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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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sie, und seine Lippen waren ihrem Gesicht ganz nahe. Sie konnte an nichts anderes denken als an seine durchdringenden Augen und das heftige Heben und Senken seiner Brust. Sie schloss die Augen und öffnete ihre Lippen.
    „Wollt Ihr mich in derselben Weise beeinflussen, wie Eure Mutter es mit dem König tat, Lady Solay?“
    Erschrocken stieß sie ihn von sich, froh darüber, dass der Gang noch immer leer war, und zwang sich zu einem scheuen Lächeln. „Ihr raubt mir die Selbstbeherrschung.“
    „Oder vielleicht helfe ich Euch, nicht zu vergessen, wer Ihr wirklich seid.“
    Das Lächeln begann, in ihren Mundwinkeln zu schmerzen. „Oder wofür Ihr mich haltet.“
    „Ich weiß, wer Ihr seid. Ihr seid die unbequeme Erinnerung an die letzten Jahre eines großen Königs und an den Ruhm, den er wegen einer betrügerischen Frau verlor.“
    Übelkeit stieg in ihr auf. „Ihr werft meiner Mutter den Niedergang des Königs vor, ohne zu berücksichtigen, wie hart sie gearbeitet hat, um die Ordnung zu wahren, als er den Tag nicht mehr von der Nacht unterscheiden konnte.“
    Als er die Tochter nicht kannte – oder kennen wollte –, die er gezeugt hatte.
    „Ich, Lady Solay, bin in der Lage, Tag und Nacht zu unterscheiden.“
    Die Listen Eurer Mutter wirken bei mir nicht.“
    Dann muss ich andere versuchen, dachte sie voller Angst.
    Welche anderen kannte sie noch?
    Er hatte sie ihre Selbstbeherrschung verlieren lassen. Sie war zu direkt vorgegangen. Beim nächsten Mal durfte sie nur süße Worte benutzen. „Niemals würde ich versuchen, Euch zu überlisten, Lord Justin. Ihr seid zu klug, um Euch zum Narren halten zu lassen.“
    Mit einem gemurmelten Abschiedsgruß machte sie kehrt und ließ den Mann stehen, der es geschafft hatte, sie zu verärgern. Sie durfte sich nicht dazu hinreißen lassen, ihre wahren Gefühle zu zeigen.
    Erschüttert sah Justin ihr nach, wie sie mit wiegenden Hüften davonging – nein, davonschwebte. Beinahe hätte er sie geküsst. Es war ihm kaum gelungen, seine Hände bei sich zu halten.
    Schon einmal war er auf die Lügen einer Frau hereingefallen. Das würde ihm kein zweites Mal passieren.
    Dennoch hatte er alle Kraft aufbringen müssen, um sie nicht in seine Arme zu ziehen und zu küssen.
    Nun, es war nicht schwer, sich in Augen zu verlieren, die die Farbe der Wolken bei Sonnenuntergang hatten, und weiche, volle Brüste zu begehren. Er wäre kein Mann, würde er nichts empfinden.
    „Da seid Ihr.“ Gloucester stand plötzlich neben ihm. „Was ist in Euch gefahren, Lamont, der Tochter der Dirne Geheimnisse ins Ohr zu flüstern?“
    Gloucesters harte Worte schmerzten, obwohl Justin in etwa dasselbe gedacht hatte. „Es gibt nur einen kleinen Abstand zwischen dieser Seite des Bettes und jener“, sagte er und wandte den Kopf, um den Duke anzusehen. „Ihr habt denselben Vater. Ihr könntet sie Eure Schwester nennen.“
    Gloucester runzelte die Stirn. „Ihr seid zu direkt.“
    „Ich habe nur keine Angst, die Wahrheit auszusprechen.“ Doch das stimmte nicht, er hatte Angst. Tatsächlich verstand er nicht, was ihn dazu gebracht hatte, sie beinahe in die Arme zu ziehen, und er wollte auch nicht darüber nachdenken. „Diese Frau wollte mich in Versuchung führen, so wie ihre Mutter es bei dem alten König getan hat.“
    „Ihr seht aus, als hättet Ihr beinahe nachgegeben.“
    „Ich sagte ihr nur, dass man ihr nicht erlauben würde, mit Richards Schatulle zu spielen.“
    Gloucester schnaubte verächtlich. „Mein Neffe ist ein miserabler König. Die Franzosen rauben das Land meines Vaters, und der Junge liest Gedichte und putzt sich hin und wieder mit einem weißen Fähnchen die Nase. Als wäre der Ärmel nicht gut genug.“ Der Duke seufzte. „Nun, was wolltet Ihr mir sagen?“
    Justin besann sich wieder auf die Liste des Königs. „Richard will dem Duke of Hibernia mehr Besitz überlassen.“
    „Und was ist mit meiner Bitte?“
    Justin schüttelte den Kopf.
    Gloucester schnaubte vor Wut. „Zuerst verleiht er diesem Mann den Titel eines Dukes, den bisher nur der Sohn eines Königs getragen hat. Dann gibt er ihm einen Waffenrock, der mit Kronen verziert ist. Jetzt will er ihm Grundbesitz geben und mich der Gunst des Schatzmeisters überlassen? Niemals.“
    „Ich sage es ihm, Euer Gnaden. Gleich nach dem Essen.“ Es war Justin zugefallen, schlechte Nachrichten zu überbringen. Er gehörte nicht zu den Männern, die die Wahrheit zurückhielten, nicht einmal gegenüber dem König.
    Aber er
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