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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
Autoren: Barbara Cleverly
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die er sein Hauptaugenmerk gerichtet hatte. Tja, es machte die Sache wenigstens einfacher, wenn sich all seine Zielpersonen eine Weile an einer Stelle aufhielten. Er näherte sich langsam der Gruppe, wollte unbedingt ihre Unterhaltung belauschen. Die Frau lachte und flirtete und nippte anmutig an ihrem Cocktail. Die Männer wetteiferten darin, sich gegenseitig an Galanterie zu übertrumpfen, offensichtlich von ihrer Aufmerksamkeit geschmeichelt. Sie drehte den Stiel ihres Glases, und als einer der Männer bemerkte, dass das Glas leer war, und einen vorbeieilenden Kellner herbeirief, bat sie um »noch einen French Rose, aber ohne Zuckerrand!«. Armitage hatte nicht mitgezählt, aber er war sich bewusst, dass sie andauernd getrunken hatte, wiewohl man das aus ihrer Sprechweise oder ihrem Verhalten niemals hätte schließen können. Ja, sie konnte einiges vertragen.
    Dann ging sie weiter und setzte sich zu dieser widerlichen Kröte Sir Montagu Mathurin an den Tisch. Es zirkulierten Geschichten über ihn, bei denen sich dem Sergeant die Nackenhaare aufstellten, und den Bruchteil einer Sekunde war er versucht, auf sie zuzutreten und sie vor ihm zu warnen. Aber dann riss er sich zusammen. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Der Kerl war wahrscheinlich ihr Cousin zweiten Grades oder etwas in der Art - und außerdem war die Dame in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern. Sie begrüßte mit großer Wärme Mathurins ziemlich düster aus der Wäsche schauende Freundin (oder Verlobte, nach dem Ring zu urteilen, der quer durch den Raum zu sehen war), wandte dann aber sofort das volle Scheinwerferlicht ihres Charmes dem Gauner Mathurin zu. Das Ganze hatte eindeutig eine sexuelle Komponente, fand Armitage, und runzelte besorgt die Stirn, während er die scheinbar beiläufige, aber geübte Geste beobachtete, mit der sie sich zu ihm beugte und ihm die Krawatte richtete. Jeder konnte erkennen, was das zu bedeuten hatte! Sogar auf der anderen Seite des Raumes spürte der Sergeant die Ausstrahlung dieser Geste und schluckte voller Mitgefühl. Sicher reagierte Mathurin auf vorhersehbare Weise. Es war eine Erleichterung, als er sah, dass sie nach ein paar Minuten, in denen sie Mathurin umgarnt hatte, den Anstand besaß, die Verlobte in das Gespräch mit einzubeziehen. Noch mal gut gegangen. Das Letzte, was Armitage brauchen konnte, war die Ablenkung durch einen hochkarätigen Zickenkampf, aber alle Klauen schienen eingezogen. Schließlich war man hier im Ritz, nicht im London Apprentice. Und es handelte sich um Damen der besseren Gesellschaft, nicht um Gangsterbräute oder Hafennutten.
    Eine Uhr schlug Mitternacht und das wurde mit kehligen Rufen nach mehr Champagner begrüßt. Die Rothaarige stand auf und fädelte sich durch die Menge zur Tür. Sie blieb stehen und warf jemandem auf der anderen Seite des Raumes einen Blick zu. Verdammt! Armitage drehte sich um, aber er war nicht schnell genug, um einen Blick der Komplizenschaft von einem der anderen Bewunderer zu erhaschen. Er fragte sich zynisch, welchen der versammelten Herren sie auserwählt hatte. Armitage wünschte, er hätte einen Kumpel in Hörweite, um mit ihm eine Wette abzuschließen. Wenn sich einer der Kerle in den nächsten fünf Minuten erhob und entschuldigte, dann war das wohl der Glückliche. Eine ältere Matrone in einem weinroten Brokatkleid erhob sich unsicher und schwankte mit ordentlicher Schlagseite zur Tür. Ein hübsches Mädchen in einem kurzen Kleid, das ungefähr so viel verbarg wie ein Spinnennetz, bemerkte ihren prekären Zustand und eilte ihr mit einem besorgten Aufschrei nach, hielt ihr eine Hand stützend unter den Ellbogen und schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln. Auf einen Blick vom Maître d’hôtel hin folgte eine Kellnerin den beiden, um dafür zu sorgen, dass es im Flur zu keinem peinlichen Zwischenfall kam. Eine Gruppe kichernder, junger Frauen verließ den Saal ebenfalls. Wie Finken flogen sie zur Toilette, und Armitage fragte sich, welcher Instinkt sie zwang, diese Reise durch den Raum immer in Schwärmen zu vollziehen. Mathurin, der kurzzeitig von seiner Verlobten verlassen worden war, sah auf seine Uhr. Ängstlich - oder aus Langeweile? Aber er blieb sitzen. Mehr tat sich nicht. Nach zehn Minuten kam Armitage mit einem Seufzer der Erleichterung zu dem Schluss, dass er die Signale falsch gedeutet haben musste.
    Um exakt fünfzehn Minuten nach Mitternacht nickte ihm der Maître d’hôtel zu, und er machte sich an die nächste Phase seiner
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