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Die Unsterblichen

Die Unsterblichen

Titel: Die Unsterblichen
Autoren: Alyson Noël
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ja nicht bis in alle Ewigkeit vermeiden. Ich atme also tief durch und schaue hin.
    Und was ich sehe, lässt mich wie vom Donner gerührt erstarren, unfähig, zu sprechen, zu blinzeln oder mich zu bewegen.
    Und obwohl Miles anfängt zu winken und mich wütend anfunkelt und mir im Großen und Ganzen jedes nur denkbare Zeichen gibt, die Mission abzubrechen und zum Hauptquartier zurückzukehren - ich kann nicht. Ich meine, ich würde ja gern, weil ich weiß, dass ich mich genau wie die Verrückte benehme, für die alle Welt mich hält, aber es ist vollkommen unmöglich. Und zwar nicht nur, weil Damen unbestreitbar schön ist, mit seinem glänzenden dunklen Haar, das ihm fast bis zu den Schultern reicht und sich um seine hohen, fein gemeißelten Wangenknochen schmiegt. Doch als er mich ansieht, als er seine dunkle Sonnenbrille anhebt und sein Blick dem meinen begegnet, sehe ich, dass seine mandelförmigen Augen tief, dunkel und seltsam vertraut sind, umrahmt von so üppigen Wimpern, dass sie fast künstlich aussehen. Und seine Lippen! Seine Lippen sind voll und einladend, mit vollendetem Schwung. Und der Körper, auf dem das alles ruht, ist lang, schlank, straff und ganz in Schwarz gekleidet.
    »Ah, Ever? Hallooo? Du kannst jetzt aufwachen. Bitte.« Miles dreht sich zu Damen um und lacht nervös. »Tut mir leid, das mit meiner Freundin hier, normalerweise hat sie ihre Kapuze auf.«
    Es ist ja nicht so, als wüsste ich nicht, dass ich damit aufhören muss. Ich muss damit aufhören, sofort. Aber Damens Augen blicken unverwandt in meine, und ihre Farbe wird leuchtender, während sein Mund sich allmählich zu einem Lächeln verzieht.
    Doch nicht sein umwerfendes Aussehen schlägt mich so in Bann. Damit hat das gar nichts zu tun, sondern, dass die unmittelbare Umgebung seines Körpers, von seinem prachtvollen Kopf bis ganz zu seinen Motorradstiefeln, aus nichts als leerem Raum besteht.
    Keine Farben. Keine Aura. Keine pulsierende Lightshow.
    Jeder hat eine Aura. Der Körper eines jeden Lebewesens sondert Farbenwirbel ab. Ein regenbogenbuntes Energiefeld, dessen sie sich gar nicht bewusst sind. Und es ist nicht so, als wären Auren gefährlich oder unheimlich oder irgendwie schlecht, sie sind ganz einfach Teil des sichtbaren (also, wenigstens für mich sichtbaren) Magnetfeldes.
    Vor dem Unfall wusste ich nichts von solchen Dingen. Und sehen konnte ich sie erst recht nicht. Doch von dem Augenblick an, als ich im Krankenhaus aufwachte, sah ich überall Farben.
    »Fühlst du dich einigermaßen gut?«, erkundigte sich die rothaarige Schwester und schaute besorgt auf mich herab.
    »Ja, aber warum sind Sie denn ganz rosa?« Ich blinzelte zu ihr empor, verwirrt von dem pastellfarbenen Leuchten, das sie umgab.
    »Warum bin ich was?« Sie gab sich alle Mühe, ihr Erschrecken zu verbergen.
    »Rosa. Überall um Sie herum, wissen Sie, besonders am Kopf.«
    »Okay, Schätzchen, du ruhst dich jetzt erst mal aus, und ich gehe den Arzt holen«, sagte sie, tappte rückwärts aus dem Zimmer und rannte den Flur hinunter.
    Erst nachdem man mich einem wahren Trommelfeuer von Augenuntersuchungen, Gehirn-CTs und psychologischen Begutachtungen unterzogen hatte, lernte ich, es für mich zu behalten, dass ich diese Farbenräder sah. Und als ich anfing, Gedanken zu hören, mit einer einzigen Berührung ganze Lebensgeschichten in Erfahrung zu bringen und regelmäßig Besuch von meiner toten Schwester Riley zu bekommen, war ich klug genug, das niemandem mitzuteilen.
    Ich habe mich wohl so sehr daran gewöhnt, derart zu leben, dass ich vergessen habe, wie es auch anders geht. Aber Damen so zu sehen, umgeben von nichts anderem als dem glänzenden schwarzen Lack seines teuren, coolen Wagens, ist eine vage Erinnerung an glücklichere, normalere Tage.
    »Ever, stimmt's?«, sagt Damen, und sein Gesicht erwärmt sich zu einem Lächeln, das eine weitere Vollkommenheit an ihm enthüllt - blendend weiße Zähne.
    Ich stehe da und versuche, meine Augen mit reiner Willenskraft dazu zu zwingen, sich von den seinen zu lösen, während Miles sich theatralisch räuspert. Und weil mir wieder einfällt, wie sehr er es hasst, nicht beachtet zu werden, mache ich eine Geste in seine Richtung und sage: »Oh, tut mir leid. Miles, das ist Damen. Damen, Miles.« Und die ganze Zeit bleibt mein Blick fest auf Damen geheftet.
    Damen wirft Miles einen raschen Blick zu und nickt knapp, ehe er wieder mich ansieht. Obwohl ich weiß, dass sich das völlig verrückt anhört, ist mir
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