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Die Todesbotin

Die Todesbotin

Titel: Die Todesbotin
Autoren: Carter Brown
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Land
aufgewachsen, und solche Mädchen sind immer verdächtig. Schläft wahrscheinlich
die ganze Zeit mit dem Stallburschen. Mein Neffe Geoffrey Allard ist ein
Schweinehund. Habe da ein spezielles Problem, Slaker. Er ist nämlich der Erbe,
bevor Sie mir einen neuen machen. Familientradition und so. Erbt nicht nur den
Titel, sondern auch zwei Drittel des gesamten Besitzes. Die Witwe kann nur ein
Drittel bekommen. So wie er sich in letzter Zeit benimmt, glaube ich fast, er
kann es nicht abwarten, bis die Natur ihren Lauf nimmt .«
    »Sie befürchten, daß er Sie zu
töten versuchen wird ?« fragte ich ungläubig.
    »Wahrscheinlich«, antwortete
Mapleton. »Natürlich auf eine ganz hinterlistige Art. Geoffrey ist eben ein
ganz hinterlistiger Bursche. Halten Sie ihn besonders scharf im Auge .«
    »Sie schreiben ja fast schon
das Drehbuch für mich .« Ich betrachtete ihn mit
plötzlichem Mißtrauen. »Oder war das von vornherein die ganze Idee ?«
    »Was ich Ihnen erzählt habe,
ist alles wahr«, sagte er gelassen. »Denken Sie nur immer an eines, Slaker:
wenn ich tot bin, gibt’s keinen Film, kein Drehbuch, überhaupt nichts für Sie .«
     
     
     

3
     
    Als ich wieder auf den Korridor
trat, war Désiree verschwunden; wahrscheinlich hatte sie das Warten satt
bekommen, falls sie überhaupt gewartet hatte. Eine Sorge weniger, überlegte ich
verbittert, als ich durch den Flur zum Wohnzimmer zurückging. Zum Teufel mit
dem Drehbuch! Von mir wurde hier nichts weniger verlangt, als einen neuen Lord
Mapleton auf Kiel zu legen und den alten am Leben zu erhalten. Ich konnte es
gar nicht abwarten, wieder vor Boris zu stehen: den wollte ich erwürgen!
    Das Wohnzimmer war leer,
deshalb trat ich an die Bar und mixte mir einen Drink, den ich bitter nötig
hatte. Ich hatte mein Glas etwa zur Hälfte geleert, als ich hinter mir ein
Geräusch hörte. Schnell wirbelte ich herum, erwartete halb, den geköpften
Gespensterreiter hinter mir auf dem Teppich zu sehen, aber es war nur der
Butler.
    »Möchten Sie zu Mittag essen,
Sir ?« erkundigte er sich mit Grabesstimme.
    »Nein, danke .«
    »Schadet nichts«, sagte er.
»Jetzt ist er sowieso eiskalt. Der Fisch, meine ich .«
    »Wissen Sie, wo die anderen
sind ?«
    »Mr. Slivka und Miss Jordan
sind ins Dorf gegangen«, sagte er. »Mr. Slivka hatte eine Flasche Wodka unter
jedem Arm, deshalb weiß ich nicht, wie weit sie kommen werden. Es sind immerhin
zwei Meilen .«
    »Wie lange sind Sie hier schon
im Dienst ?« erkundigte ich mich konversationshalber.
    »Dreißig Jahre bei Seiner
Lordschaft«, sagte er, »und davor fünfzehn Jahre bei seinem Vater. Manchmal
wird es schon zur Routine, aber ich glaube, ich bin jetzt zu alt, um mich noch
zu verändern .«
    »Haben Sie jemals die Weiße
Frau gesehen ?«
    »Vor dreißig Jahren, Sir«,
antwortete er seelenruhig. »Scheußlicher Anblick. Armes kleines Ding, läuft in
ihrem langen weißen Kleid schluchzend durch die Gegend. Seine Lordschaft ist
ein paar Wochen später gestorben. Bei einem Jagdunfall. Sein Pferd scheute vor
einem Zaun, und er brach sich das Genick .«
    »Wo erscheint sie? Und wann?«
    »Im Burgverlies, Sir«,
berichtete er. »Dort wurde sie ja auch von Geoffrey Allard eingemauert .«
    »Geoffrey Allard?«
    »Damals waren sie noch Ritter«,
erläuterte er. »In den Adelsstand wurden sie erst im 18. Jahrhundert erhoben,
als Allard der erste Lord Mapleton wurde. >Sir Geoffrey der Bastard<, so
wurde er damals genannt. Hatte einen schlechten Ruf, weil er die jungen Mädchen
im Dorf schändete — und natürlich auch in der Burg. Die Lady war mit seinem
jüngeren Bruder verheiratet, der auf einem Kreuzzug war, als das Unglück
passierte. Sir Geoffrey fand heraus, daß sie von ihm schwanger war, und von seinem
Bruder konnte das Kind nicht sein, denn der war schon seit über einem Jahr im
Morgenland. Deshalb behauptete er, sie hätte es mit dem Teufel getrieben, und
der Satanssproß müsse umgebracht werden. Das war sein
Vorwand, sie lebend im Burgverlies einmauern zu lassen. Er hatte sie schon
einige Wochen da unten eingesperrt. Die Folterknechte bearbeiteten sie, um ihr
das Geständnis abzupressen, daß sie sich mit dem Teufel eingelassen hätte. Aber
sie blieb standhaft und sagte die Wahrheit: Das Kind unter ihrem Herzen war
Geoffreys. Da ließ er sie dann einmauern .«
    »Und was geschah mit seinem
jüngeren Bruder, als der vom Kreuzzug zurückkehrte ?«
    »Aber er kam doch niemals
zurück«, erzählte Hobbs . »Zwei Wochen nachdem
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