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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts
Autoren: Roger Zelazny
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als Andenken, um ihn einmal meinen Enkeln zu zeigen.
    Ich blickte zu der Landebahn hinüber und faßte einen Entschluß.
    „Du möchtest mich bloß wegen des Lokalkolorits mithaben, Puppe. Sieht bestimmt nett auf der Titelseite einer Zeitung aus. Aber darüber mußt du dir im klaren sein – wenn dir überhaupt einer einen Ikky holen kann, dann werde ich das sein. Mein Wort darauf.“
    Ich stand auf dem freien Platz. Die nebelverhangenen Türme von Lifeline schimmerten im Hintergrund.
    Der Westhang oberhalb von Lifeline reicht an manchen Stellen bis zu sechzig Kilometer ins Landesinnere. Die Steigung ist nicht besonders stark, aber kurz bevor der Hang in die Bergkette übergeht, die uns vom Hochland trennt, erreicht er doch eine Höhe von gut tausend Meter. Etwa sechs Kilometer landeinwärts und etwa hundertfünfzig Meter höher gelegen als Lifeline befinden sich die meisten privaten Startbahnen und Hangars. Im Hangar sechzehn stehen Cals Flugtaxis, die hauptsächlich für die kurzen Sprünge von der Küste zu den draußen liegenden Schiffen benutzt werden. Ich mag Cal nicht, aber er ließ sich ohnehin nicht blicken, als ich aus dem Bus stieg und einem Mechaniker zuwinkte.
    Zwei von Cals Hüpfern zerrten ungeduldig an ihrer Vertäuung. Über ihnen schimmerten ihre Propeller. Der eine, an dem Steve arbeitete, hustete und klapperte.
    „Bauchweh?“ fragte ich.
    „Ja, Blähungen und Sodbrennen.“
    Er drehte an ein paar Schrauben, bis die Maschine gleichmäßig lief, und wandte sich dann zu mir um.
    „Wollen Sie ’raus?“
    Ich nickte.
    „,Zehn-Quadrat’. Kosmetik, Ungeheuer und solches Zeug.“
    Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Es hatte vielleicht drei Grad, aber die großen Spotscheinwerfer an der Decke erfüllten einen doppelten Zweck.
    „Luharich“, murmelte er. „Dann sind Sie das also. Sind ’n paar Leute da, die Sie sehen wollen.“
    „Weshalb denn?“
    „Kameras, Mikrophone und so’n Mist.“
    „Ich verstau’ am besten gleich meinen Kram. Womit fliege ich denn?“
    Er deutete mit dem Schraubenzieher auf den anderen Hüpfer.
    „Der da. Sie sind übrigens auf Videoband. Die wollten Sie bei der Ankunft gleich erwischen.“
    Er drehte sich zum Hangar um und wandte sich dann noch einmal zu mir.
    „Sagen Sie mal ‚Cheese’. Die richtigen Nahaufnahmen schießen die später.“
    Ich sagte etwas ganz anderes als „Cheese“. Aber die müssen Teleobjektive verwendet und meine Lippen gelesen haben, denn der Teil des Bandes wurde nie gezeigt.
    Ich warf meinen Krempel in den Gepäckraum, kletterte auf den Sitz und zündete mir eine Zigarette an. Fünf Minuten später kam Cal aus seiner Hütte. Er wirkte durchfroren. Als er neben dem Hüpf er stand, schlug er gegen die Bordwand und deutete mit dem Daumen zum Hangar hinüber.
    „Die wollen Sie sprechen!“ brüllte er mir zu. „Interview!“
    „Schluß damit!“ schrie ich zurück. „Sonst sollen die sich einen anderen als Köder beschaffen!“
    Er funkelte mich unter seinen blonden Brauen an, drehte sich dann ruckartig um und stelzte davon. Was die ihm wohl dafür bezahlt hatten, daß sie in seinem Hangar herumhocken und seinen Strom verbrauchen durften!
    Todsicher ’ne ganze Menge. Schließlich kannte ich Cal. Ich hab’ den Burschen ja nie leiden können.
     
    Venus bei Nacht ist ein Reich düsterer Wasser. An der Küste kann man nie sagen, wo das Meer endet und der Himmel anfängt, und die Dämmerung sieht aus, als ob jemand Milch in ein Tintenfaß geschüttet hätte. Zuerst ein paar verlorene weiße Schlieren, dann ganze Bahnen. Schließlich wird ein graues Gemisch daraus, das sich immer stärker aufhellt. Und plötzlich ist Tag.
    Und dann wird es warm.
    Ich mußte die Jacke ausziehen, als wir über die Bucht flogen. Der Horizont hinter uns hätte genau so gut unter Wasser liegen können, so wogte er jetzt in der Wärme. In einen Hüpfer passen vier Leute (fünf sogar, wenn man die Vorschriften etwas großzügig auslegt) oder drei Passagiere mit Gepäck. Ich war der einzige Passagier, und der Pilot war wie eine Maschine. Er summte, gab aber sonst keine unnötigen Geräusche von sich. Und dann schlug Lifeline einen Salto und löste sich etwa in dem Augenblick im Rückspiegel auf, als „Zehn-Quadrat“ vor uns auftauchte. Der Pilot wurde noch stiller und schüttelte den Kopf.
    Ich lehnte mich vor. Mir war, als müßte sich mir der Magen umdrehen. Ich kannte jeden verdammten Zentimeter auf diesem großen Floß, aber wenn man das
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