Anzahlung eines eigenen Grundstückes irgendwo in den lieblichen Ebenen von Hessely oder Gagezenath genährt. Die Bezahlung der Königin war immer gut, deshalb arbeitete »Schartbart« auch am liebsten für die Krone. Aber er hatte sich nie bereit erklärt, sich den echten Soldatenrängen unterzuordnen. Er war unabhängig und unduldsam geblieben. Vielleicht bekam er deshalb meistens Aufträge, die für einfache Befehlsempfänger zu heikel waren.
    Die Narben juckten, und er kratzte, anstatt auf sie zu hören.

    Ohne Komplikationen war die Reise zum Wildbart verlaufen. Aber schon auf dem Weg ins Gebirge hinauf hatten die Schwierigkeiten begonnen.
    Die Söldnergruppe geriet mit einer bunten Schar aneinander, die sich »Haarhändler« nannte und offensichtlich den Wildbart als Jagdgebiet für sich beanspruchte. Diese Haarhändler waren allesamt noch nicht ganz trocken hinter den Ohren und fürchteten wohl, Broogs professionell ausgerüsteter Trupp würde ihnen die verheißene Beute streitig machen. Im Nu waren die Haarhändler auf etwa zwanzig struppige Gesellen angewachsen. Es flogen Pfeile und Schleudersteine. Mit Knüppeln und Tierhäutungsmessern drang man auf die Söldner ein. Nur um ein abschreckendes Exempel zu statuieren, erschlugen Broogs Frauen die beiden Vorlautesten der keifenden Horde. Der Rest zog sich winselnd zurück, blieb aber fortan stets in beobachtender und beschimpfender Nähe und machte ein unbemerktes Vorankommen so gut wie unmöglich.
    Die Riesen zu finden wiederum erwies sich als echte Herausforderung. Die Angaben der menschlichen Bergbewohner hierzu waren mehr als nur widersprüchlich. Viele bestritten, dass es die Riesen überhaupt gab. Andere schrieben ihnen Viehdiebstähle und den einen oder anderen grässlichen Mord zu, der dann von den Autoritäten als Gebirgsunfall vertuscht wurde, aus Angst vor der Rache der Riesen. Ältere Dorfbewohner raunten Spukgeschichten von den »Schemenreitern«, unbeschreiblichen schweigsamen Berittenen, die als Leibwächter für die Riesen fungierten. Einige Fallensteller behaupteten sogar, dass die Riesen über gut ausgebildete und gerüstete Krieger verfügten. Nichts davon hatte die Königin anklingen lassen. Womöglich kümmerte es sie einfach nicht. Broog jedoch wurde immer hellhöriger und argwöhnischer.
    Schließlich mussten sie den Spieß umdrehen. Um die Höhlen der Riesen in diesem Felsenwirrwarr überhaupt ausfindig machen zu können, mussten sie das spärliche Wissen der Haarhändler anzapfen. Sie schnappten sich drei ihrer keifenden Verfolger und verhörten sie dermaßen grob und demütigend, dass diese Kerle alles ausplauderten, was sie jemals in ihrem Leben gelernt hatten, darunter auch ein wenig Halbwissen über Gebiete, in denen man Riesen finden konnte.
    Dorthin begaben sich die Söldner. Aber dort wimmelte es geradezu von weiteren Haarhändlern. Es kam zu Handgemengen und Raufereien, die sich nicht vermeiden ließen, weil die Haarhändler dermaßen unerfahren im Umgang mit Kriegern waren, dass ihnen überhaupt nicht klar war, dass sie auf Überlegene trafen. Zwei weitere Haarhändler blieben auf der Strecke, die anderen wagten einen nächtlichen Überfall – und es gelang ihnen tatsächlich, einem von Broogs Männern die Kehle durchzuschneiden. Noch bevor sie überhaupt einen einzigen Riesen zu Gesicht bekommen hatten, musste Broogs Trupp bereits ein Grab ausheben.
    All seine Erfahrungen als Spurenleser, Pfadfinder und Wildnisdeuter musste »Schartbart« aufbieten, um den geheimen Tälern der Riesen auf die Spur zu kommen. Aber immerhin stießen sie dadurch nach mehreren Tagen endlich auf ein siebeneckiges abgeerntetes Getreidefeld und in dessen Nähe auch auf einen Hintereingang ins verborgene Höhlenreich der Riesen. Alte, drei Mannsschritt große Wesen mit grauen Rauschebärten gingen hier ein und aus, melkten Gebirgsziegen und sammelten Maulbeeren. Broog und seine neun Söldner verbargen sich hinter moosigen Felsen und begannen ihren Vorstoß dann bei Einbruch der
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