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Die Trugburg

Die Trugburg

Titel: Die Trugburg
Autoren: Horst Hoffmann
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Sturz. Rayik fiel mit ihm und wurde halb darunter begraben. Er sah die beiden Bepelzten, doch anstatt der vereisenden Kälte schlug ihnen nur eine kühle Brise entgegen. Rayik war durch das Gift der Spinnen seiner schrecklichsten Waffe beraubt, und eine andere besaß er nicht.
    Einer der Angreifer tötete das Pferd mit seinen Stacheln. Der andere kam auf den kalten Reiter zu, starrte ihn an und fuhr zwei lange Fühler aus. Offenbar enttäuscht, wendete er sich Mythor zu, und als die Fühler die silberne Maske des Gesed te Ruuta berührten, schrie er in schaurigem Triumph.
    »Der Aegyr!« hörte Rayik. »Hier ist er, Trok!«
    Der Stachelbewehrte huschte heran und versuchte zusammen mit seinem Gefährten, Mythor von dem verendeten Tier zu zerren.
    »Er ist gefesselt und ganz starr.« Der Katzenkopf des Wesens mit den Schlangenarmen fuhr wieder zu Rayik herum. »Das hast du getan!«
    Rayik sah, wie der andere die Stricke um Mythors Gelenke mit seinen Krallen einfach durchschnitt. Der kalte Reiter spürte seinen Unterleib nicht mehr. Es war wie ein Wunder, daß Mythor nicht zersplittert war, als der schwere Pferdeleib mit ihm auf den harten Boden schlug. Rayik aber war von den Hüften ab zerquetscht. Ohne Reittier und ohne Beine konnte er Eroices Burg niemals mehr erreichen. Er verstand noch nicht viel von dem, was hier vorging, doch in seiner Verzweiflung sah er nur einen Weg, vielleicht doch noch ans Ziel zu kommen. Er mußte die Mischwesen schnell überzeugen, denn schon holte der Gelbbraungescheckte mit einer Pranke aus.
    »Warte!« sagte der kalte Reiter. »Ihr wollt meinen Gefangenen haben, oder? Ihr sollt ihn bekommen, und eine fette Belohnung dazu!«
    Die Pranke blieb in der Luft.
    »Du hast ihn in Eis geschlagen, Kalter! Er ist so gut wie tot. Du hast uns unsere Rache genommen!«
    »Nein!« schrie Rayik. »Hört zu, er wird wieder warm und lebendig werden. Aber dazu bedarf es einer Magie, die nur Eroice zu wirken vermag! Bringt ihn und mich zu ihrer Burg, und ihr sollt fürstlich belohnt werden!«
    »Du lügst!« kreischte der Gestachelte. Flink huschte er heran und zerschnitt mit einem Hieb Rayiks Gesichtsvermummung.
    Schrill schreiend, machten die Mischwesen einen Satz zurück.
    »Ja«, sagte Rayik. »Ihr seht, daß ich bei lebendigem Leib verfaule. Ich hätte nichts mehr davon, euch anzulügen.« Aber er tat es natürlich. Sie wollten Mythor haben, aus welchen Gründen auch immer. Sie durften nicht erfahren, daß Eroice ihn ihnen niemals überlassen würde. »Er kennt ein Geheimnis, das die Hexe von ihm wissen will. Danach gibt sie ihn euch, und ihr könnt mit ihm machen, was ihr wollt.«
    Seine Stimme wurde schwächer.
    Die Mischwesen blickten sich unsicher an. Rayik fuhr fort, solange er noch reden konnte:
    »Bringt ihn und meine Reste zur Burg, damit Eroice sieht, daß ihr von mir geschickt seid.«
    Die Mischwesen flüsterten etwas. Ein gefährlicher Glanz trat in die Augen des Gestachelten.
    »Belohnung, sagst du? Welche Belohnung?«
    »Schätze«, keuchte der kalte Reiter. »Gold, Silber, Edelsteine – alles, was ihr wollt.«
    »Wir wollen das Blut der Aegyr!« kreischte das Wesen. »Sein Blut und das aller anderen!«
    Rayik begriff, auch wenn das Denken ihm immer schwerer fiel. Die beiden spürten den Gesed-Geist und hielten Mythor für einen Aegyr. Sie mußten die dahingegangenen Aegyr hassen, weil Vailita sie mit ihrem Horn gefangen hatte.
    »Eroice kennt die Verstecke der Aegyr, die ALLUMEDDON entgangen sind«, hauchte er mit letzter Kraft. »Sie wird sie euch nennen, aber bringt mich zu ihr.«
    Wieder tuschelten die Bepelzten etwas. Dann zischte der Gestachelte:
    »Wenn es wahr ist, daß die Hexe diesen Aegyr wieder zum Leben erwecken kann und er für sie wertvoll ist, braucht sie dich nicht!«
    Der Prankenhieb beendete Rayiks Leben.
    Zusammen mit Gorm zog Trok Mythors starren Körper vom Pferd fort. Gorms Fühler betasteten ihn von Kopf bis Fuß.
    »Das ist seltsam«, sagte der Gescheckte. »Nur der Kopf ist der eines Aegyrs. Und auch er nicht ganz, Trok. Nur die Maske.«
    Jetzt erinnerte er sich an etwas, das er von einem im Füllhorn gefangenen Titanen gehört hatte.
    »Die Aegyr, die in den Kampf zogen, ließen von sich Totenmasken anfertigen, in der ihr Geist strömen sollte, wenn sie in der Schlacht fielen. Das ist kein Aegyr, Trok. Was wir gewittert haben, ist nur ein Geist, der in der Maske wohnt.«
    »Du meinst, dieser hier ist ein Mensch?«
    »Aber in der Maske lebt ein Aegyr weiter!«
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