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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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großen Augen an, neigte den Kopf zur Seite und lächelte. „Inwiefern dient Ihr dem Duke?“
    „Ich wurde als Advokat ausgebildet.“
    Sie konzentrierte sich, damit das Lächeln auf ihrem Gesicht blieb. „Ein Mann des Gesetzes?“ Eine feige Kreatur, die niemals Wort hielt, die an diesem Tag für einen sprach und am nächsten dagegen, die einem die Besitztümer wegnahm, die Freiheit, das Leben.
    „Ihr schätzt das Gesetz nicht, Lady Solay?“ Die Andeutung eines Lächelns ließ seine harten Züge entspannter wirken. Zum ersten Mal bemerkte sie ein Grübchen in seinem Kinn, das einzig Weiche, das sie an ihm entdeckte.
    „Würdet Ihr es schätzen, wenn man Euch dasselbe angetan hätte wie meiner Mutter?“ Ein Fehler. Sie durfte ihren Unmut nicht zeigen. Es war lange vorbei. Sie musste nach vorne blicken, musste überleben.
    „Es war Eure Mutter, die dem Gesetz schadete.“
    Seine direkte Art erschreckte sie. Natürlich hatte ihre Mutter gelegentlich einen Platz auf der Richterbank eingenommen. Aber nur, um sicherzustellen, dass der Wille des Königs geschah. Bei den meisten Richtern konnte man nicht darauf vertrauen, dass sie ein Urteil sprachen, ohne dabei auf ihre eigenen Taschen zu schielen.
    Solay achtete darauf, nicht die Stirn zu runzeln, und sprach mit leiser Stimme. „Meine Mutter hat zuerst der Königin und dann dem König treu gedient. Für ihre Fürsorge wurde sie am Ende schlecht belohnt.“
    „Sie benutzte das Gesetz, um sich ungerechtfertigt zu bereichern. Es war das Land, dem Schaden zugefügt wurde.“
    Die meisten äußerten ihren Hass nur im Flüsterton. Dieser Mann sprach ihn laut aus. Sie biss die Zähne zusammen. „Man muss Euch schlecht informiert haben. Alles, was sie besaß, hatte sie vom König bekommen oder aus eigenen Mitteln erworben.“
    „Ah! Ihr seid also hier, um all das zurückzugewinnen.“
    Sie räusperte sich, etwas aus der Fassung gebracht, weil er ihren Plan so schnell durchschaute. „Der König ehrte mich mit einer Einladung. Ich habe sie mit Vergnügen angenommen.“
    „Warum sollte er Euch einladen?“
    Weil meine Mutter jeden, der ihr noch zuhört, anflehte, ihn da rum zu bitten. „Wer kennt schon die Gedanken eines Königs?“
    „Eure Mutter kannte sie.“
    „Ein König macht, was er will.“
    Verstehen leuchtete in seinem Blick auf. „Ihre letzte Bitte um Entschädigung wurde vom Parlament abgelehnt, daher hat sie Euch geschickt, um vom König direkt Geld zu erbitten.“
    „Wir bitten nicht um etwas, was uns von Rechts wegen gehört.“ Sie senkte den Blick, um ihren Ärger zu verbergen. Letzten Herbst hatte das Parlament gegen einen der Hauptratgeber des Königs ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet und dann den fünf Lords des Rates die Aufsicht über den König zugewiesen. Es war kein guter Zeitpunkt, um bei Hofe zu erscheinen. Sie hatte keine Freunde hier und konnte sich keine Feinde leisten. „Bitte, lasst Euch von mir nicht aufhalten. Meine Angelegenheiten müssen Euch nicht kümmern. Sicher habt Ihr viele Freunde, die Ihr noch treffen wollt.“
    „Ich bin nicht sicher, ob irgendwer dieser Tage noch viele Freunde hat, Lady Solay. Ihr fragtet nach meiner Arbeit. Zu meinen Pflichten gehört es, dafür zu sorgen, dass der König kein Geld für Schmeichler ausgibt. Wenn Ihr versucht, ihn dazu zu bringen, die Schatzkammer um Euretwillen zu plündern, dann kümmern mich Eure Angelegenheiten sehr wohl.“
    Sie begriff, was er meinte. Sie war dabei, den Mann zu verärgern, der den Geldbeutel überwachte, dessen Schnüre sie zu lockern beabsichtigte.
    „Ich bitte Euch nur um gerechte Behandlung.“ Eine vergebliche Hoffnung. Den Glauben an Gerechtigkeit hatte sie schon vor Jahren aufgegeben.
    Sie trat zurück, wollte gehen, doch er berührte sie am Ärmel und kam näher, bis sie den Kopf zurücklegen musste, um ihm in die Augen zu sehen. Er war groß und schlank, und in dem flackernden Schein der Fackel wirkte sein braunes Haar, das in der Mitte gescheitelt war, wie Gold.
    Über seinem Kopf hing ein Mistelzweig.
    Er sah nach oben und dann wieder sie an. Seine Augen wirkten dunkel. Sie konnte und wollte den Blick nicht abwenden. Sein Duft nach Zedernholz und Tinte betörte sie.
    Sorg dafür, dass sie dich ansehen, dich begehren , hatte ihre Mutter zu ihr gesagt und warnend hinzugefügt: Aber niemals, niemals darfst du selbst begehren. Doch dieses schmerzliche Gefühl, das ihr fast die Kehle zuschnürte – gewiss war das Begehren.
    Er beugte sich über
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