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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters
Autoren: Marion Henneberg
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auszuschließen, der Bote sprach von zwei ermordeten Wachen, die man auf dem Gang vor dem Gemach des Königs gefunden hat.«
    »Wieso vor dem Gemach des Königs?«, fragte Henrika nervös. Trug sie womöglich doch eine Mitschuld? War der Vogt durch den Aufprall auf das massige Möbelstück so schwer verletzt gewesen, dass er nicht mehr zurück in seine Räume gebracht werden konnte?
    »Nach allem, was der Bote uns zögernd erzählt hat, beliebte der Vogt in den Gemächern des Königs zu nächtigen«, erklärte Randolf leicht belustigt. »Ihr könnt Euch denken, dass Heinrich nicht gerade begeistert darauf reagiert hat. Zu meiner großen Freude fehlt von dem Mörder des Vogts allerdings jede Spur«, fügte er mit einem wissenden Lächeln hinzu, das Henrika befreit erwiderte.
    Dicht vor dem Treppenaufgang zur Pfalz blieben die beiden stehen, nah bei zwei Wachen, deren Gesichter wegen des schwachen Lichts nur undeutlich auszumachen waren.
    »Aber jetzt möchte ich endlich zu dem eigentlichen Grund kommen, warum ich mit Euch sprechen wollte. Betlindis’ Tod ist noch nicht so lange her und … Henrika, ich …«, Randolf stockte.
    Die junge Frau legte ihm sachte eine Hand auf den Arm. »Ihr müsst Euch nicht rechtfertigen, schließlich handelt Ihr nach Eurem Gewissen. Es wäre nicht recht, wenn Ihr es verdrängen würdet, nur um Euren Gefühlen nachzugeben«, sagte sie leise, damit die beiden Soldaten nichts verstehen konnten.
    »Wenn Ihr wüsstet, liebste Henrika, wie oft ich in denletzten Wochen kurz davor war, mich auf mein Pferd zu schwingen und Euch aufzusuchen!«, erwiderte Randolf, ohne seine Verzweiflung zu verbergen. »Aber jedes Mal hatte ich plötzlich Betlindis vor Augen. Ihre unverbrüchliche Liebe und Ergebenheit mir gegenüber, ebenso die Zuneigung und Freundschaft, die sie Euch gegenüber vom ersten Moment an empfunden hat. Dann fühlte ich mich immer so unglaublich schwach und schlecht, weil ich in den letzten Monaten unserer Ehe mit meinen Gedanken immer nur bei Euch war.«
    Henrika fasste nach Randolfs Hand, ohne sich Gedanken um ihren Vater zu machen. Wahrscheinlich war er sowieso zu weit weg, um die Berührung in dem spärlichen Licht überhaupt zu erkennen. »Quäl dich nicht! Es wird sich alles finden, da bin ich sicher!«
    Randolf drückte ihre Hand fest, als hätte er Angst, dass sie sonst davonlaufen würde. Doch statt einer Antwort stieß er einen tiefen Seufzer aus und griff mit der freien Hand in die Tasche seines hirschledernen Wamses. Trotz des dürftigen Lichtscheins konnte Henrika auf seiner flachen Hand eine Münze erkennen, die silbern glänzte.
    »Die habe ich von deinem Großvater erhalten. Ich habe sie all die Jahre in Ehren gehalten, doch jetzt sollst du sie bekommen. Sie wurde, zusammen mit einem kleinen Spiegel, den er deiner Großmutter geschenkt hat, von den ersten Erträgen seiner Mine hergestellt. Der Spiegel wurde bei dem Brand leider zerstört.« Indes nahm Randolf die Münze und legte sie in Henrikas Hand, die er anschließend wieder mit der seinen umschloss.
    »Leider verweigert der König die Rückgabe der Mine, obwohl er die damals vorgebrachten Vorwürfe gegen deinen Großvater wegen der Unterschlagung bereits schriftlich widerlegt und damit ausgeräumt hat. Die
    Überschreibung der Silbermine war damals ein Zeichen der Wertschätzung des Kaisers an den Vogt der Pfalz, dem er über viele Jahre sehr verbunden war. Heinrich ist nicht verpflichtet, die Mine erneut an Eure Familie zu überschreiben, und er braucht sämtliche Einnahmen, die der Bergbau ihm bringt. Wie schon gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob der Frieden wirklich hält, was er verspricht.«
    Mit tränenverschleiertem Blick dankte Henrika dem Ritter für das Geschenk, das ihr unglaublich viel bedeutete. »Die Mine ist mir nicht wichtig, sondern nur der reingewaschene Name meines Großvaters. Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich meine Großmutter ausgesehen hat, als ich ihr nach meiner Rückkehr davon erzählt habe. Brun und Goswin legen sicher genauso wenig Wert auf das Silber.«
    Schweigend traten sie den Rückweg an. Auch ihr Abschied war stumm, denn sie benötigten keine Worte, um einander ihre Gefühle mitzuteilen. Wehmütig und dennoch zufrieden stand Henrika ein paar Meter vor ihrem Vaterhaus, vor dem der Münzmeister noch immer im Dunkeln auf der Bank saß und geduldig auf sie wartete.
    Während Randolf langsam auf das Haus zuging, in dem er bei seinen Aufenthalten sein Quartier bezog,
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