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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten
Autoren: Camilla Läckberg
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machte ihre acht Monate alte Tochter ausgehfertig, so gut es ging, und setzte dem drohenden Geschwisterstreit ein Ende: »Emma, zieh deine Jacke an. Adrian, ich möchte das heute nicht mit dir diskutieren. Du gehst mit Emma in den Kindergarten und damit basta.«
    Adrian öffnete den Mund, um zu protestieren, aber der Blick seiner Tante sagte ihm, dass er an diesem Morgen lieber gehorchen sollte. Ungewöhnlich fügsam trottete er in den Flur.
    »So, jetzt zieh deine Schuhe an.« Erica stellte ihm seine Turnschuhe hin, doch Adrian schüttelte heftig den Kopf.
    »Ich kann nicht, du musst mir helfen.«
    »Natürlich kannst du das, im Kindergarten ziehst du deine Schuhe doch auch allein an.«
    »Nein, ich kann nicht. Ich bin noch zu klein«, fügte er sicherheitshalber hinzu.
    Erica seufzte und setzte Maja ab, die schon zu krabbeln begann, bevor ihre Hände und Knie den Fußboden berührt hatten. Sie hatte früh damit angefangen und war mittlerweile eine wahre Krabbelmeisterin.
    »Bleib hier, Süße«, rief Erica, während sie Adrian die Schuhe anzog. Maja ignorierte die Ermahnung und begab sich freudig auf Entdeckungsreise. Erica merkte, wie ihram Rücken und unter den Achseln der Schweiß ausbrach.
    »Ich kann Maja holen«, sagte Emma diensteifrig und fasste Ericas Schweigen als Zustimmung auf. Leicht schwankend schleppte sie Maja heran, die sich in ihren Armen wand wie ein junges Kätzchen. Erica sah, wie Majas Gesicht bereits die rote Färbung annahm, die für gewöhnlich ein ohrenbetäubendes Brüllen ankündigte. Schnell nahm sie ihre Tochter selbst auf den Arm. Dann scheuchte sie die Kinder aus dem Haus und zum Auto. Wie sie dieses morgendliche Theater hasste!
    »Rein ins Auto, schnell. Wir kommen schon wieder zu spät, und ihr wisst, dass eure Kindergärtnerin Ewa das gar nicht gern mag.«
    »Das mag sie nicht gern.« Emma schüttelte sorgenvoll den Kopf.
    »Nein, das mag sie wirklich nicht gern.« Erica schnallte Maja in den Kindersitz.
    »Ich will vorne sitzen.« Adrian verschränkte wütend die Arme vor der Brust. Er war bereit zum Kampf. Aber Ericas Geduld war am Ende.
    »Setz dich jetzt sofort auf deinen Platz!«, brüllte sie. Es erfüllte sie mit einer gewissen Befriedigung, dass er wie der Blitz auf seinen Kindersitz huschte. Emma setzte sich auf ihr Kissen in der Mitte und schnallte sich selbst an. Etwas zu ruppig legte Erica Adrian den Gurt an, hielt aber inne, als sie plötzlich eine Kinderhand an ihrer Wange spürte.
    »Ich hab dich liiieb, Ica.« Adrian guckte so niedlich, wie er nur konnte. Zweifellos ein Versuch, sich wieder bei ihr einzuschmeicheln, aber es funktionierte jedes Mal. Erica schmolz augenblicklich dahin. Sie beugte sich vor und gab ihm einen dicken Kuss.
    Bevor sie rückwärts aus der Einfahrt fuhr, warf sie einen letzten Blick auf das Fenster von Annas Schlafzimmer. Die Rollos waren immer noch unten.
    Jonnalegte die Stirn an die kalte Fensterscheibe des Busses und betrachtete die vorüberziehende Landschaft. Totale Gleichgültigkeit breitete sich in ihr aus. Wie immer. Sie zog sich die Pulliärmel über die Hände. Mit den Jahren hatte sich dieser Tick zu einem Zwang entwickelt. Sie fragte sich, was sie eigentlich hier machte. Wie war sie bloß hierher geraten? Was war so faszinierend an ihrem Leben und ihrem Alltag? Jonna konnte es nicht nachvollziehen. Sie war doch nur eine kaputte und einsame Ritzerin. Vielleicht hatten die Zuschauer deshalb Woche für Woche für sie gestimmt. Weil es im ganzen Land Mädchen wie sie gab. Mädchen, die sich mit Begeisterung in ihr wiedererkannten, wenn sie Streit mit den anderen Teilnehmern hatte, wenn sie heulend im Badezimmer saß und sich mit der Rasierklinge die Unterarme aufritzte oder wenn sie so viel Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit ausstrahlte, dass die anderen im Haus sich von ihr zurückzogen wie von einer Tollwütigen. Vielleicht gerade deswegen.
    »O Mann, ist das aufregend! Ich meine, dass wir noch eine Chance gekriegt haben!« Jonna hörte die atemlose Erwartung in Barbies Stimme, verweigerte aber jegliche Reaktion. Schon allein diesen Namen fand sie zum Kotzen. Doch die Zeitungen liebten ihn. » BB -Barbie« machte sich auf den Titelblättern ungeheuer gut. Eigentlich hieß sie Lillemor Persson, wie ein Boulevardblatt recherchiert hatte. Sie hatten sogar alte Fotos aus der Zeit ausgegraben, als Barbie noch ein mageres kleines Mädchen mit braunen Haaren und viel zu großer Brille war. Und nicht die geringste Ähnlichkeit aufwies mit
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