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Die verfuehrerischen Vier

Titel: Die verfuehrerischen Vier
Autoren: Gaby Triana
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das hier … das war echt gruselig. Madame Fortuna schob ihre Karten zusammen, dann mischte sie sie erneut. Killians Grinsen erstarb, Alma setzte ihren üblichen gelangweilten Blick auf, und Yoli starrte die Wahrsagerin an wie Bambi und Godzilla auf einmal.
    Dann hob Killian eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen hoch und sah mich an. »Wehe, wenn das Mist ist.«
    Hallo? Die Lady sitzt direkt vor dir, versuchte ich mit Blicken zu sagen.
    Madame Fortuna machte mitten im Mischen Halt und sah Killian an. »Wenn du es nicht ernst nimmst«, warnte sie mit heiserer Stimme, die nach zu vielen Zigaretten klang, »dann ist die Deutung ungültig.« Ein Ventilator, der hinter ihr an die Zeltstangen geklemmt war, surrte über der abgestandenen Luft.
    Das wäre ein guter Augenblick gewesen, den Mund zu halten. Aber nein. »Wir nehmen es ja ernst«, fauchte Alma mit ihrer für sie typischen Art, die ihr in der Schule ein Nachsitzen nach dem anderen eingebracht hatte. Sie starrte die Frau an, als würde sie sie am liebsten fertigmachen.
    Ich schwöre es, das Gesicht von Madame Fortuna sah aus wie aus einem Stephen King-Roman. »Junge Dame«, sagte sie gedehnt, »deine negative Haltung wird eines Tages dein Untergang sein.«
    Wow.
    Killian senkte den Kopf. Gut, dass sie nicht loslachte, sonst hätte ich mich auch nicht mehr zurückhalten können. Und wer wollte schon, dass Madame Fortuna einen ins Fegefeuer
verbannte? Ich legte die Hand über den Mund und konzentrierte mich auf die Karten. Nun mach schon, bitte!
    Als hätte sie meine Gedanken gelesen, legte Madame Fortuna die Karten aufgedeckt in einer, wie es schien, willkürlichen Ordnung auf den Tisch. Gab es nicht bestimmte Regeln für das Legen von Tarot-Karten? Ich beobachtete sie, um irgendwelche weissagenden Anzeichen zu entdecken, aber ihre Züge verrieten nichts. Sie starrte nur auf die Karten.
    Allmählich wurde sie mir doch unheimlich. Sie wirkte tot. Tot mit geöffneten Augen. Vielleicht ist sie eingeschlafen? Killian, Alma, Yoli und ich sahen uns an. Keine lächelte mehr. Keine rührte sich. Wir zuckten die Schultern. Vielleicht hätten wir unsere Karten doch für eine weitere Fahrt mit der Achterbahn nehmen sollen.
    Alma beugte sich vor und spähte auf die Karten. »Sehen Sie was?«
    Yoli stieß Alma an, um sie zum Schweigen zu bringen. Plötzlich hob Madame Fortuna die Hände und legte sie auf meine und die von Yoli, sodass ich kurz aus der Fassung geriet. Es erinnerte mich an einen Horrorfilm, in dem Wachsfiguren zum Leben erwachten. Ich muss zugeben, dass mein Herz einen Satz machte, aber das war doch einfach albern. Ich wollte lächeln, um mich zu beruhigen. Dann spürte ich, wie sich ihre Finger auf meinen anfühlten: weich. Ich hatte erwartet, dass sie trocken oder kalt sein würden.
    Nach einer Minute legte Madame Fortuna ihre Hände auf die von Alma - elfenbeinfarbene, faltige Haut auf warmer brauner. Alma starrte auf die Hände. Ich war darauf gefasst, dass sie sarkastisch mit den Lidern zucken würde, aber stattdessen sah sie ganz ernst in das Gesicht der alten Frau. Schließlich gestikulierte Madame Fortuna nach Killians Händen, und Killian legte sie ohne Zögern auf den Tisch. Kein Gealbere mehr.

    Die Wahrsagerin schloss die geschminkten Augen.
    Wir warteten. Und warteten.
    Normalerweise wären wir bei so etwas in schallendes Gelächter ausgebrochen und im Unterricht hätten wir dafür richtig Ärger bekommen, aber hier waren wir viel zu nervös. Wir wollten Antworten, wollten wissen, was uns der Sommer und das restliche Jahr bringen würden. Wir waren alle total mit der Zukunft beschäftigt. Das war mir auch ohne Wahrsagerin klar.
    Schließlich öffnete die alte Frau die Augen und ließ Killians Hände los. Ihr Blick fiel auf eine Karte. »Der Narr«, sagte sie und deutete mit ihrem langen Nagel darauf. »Es steht eine weite Reise bevor.«
    Was? Woher wusste sie …
    Killian zog die Augenbrauen hoch. Ihr Mund wollte schon Worte bilden, doch die Zigeunerin gebot ihr mit einer Handbewegung, zu schweigen.
    »Eine Seereise«, fuhr die Frau fort, den Blick immer noch auf die Karte gerichtet.
    Die Haare auf meinen Armen stellten sich auf. Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Irgendjemand musste vor uns bei ihr gewesen sein und ihr von der Kreuzfahrt erzählt haben. Killian. Killian war zu so etwas fähig.
    Madame Fortuna deutete auf weitere Karten: ein Herz, das von drei Schwertern durchbohrt wurde, und ein brennender Backsteinturm unter einer
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