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Die Tochter des Goldsuchers

Die Tochter des Goldsuchers

Titel: Die Tochter des Goldsuchers
Autoren: Nora Roberts
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ist obendrein auch noch lästig. »Na schön.« Er umfasste ihre Taille, hob Sarah hoch und warf sie sich über die Schulter.
    Zuerst war sie zu schockiert, um sich zu rühren. Kein Mann hatte sie je zuvor so respektlos behandelt. Und sie war ganz allein mit dem Rüpel. Als er die Tür der Hütte aufstieß, strampelte Sarah wie wild. Bevor sie jedoch Luft holen konnte, um loszuschreien, ließ er sie hinunter.
    »Genügt Ihnen das?«
    Sie blickte ihn ängstlich an. Schreckliche Vorstellungen, was einer wehrlosen Frau alles zustoßen könnte, tauchten in ihrer Fantasie auf. »Mr Redman, ich besitze nur wenig Geld, also dürfte es sich kaum lohnen, mich zu berauben.«
    Ein kalter Ausdruck trat in seine Augen. »Ich stehle nicht.«
    Sarah befeuchtete sich die Lippen. »Werden Sie mich umbringen?«
    Jake hätte beinahe laut herausgelacht. Stattdessen lehnte er sich schweigend gegen die Wand. Sarah hatte irgendetwas an sich, was ihm zu schaffen machte. Er wusste nicht genau, was es war, aber es gefiel ihm nicht. Nicht im Geringsten.
    »Wahrscheinlich nicht«, antwortete er, ohne eine Miene zu verziehen. »Wollen Sie sich nicht mal umsehen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Man sagte mir, er sei hinter dem Haus beerdigt worden, nahe dem Eingang zur Mine. Ich schaue mal nach Matts Pferden und tränke das Gespann.«
    Auch nachdem Jake gegangen war, rührte sich Sarah nicht von der Stelle. Nein, das konnte nicht wahr sein. Hier hatte ihr Vater nicht gelebt. Sie besaß Briefe, Dutzende Briefe, in denen er ihr von seinem geräumigen Haus geschrieben hatte.
    Die Mine. Wenn die Mine in der Nähe war, dann traf sie dort vielleicht jemanden, mit dem sie reden konnte. Nachdem sie vorsichtig einen Blick durch die Tür riskiert hatte, eilte Sarah hinaus und ging um das Haus herum.
    Sie kam an einem Gemüsegarten vorbei, der jedoch unter der brennenden Sonne vertrocknet war, an einer leeren Koppel, umzäunt von einem einfachen Gatter. Jetzt stieg sie einen Hang hinauf.
    Der Eingang zur Mine war leicht zu finden, obwohl er nur aus einem Loch in der Felswand bestand. Darüber befand sich ein Holzbrett, in das mit ungelenker Schrift eingeritzt war: »Sarah’s Pride« – Sarahs Stolz.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte Mühe, sie zurückzuhalten. Hier gab es keine Arbeiter, die mit Spitzhacken das Gold aus dem Fels schlugen. Ihr Vater war niemals ein erfolgreicher Goldsucher oder Grundbesitzer gewesen, sondern ein Mann, der vom großen Fund geträumt hatte.
    Dann sah sie das Grab. Sie hatten ihn nur wenige Meter vom Eingang der Mine entfernt beerdigt. Jemand hatte ein Holzkreuz angefertigt und den Namen ihres Vaters hineingeschnitzt. Sie kniete nieder und strich mit der Hand über das Geröll, das seine letzte Ruhestätte bedeckte.
    Er hatte gelogen. Zwölf lange Jahre hatte er sie angelogen, hatte ihr Märchen von reichhaltigen Goldadern, von einem großen Haus mit Salon und schönen Holzfußböden erzählt. Hatte er sich selber etwas vorgemacht? Bevor er sie verließ, hatte er ihr ein Versprechen gegeben: Du wirst alles haben, was dein Herz begehrt, meine liebe Sarah.
    Er hatte sein Versprechen gehalten – außer einer Sache. Der allerwichtigsten. In all diesen Jahren hatte sie sich immer nur nach ihrem Vater gesehnt.
    So also hatte er gelebt. In einem Lehmhaus am Ende der Welt, damit sie hübsche Kleider anziehen konnte. Damit sie lernte, Tee zu servieren und Walzer zu tanzen. Er hatte fast sein ganzes Geld in ihre Schulausbildung gesteckt.
    Jetzt war er tot. Sie konnte sich kaum noch an sein Gesicht erinnern. »Oh Vater, wusstest du nicht, wie unwichtig das alles war?« Quer über dem Grab liegend, ließ sie den Tränen freien Lauf.
    Sarah Conway ist schon lange weg, fand Jake. Zu lange. Er wollte sie gerade suchen, als er sie am Hang auftauchen sah. Jetzt blieb sie stehen und blickte auf das Haus hinunter, in dem ihr Vater über ein Jahrzehnt gelebt hatte.
    Sie hatte ihre Haube abgenommen und hielt sie an den Bändern fest. Aus dem locker aufgesteckten Haar hatten sich ein paar Locken gelöst und umschmeichelten ihr Gesicht. Sonnenstrahlen verfingen sich darin und ließen sie aufschimmern.
    Jake zog ein letztes Mal an seiner selbst gedrehten Zigarette und blies langsam den Rauch aus. Schon bei Sarahs Anblick raste sein Puls. In diesem Moment balancierte sie über ein Felsstück. Ja, sie war schon ein Bild von einer Frau.
    »Mr Redman.« An den rot geränderten Augen sah er, dass sie geweint hatte, doch ihre Stimme klang
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