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Die Tochter des Goldsuchers

Die Tochter des Goldsuchers

Titel: Die Tochter des Goldsuchers
Autoren: Nora Roberts
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begrüßte so die Frau, die am Fuß der Treppe stand. »Hast du ein Zimmer?«
    Maggie O’Rourke hatte das graue Haar straff zurückgesteckt. Ihr Gesicht war von unzähligen Falten durchzogen. Sie leitete ihr Geschäft mit strenger Hand und hatte schon manchen Schurken mithilfe eines Winchester-Repetiergewehrs in die Flucht geschlagen.
    Sie warf einen Blick auf Jake und verbarg ihre Freude, ihn wiederzusehen. »Schau an, was die Katze hereingeschleppt hat«, sagte sie, wobei der irische Akzent aus ihrer dünnen Stimme immer noch deutlich herausklang. »Ist dir das Gesetz auf den Fersen, Jake, oder ist es eine Frau?«
    »Weder noch.« Mit dem Stiefel stieß er die Tür hinter sich zu und fragte sich, warum er immer wieder hierherkam. Maggie ließ ihn keinen Augenblick in Frieden, und ihre Kocherei ging ihm manchmal richtig auf die Nerven. »Hast du ein Zimmer, Maggie?«, wiederholte er seine Frage. »Und heißes Wasser?«
    »Hast du einen Dollar?« Sie hielt ihm die geöffnete Hand entgegen. Als Jake eine Münze hineinfallen ließ, prüfte sie sie mit den wenigen gesunden Zähnen, die ihr noch verblieben waren. Nicht, dass sie Jake nicht traute. Das tat sie. Wem sie nicht traute, das war die Regierung der Vereinigten Staaten. »Du kannst dasselbe haben wie beim letzten Mal. Ist keiner drin.«
    »Fein.« Er wandte sich der Treppe zu.
    »War nicht viel los, seit du fort warst. Ein paar Kerle haben drüben im ›Bird Cage‹ aufeinander geschossen. Unnützes Volk. Einer ist tot. Den andern hat der Sheriff aus der Stadt geworfen, nachdem der Doc ihn wieder zusammengeflickt hatte. Die kleine Mary Sue Brody hat sich vom jungen Mitchell rumkriegen lassen. Hab ja immer gesagt, das ist ein flinkes Luder, diese Mary Sue. Hatten aber noch ’ne richtige anständige Hochzeit, die beiden. Erst letzten Monat.«
    Jake stieg die Stufen hoch, aber Maggie war nicht zu bremsen. »Wie schade um den alten Matt Conway.«
    Unvermittelt blieb Jake stehen und drehte sich um. Maggie, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte, benutzte den unteren Rand ihrer Schürze, um halbherzig den Staub vom Treppengeländer zu wischen.
    »Was ist mit Matt Conway?«, fragte Jake ungeduldig.
    »Ist in seiner wertlosen Mine verunglückt. Einsturz. Vorgestern haben sie ihn beerdigt.«

2. K APITEL
    Die Hitze war mörderisch. Jedes Mal, wenn jemand vorbeiritt, wirbelte eine Staubwolke auf. Und nur allmählich löste sie sich in der unbewegten Luft auf. Sarah sehnte sich nach einem Plätzchen im Schatten und einem großen Glas eiskalter Limonade. Doch wie es aussah, gab es in der ganzen Stadt keinen Ort, wo eine Dame solche Annehmlichkeiten finden konnte. Und selbst wenn, so hätte sie sich doch gefürchtet, ihr Gepäck am Straßenrand stehen zu lassen und womöglich ihren Vater zu verfehlen.
    Sie war sich so sicher gewesen, dass er sie erwarten würde. Aber andererseits konnte ein Mann seiner Stellung durch tausend Dinge aufgehalten worden sein: Arbeit in der Mine, Probleme mit Angestellten, vielleicht die letzten Vorbereitungen für ihre Ankunft.
    Ich habe zwölf Jahre gewartet, ermahnte sie sich und widerstand der Versuchung, ihren Kragen zu lockern. Sie konnte sich auch noch ein wenig länger gedulden.
    Ein Buckboard, ein vierrädriger Kastenwagen, fuhr vorbei und hüllte sie in eine Staubwolke ein. Rasch presste sie ihr Taschentuch an den Mund. Ihr dunkelblauer Reiserock und die hübsche dazu passende Jacke mit der eleganten Borte waren staubbedeckt. Seufzend blickte sie auf ihre ehemals gestärkte Bluse herab, die nun schlaff herunterhing und einen gelblichen Schimmer hatte.
    Ich muss fürchterlich aussehen, dachte Sarah, während sie die Schleife unter ihrem Kinn festband. Aber heute zum Abendessen würde sie ihr neues Musselinkleid anziehen, dessen Rock mit zierlichen Rosenknospen bestickt war. Ihr Vater sollte stolz auf sie sein. Wenn er nur käme und sie von hier fortbrächte!
    Jake überquerte die Straße, nachdem er einen inneren Kampf ausgefochten hatte. Die letzten zehn Minuten hatte er damit verbracht, die junge Dame zu beobachten. Nur zu deutlich hatte er wahrgenommen, wie sich ihr Blick hoffnungsvoll auf jeden ankommenden Reiter oder Wagen gerichtet hatte. Irgendjemand musste ihr sagen, dass sie vergeblich wartete.
    Sarah sah ihn kommen. Seine Schritte waren leicht, trotz der Revolver, die tief an seinen Hüften saßen und jeder seiner Bewegungen folgten. Jake hielt seinen Blick in einer Weise auf sie gerichtet, wie, so empfand sie es, ein
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