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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
Autoren: Torsten Fink
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Silber wird eure Hallen schmücken, und noch die Enkel eurer Enkel werden eurer Taten gedenken. In der Stadt der Toten aber werdet ihr an der Tafel meines Dieners Uo, des Fürsten der Toten, sitzen, und lange und ehrenvoll soll euer Sein dort währen, denn die Opferfeuer für Helden werden nie verlöschen. Diesen Weg aber kann nur ich euch zeigen, denn meine Geschwister, die Hüter, wissen nichts von ihm.‹
    Da gelobten die Fürsten Strydh Treue und schworen, seinem Rat zu folgen und künftig ihm – noch vor den Hütern – zu huldigen. So lehrte Strydh sie, Helme, Speere und Schilde zu schmieden, und er zeigte ihnen, wie sie im Kampfe Ruhm gewinnen konnten.

    So endete die lange Zeit des Friedens, denn bald schon kämpfte Stadt gegen Stadt. Große und ruhmreiche Taten wurden vollbracht und besungen.
    Und Strydh hielt Wort. Der Reichtum der Fürsten nahm zu, und bald schmückten Gold und Silber ihre Hallen. Doch aus den Straßen der Städte stiegen Klagen auf, denn manches Heer, das auszog, kehrte nie zurück, und mancher Held, der besungen wurde, hat den Lobgesang nie vernommen. So, wie der Glanz der Städte zunahm, so sank die Zahl der Bewohner, und viele Menschen – Männer, Frauen und Kinder – glitten lange vor ihrer Zeit hinab in das Land ohne Wiederkehr. Auch vor den Hallen der Mächtigen machte das Leid nicht Halt, denn viele Fürstensöhne starben auf den Schlachtfeldern.
    Jetzt erschraken die Mächtigen, und sie sagten: ›Wohl kann es sein, dass unsere Namen nicht vergessen werden, wenn wir sterben. Doch wie lange werden wir an der Tafel Uos sitzen, wenn unsere Söhne und deren Söhne gefallen sind und unsere Völker uns verfluchen, statt uns in ehrendem Gedenken Opfer zu bringen? Strydh hat uns betrogen, er ist ein Gott der Falschheit und des Todes, und wir wollen seinem Weg nicht mehr folgen.‹ Und sie zerbrachen ihre Speere, sagten sich von Strydh los und erklärten ihre Eide für ungültig.
    Strydh aber ging zu den Hütern und klagte die Menschen an, die ihr Wort einem Gott gegeben und es gebrochen hatten. Diese waren hilflos. So ungern sie es auch taten, so mussten die Erstgeborenen Strydh doch recht geben. Fürchterlich waren die Strafen, die nach Strydhs Willen verhängt wurden: Alwa entfesselte mächtige Fluten, die die Küsten zerschmetterten, Brond ließ Feuer und Asche aus den Bergen steigen und vom Himmel regnen, und Fahs entfesselte Blitz und Sturm. Hirth aber zermalmte Berge mit gewaltigen Beben, und ihre Stiefkinder, die Wüsten, verschlangen das Land. Zwölfmal zwölf Monde wüteten die Hüter, bis alle Städte
der Menschen zu Staub zermahlen waren und keiner von den wenigen, die noch lebten, das Angesicht der Welt wiedererkannte.
    Endlich beendeten die Hüter ihr Zerstörungswerk und begaben sich zur Ruhe, um am folgenden Tag die Wunden der Welt zu heilen, die Meere und Wüsten zurückzudrängen und den Menschen eine neue Zeit des Friedens zu schenken.
    Strydh jedoch schlich in der Nacht an ihr Lager und belegte sie mit einem Zauber, den er der Schlafblume gestohlen hatte, sodass sie am folgenden Tag nicht erwachten. Auch der nächste Sonnenaufgang konnte sie nicht wecken und der übernächste auch nicht. Und so kam es, dass die Hüter die Welt nicht geheilt haben, dass sie keine Macht mehr über die Geschicke dieser Welt besitzen und sie unser Flehen nicht hören außer in ihren Träumen. Deshalb herrscht Strydh als Einziger der fünf ersten Götter und regiert die Welt mit Krieg und Zerstörung – bis, ja, bis eines Tages das Horn Bogas erklingt und die Hüter erweckt.«
    »Möge das Horn Bogas bald gefunden werden«, murmelten die Männer die Formel, die immer am Ende der Geschichte gesagt wurde.
    Der Alte nickte. Seine Geschichte war zu Ende, und seine Gestalt schien wieder zu der eines Bettlers zu schrumpfen. Nachdenklich starrten die Männer ins Feuer. »Strydh ist ein mächtiger Gott«, sagte Fakyn.
    Kadar legte Holz ins Feuer. Im Kochtopf blubberte es leise vor sich hin, und der Fluss rauschte. Die Zikaden und Grillen schwiegen.
    Plötzlich hob der Alte den Kopf und lauschte in die Nacht. »Es kommt jemand, ein Reiter.«
     
    Nach einer Weile hörten selbst die Sklaven an Bord der Taube den Hufschlag. Es war der langsame Tritt eines müden Pferdes. Die Krieger waren bereit, jedem, der dort aus der Nacht kam, einen
würdigen Empfang zu bereiten. Der junge Dyl lauerte im Schatten einer Mauer mit einem Pfeil auf der Sehne. Fakyn, der Schab der Männer, hatte mit Kadar am Rande
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