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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (German Edition)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (German Edition)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (German Edition)
Autoren: John Wyndham
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in den Sessel fallen lassen. Auf dem Schreibtisch lag eine Schachtel Zigaretten, ich zündete mit flatternden Händen eine an. So blieb ich ein paar Minuten sitzen, um den Schock etwas verebben zu lassen. Dann verließ ich das Zimmer und ging zu der Stelle zurück, wo ich ihm begegnet war. Ich fühlte mich noch ganz schwach und elend, als ich hinkam.
    Am Ende dieses breiten Ganges war eine Tür mit einem Oval aus Fensterglas in Augenhöhe. Ich rechnete damit, dort jemanden anzutreffen, den ich vom Schicksal des Doktors unterrichten könnte.
    Ich öffnete die Tür. Es war ziemlich dunkel in dem Raum. Offensichtlich hatte man die Vorhänge nach dem nächtlichen Schauspiel zugezogen – und sie waren noch immer geschlossen.
    »Schwester?«, fragte ich.
    »Ist nicht da«, antwortete eine Männerstimme. »Ist schon seit Stunden weg«, fuhr der Sprecher fort. »Weiß der Kuckuck, was heut früh in der verflixten Bude los ist. Aber können Sie nicht etwas Licht zu uns reinlassen, Landsmann, und die verflixten Vorhänge zurückziehen?«
    »Gern«, antwortete ich.
    Wenn’s hier schon drunter und drüber ging, so sah ich nicht ein, warum die armen Teufel von Patienten im Finstern liegen sollten.
    Ich zog die Vorhänge vom nächsten Fenster zurück, und helles Sonnenlicht flutete in den Raum.
    »Nun machen Sie schon, Mann«, sagte die Stimme von vorhin. »Ziehen Sie die Dinger einfach weg.«
    Ich drehte mich um und sah den Sprecher an. Ein dunkelhaariger Mensch, stämmig, das Gesicht wettergebräunt. Er saß aufrecht im Bett, mir voll zugewendet – und dem Licht. Er schien mir unverwandt in die Augen zu blicken. Ebenso sein Nachbar und der nächste Mann …
    Ich starrte zurück. Eine gute Weile. Ich begriff nicht gleich. Dann stotterte ich: »Da, da scheint was kaputt zu sein. Warten Sie mal. Ich schicke jemanden.«
    Und dann machte ich, dass ich aus dem Saal kam.
    Wieder packte mich das Entsetzen, und ich hätte einen starken Drink brauchen können. Ich fing an zu begreifen. Aber ich konnte es nicht fassen, die Leute im Saal konnten doch nicht alle blind sein, so blind wie der Arzt, und dennoch …
    Der Fahrstuhl war nicht in Betrieb, ich musste über die Treppe hinunter. Ein Stockwerk tiefer nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und schaute in ein weiteres Krankenzimmer hinein. Die Betten waren alle in Unordnung. Zuerst dachte ich, der Raum wäre leer, aber dem war nicht so – nicht ganz. Auf dem Fußboden lagen zwei Männer in Schlafanzügen. Der eine hatte Blut aus einer nicht verheilten Schnittwunde verloren, der andere sah aus, als habe ihn der Schlag getroffen. Beide waren zweifelsfrei tot. Die anderen waren weg.
    Zurück im Treppenhaus, merkte ich, dass die Stimmen, die ich schon die ganze Zeit gehört hatte, von unten kamen, sie klangen nun lauter und näher.
    Und dann stand ich auf dem letzten Treppenabsatz und konnte in die große Halle hinunterblicken. Anscheinend hatte alles, was sich bewegen konnte, instinktiv hier Zuflucht gesucht, in der Hoffnung, Hilfe zu finden oder den Weg ins Freie. Vielleicht war es einigen gelungen. Beim Haupteingang stand eine Tür weit offen, nur konnten die meisten sie nicht finden. Da unten wogte eine Menschenmasse, Männer und Frauen, viele noch im Schlafanzug oder Nachthemd, langsam und hilflos im Kreise umher.
    Ich blieb ein, zwei Minuten. Länger konnte ich den Anblick nicht ertragen. Ich flüchtete wieder die Stiegen hinauf.
    Ich musste etwas tun. Vielleicht sollte ich sie auf die Straße hinausführen. Aber ein Blick genügte, um zu erkennen, dass ich es nicht bis zur Eingangstür schaffen würde. Außerdem, selbst wenn es mir gelänge – was dann?
    Ich setzte mich auf eine Stufe, um mich etwas zu erholen, den Kopf zwischen beide Hände gepresst, und die ganze Zeit hatte ich diese schrecklichen Klagelaute im Ohr. Dann fand ich einen anderen Ausgang, eine schmale Treppe, die in den Hof hinunterführte.
    Es mag sein, dass ich dies nicht besonders gut erzähle. Alles kam so unerwartet und schockartig, ich wollte gar keine Einzelheiten sehen. Ich war wie in einem Albtraum befangen. Als ich in den Hof hinaustrat, glaubte ich noch immer nicht, dass das, was ich gesehen hatte, Wirklichkeit war. Doch ob Wirklichkeit oder Albtraum, eins war sicher: Ich brauchte einen Drink.
    Die kleine Seitengasse hinter dem Hoftor war leer und verlassen, aber genau gegenüber lag ein Pub. Ich sehe das Schild noch vor mir: »Zum Helden von Alamein«. Die Tür darunter stand offen. Ich trat ein.
    Einen
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