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Die Time Catcher

Die Time Catcher

Titel: Die Time Catcher
Autoren: Richard Ungar
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vorbeischauen.«
    »S o in etwa«, antwortet er und schlendert mir gemächlich entgegen, als hätte er alle Zeit der Welt.
    Das mag für ihn ja zutreffen, doch für mich definitiv nicht. Ich arbeite verbissen weiter an der Schnur und fluche leise.
    »O kay, war nett, dich zu sehen, aber jetzt würde ich gerne weiterarbeiten, wenn’s dir nichts ausmacht.«
    »I ch kann dir helfen, Caleb«, entgegnet Mario. »W eißt du, im Hauptquartier ist da was durcheinandergeraten. Du solltest jetzt eigentlich mit Abbie und den anderen in London sein. Die Fahne ist für mich vorgesehen.«
    »D u lügst«, sage ich und glaube ihm keine Sekunde. Er weiß genau, dass er in diesem Monat schon drei Diebstähle im Rückstand ist. Bestimmt will er mich nur aufhalten, bis meine dreißig Minuten um sind, und die Fahne anschließend selbst nach Hause bringen. Onkel wird er dann erzählen, dass er dazu gezwungen war, weil ich versagt habe. Eigentlich kein schlechter Plan, doch glaube ich nicht, dass er ihn richtig durchdacht hat. Onkel wird nicht gerade begeistert davon sein, dass Mario seine Zeit darauf verwendet, in meiner Nähe herumzuhängen und zu warten, dass ich scheitere.
    »G eh von der Flagge weg und streck deine Hände zu beiden Seiten aus, damit ich sie sehen kann«, sagt er.
    »T ut mir leid«, entgegne ich, »s uch dir eine eigene Fahne.«
    Ich habe die Schnur durchtrennt. Ich habe noch fünfundvierzig Sekunden Zeit, um von hier zu verschwinden.
    Ich greife nach meinem Handgelenk, um die Rückreise einzuleiten. Doch als ich dies gerade tun will, hält Mario mich am Arm fest.
    Ich trete ihn instinktiv vors Schienbein, worauf er mich loslässt.
    Wir drehen uns zueinander um und blicken uns in die Augen.
    Noch zehn Sekunden, um den Catch zu vollenden.
    Als ich erneut nach meinem Handgelenk greife, geht er zum Angriff über, und so bin ich gezwungen, seinen Schlag abzuwehren. Wieder stehen wir uns in Boxerstellung gegenüber. Jetzt lächelt Mario. Er weiß, dass meine Zeit abläuft.
    Ein surrendes Geräusch erregt meine Aufmerksamkeit. Der Hubschrauber kommt zurück.
    Mario zieht ein Messer mit schwarzem Griff und gefährlich aussehender Klinge unter seinem T-Shirt hervor. Ich erkenne es sofort wieder. Es ist das Messer, mit dem ich im Hauptquartier sonst immer die Zwiebeln schneide.
    Ich koche vor Wut. Doch was habe ich für eine Wahl? Mein eigenes Messer ist kümmerlich im Vergleich zu seinem.
    Vielleicht wäre ich in der Lage, ihn zu entwaffnen, doch wir beide sind Träger des Schwarzen Gürtels in Karate, und so würde ein Kampf wohl allenfalls unentschieden ausgehen.
    Außerdem hat er bereits gewonnen. Meine restlichen dreißig Sekunden sind vor fünf Sekunden abgelaufen.
    Für einen kurzen Moment spiele ich mit dem Gedanken, zwanzig Minuten in die Vergangenheit zu springen und den Catch erneut in Angriff zu nehmen. Dann wäre ich fertig, bevor Mario überhaupt auf dem Dach auftaucht. Doch abgesehen von dem quälenden Zeitnebel zweifele ich daran, dass es funktionieren würde. Mario ist nicht blöd.
    Wenn ich in die Vergangenheit springe, um ihm ein Schnippchen zu schlagen, wird er vermutlich noch weiter zurückspringen.
    Wie ist er überhaupt an meine Auftragsdaten herangekommen? Diese geheimen Informationen kennen eigentlich nur Onkel, Nassim und ich selbst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Mario die Daten verraten haben, zumal sie daran interessiert sein dürften, dass er seine eigenen Aufträge erledigt, statt meine zu sabotieren. Irgendwas ist hier faul.
    Seufzend hebe ich die nachgemachte Fahne auf und strecke sie ihm entgegen.
    »N etter Versuch, Caleb, aber ich nehme die andere.«
    »W enn du darauf bestehst«, entgegne ich. »A ber du machst einen Fehler. Ich hatte schon die falsche Fahne gehisst, als du hier aufgetaucht bist. Ich hab dann nur so getan, als würde ich die Schnur durchschneiden, um dich zu täuschen.«
    Mario tritt lächelnd näher an mich heran und sagt: »O kay, dann nehme ich eben beide.«
    Hm. Damit hatte ich nicht gerechnet. Zumindest dürfte es ihm auf dem Heimweg schwerfallen herauszufinden, welche Fahne die echte ist.
    Ich händige ihm beide aus und beobachte mürrisch, wie er sie unter sein T-Shirt stopft. Das Geräusch des Hubschraubers wird lauter. Ich frage mich, ob ich nicht einen schnellen Abgang machen sollte, doch wahrscheinlich ist das keine gute Idee. Marios Messer ist nur wenige Zentimeter von meiner Brust entfernt. Wenn er sieht, wie ich mein Handgelenk berühre, könnte er
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