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Die Unsterblichen

Die Unsterblichen

Titel: Die Unsterblichen
Autoren: Alyson Noël
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lügen soll. Sie machen so einen Aufstand um das Ganze, dass ich glaube, das wäre der einzige Ausweg für mich. Nur kann ich sie nicht anlügen. Sie nicht. Haven und Miles sind meine besten Freunde. Meine einzigen Freunde. Und ich habe das Gefühl, dass ich ohnehin schon genug Geheimnisse hüte. »Ich hab in Englisch neben ihm gesessen«, sage ich schließlich. »Wir mussten uns ein Buch teilen. Aber ich habe ihn mir nicht wirklich richtig anschauen können.«
    »Mussten?« Haven schiebt ihren Pony zur Seite, um freie Sicht auf die Verrückte zu haben, die dergleichen zu sagen wagt. »Oh, das muss ja schrecklich für dich gewesen sein, das war bestimmt echt das Letzte.« Sie rollt die Augen und seufzt. »Ich schwör's, du hast keine Ahnung, was für ein Glück du hast. Und du weißt das noch nicht mal zu schätzen.«
    »Was für ein Buch?«, erkundigt sich Miles, als würde der Titel etwas Bedeutsames verraten.
    »Wuthering Heights.« Ich lege das Kerngehäuse des Apfels in die Mitte meiner Serviette und falte die Ränder darum herum.
    »Und deine Kapuze? Auf oder nicht auf?«, will Haven wissen.
    Ich überlege, mir fällt wieder ein, wie ich sie hochgezogen habe, während er auf mich zukam. »Ah, auf«, antworte ich. »Ja, definitiv auf.«
    »Na, vielen Dank«, knurrt sie und bricht ihr Vanilletörtchen in der Mitte durch. »Das Letzte, was ich brauche, ist Konkurrenz von der blonden Göttin.«
    Ich winde mich innerlich und starre auf den Tisch. Es ist mir peinlich, wenn die Leute so etwas sagen. Offenbar bin ich mal total darauf abgefahren, aber jetzt nicht mehr. »Und was ist mit Miles? Ist der für dich denn keine Konkurrenz?«, gebe ich zu bedenken, um die Aufmerksamkeit von mir weg und auf jemanden zu lenken, der wirklich etwas damit anfangen kann.
    »Jawoll.« Miles fährt sich mit der Hand durch das kurze braune Haar, dreht sich und beehrt uns mit seinem allerbesten Profil. »Schließ das bloß nicht aus.«
    »Total irrelevant«, wehrt Haven ab und klopft sich weiße Krümel vom Schoß. »Damen und Miles spielen nicht in derselben Liga. Was bedeutet, dass sein ach so umwerfend gutes Aussehen, das für jedes Model reichen würde, nicht zählt.«
    »Woher weißt du denn, in wessen Mannschaft er spielt?«, verlangt Miles zu wissen, während er mit zusammengekniffenen Augen die Verschlusskappe von seinem Vitaminwasser schraubt. »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Schwulen-Radar«, erwidert sie und tippt sich an die Stirn. »Und, glaubt mir, der Typ taucht da nicht drauf auf.«
     
    Damen hat nicht nur in der ersten Stunde Englisch und in der sechsten Kunst mit mir zusammen (nicht dass er da neben mir gesessen hätte, und nicht dass ich nach ihm Ausschau gehalten hätte, aber die Gedanken, die überall im Raum herumwirbelten, sogar von unserer Lehrerin Ms. Machado, verrieten mir alles, was ich wissen musste), jetzt hat er allem Anschein nach auch noch genau neben mir geparkt. Und obwohl ich es geschafft habe, bisher nicht mehr als seine Stiefel zu Gesicht zu bekommen, weiß ich, dass meine Schonfrist soeben zu Ende gegangen ist.
    »O mein Gott, da ist er! Genau neben uns!«, quietscht Miles in jenem hohen Singsang-Flüsterton, den er sich für die aufregendsten Momente des Lebens aufhebt. »Und sieh dir die Karre an - ein blitzblanker schwarzer BMW mit extradunkel getönten Scheiben, hübsch, sehr hübsch. Okay, die Nummer läuft folgendermaßen, ich mach meine Tür auf und stupse damit ganz aus Versehen seine an, dann habe ich einen Grund, mit ihm zu reden.« Er dreht sich um und wartet auf meine Zustimmung.
    »Zerkratz ja mein Auto nicht. Oder seins. Oder irgendein anderes«, wehre ich kopfschüttelnd ab und hole meine Schlüssel hervor.
    »Schön.« Er schmollt. »Mach nur meine Träume zunichte, von mir aus. Aber tu dir selbst einen Gefallen, und sieh ihn dir doch mal an! Und dann schau mir in die Augen, und sag mir, dass du bei diesem Anblick nicht ausrasten und in Ohnmacht fallen möchtest.«
    Ich verdrehe die Augen und quetsche mich zwischen meinem Wagen und dem grottenschlecht geparkten VW-Käfer hindurch, der so schief dasteht, dass es aussieht, als wolle er meinen Miata besteigen. Und gerade in dem Moment, in dem ich die Tür aufschließen will, reißt Miles mir die Kapuze vom Kopf, schnappt sich meine Sonnenbrille und saust zur Beifahrerseite, wo er mich mit nicht gerade subtilem Kopfrucken und Daumenzeigen drängt, Damen anzusehen, der hinter ihm steht.
    Also tue ich es. Ich meine, ich kann es
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