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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Autoren: Sarah Lark
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Botschaft an die Götter …«
    Tohunga waren nicht nur Fachleute auf speziellen Gebieten wie Drachenbau, Jadeschnitzen, Musik oder Heilkunst, sondern hielten auch Kontakt zu den für ihre Künste zuständigen Geistern.
    Atamarie zuckte die Schultern. »Also zu den Göttern muss er ja erst mal raufkommen«, bemerkte sie dann. »Lass es uns noch mal probieren. Die Botschaft können wir dann schicken, wenn wir wissen, dass es klappt.« Sie hatte auf keinen Fall Lust, jetzt noch zu warten, bis Rawiri den Schmuck erneuert hatte. Stattdessen schaute sie nun aufmerksamer zum Himmel und konzentrierte sich auf den Drachen des tohunga , der Rawiris abgestürzten Vogel eben etwas schadenfroh musterte. Natürlich, er hatte ihm gleich gesagt, es sei für Anfänger zu schwierig, einen Lenkdrachen zu bauen. Aber Atamaries Ehrgeiz war jetzt geweckt.
    »Du musst die Leinen weiter außen festmachen«, schlug sie vor. »Und tiefer. Und das Beste wäre überhaupt, wir hätten vier …«
    Rawiri schien ein bisschen in seiner Ehre gekränkt, aber nach einem weiteren erfolglosen Versuch fixierte er die Schnüre tatsächlich so, wie Atamarie es wollte. Mit verblüffendem Erfolg!
    Der Drachen stieg wieder schnell auf, stand diesmal aber viel sicherer in der Luft, und als Rawiri einen vorsichtigen Lenkversuch machte, folgte er gehorsam seinem Leinenzug.
    »Es geht! Er fliegt, er fliegt! Er fliegt, wohin ich will!« Rawiri jubelte. Sein vogelartiger Drachen behauptete sich stolz neben dem dreieckigen des Meisters.
    »Willst du auch mal?«, fragte er großzügig.
    Atamarie griff ohne Zögern nach der Schnur. Sie war daseinzige Mädchen, das hier die Leinen eines manu hielt, aber das störte sie nicht. In großen Schwüngen lenkte sie den Drachen über den Himmel.
    »Ich glaube, sie stimmt, diese Legende von den Ngati Kahungunu«, meinte Rawiri. »Man kann mitfliegen. Wie ein Vogel. Der Drachen muss nur groß sein und die Götter auf seiner Seite haben.«
    Atamarie nickte. Natürlich konnte man mitfliegen, der Wind hätte sie ja eben schon fast mit hochgerissen. Aber …
    »Es muss auch ohne Wind gehen«, gab sie entschieden zurück.

GESCHENKE
DER GÖTTER
    Neuseeland
Dunedin, Christchurch,
Lawrence, Parihaka
    1899 – 1900

KAPITEL 1
    Das Lehrerseminar war in einem Nebengebäude der Universität von Dunedin untergebracht, und Atamarie fand den schmucklosen Bau einfach nur scheußlich. Aber gut, sie musste ja nicht hier studieren. Das College, das sie selbst gerade aufgenommen hatte, war sehr viel weitläufiger und wirkte deutlich imponierender. Gotischer Stil, hatte ihre Tante Heather gesagt, aber natürlich ein Nachbau. Als man in Europa gotische Kathedralen gebaut hatte, war Neuseeland noch nicht von Weißen besiedelt gewesen.
    Atamarie fragte sich, ob sie sich die Namen aller möglichen Baustile würde merken müssen, wenn sie jetzt am Canterbury College studierte. »Baukonstruktion« stand tatsächlich auf dem Lehrplan. Aber das war ja wieder etwas anderes als Architektur, oder? Nun ja, sie würde noch genug Zeit haben, sich damit zu beschäftigen. Jetzt musste sie erst mal Roberta von ihrem Erfolg berichten – und hören, wie es ihr am ersten Tag ihrer Studentenzeit ergangen war.
    Atamarie stieg die Treppe zum Eingang hinauf und ließ sich auf einer der oberen Treppenstufen nieder. Fröhlich summte sie vor sich hin. Sie war ausgesprochen guter Dinge, wenn auch etwas müde nach der langen Zugfahrt. Dabei war die Verbindung gut, es war heute kein großes Problem mehr, zwischen Christchurch und Dunedin hin- und herzureisen.
    Das jedenfalls versicherten sich Atamarie und Roberta, seit sie sich für ihre jeweiligen Studienfächer entschieden und dabeifestgestellt hatten, dass sich ihre Wege hier zum ersten Mal seit neun Jahren trennen würden. Die Mädchen hatten einander kennengelernt, als ihre Mütter noch beide in Wellington auf der Nordinsel lebten und gemeinsam das Büro einer der Organisationen leiteten, die für das Frauenwahlrecht kämpften. Nachdem das glücklich errungen war, hatten beide Frauen geheiratet. Atamaries Mutter Matariki war mit ihrem Mann Kupe nach Parihaka gezogen und Robertas Mutter Violet mit ihrem Gatten Sean in dessen Heimatstadt Dunedin. Roberta hatten sie natürlich mitgenommen. Sie durfte wie Atamarie die Otago Girls’ School besuchen. Die beiden hatten hier einige Wochen zuvor ihren Highschoolabschluss gemeistert und freuten sich nun an einem weiteren Erfolg der Frauenrechtlerinnen in Neuseeland: Die
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