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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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zu verwirklichen. Ich werde die traurige Geschichte hier nicht wiederholen. Es dürfte reichen, wenn ich sage, daß ich bei beiden Stadträten auf soviel Kurzsichtigkeit und Gleichgültigkeit stieß, daß ich alle Versuche, an der Südküste Englands anzufangen, aufgab. Ganz England, so schien es mir, stand unter dem Regiment engstirniger Paragraphenreiter. Da die Lage in England hoffnungslos schien, schweifte ich in die Ferne. Was ich brauchte, sagte ich mir, war ein kleines Gebiet, das seine eigenen Regeln und Vorschriften hatte. So abwegig, wie diese Vorstellung auf den ersten Blick aussah, war sie jedoch nicht. Zwei Möglichkeiten kamen mir da sofort in den Sinn: die Insel Man im Irischen Meer und die Kanalinseln, die im Ärmelkanal liegen, näher an Frankreich als an England. Beide Gebiete haben ihre eigene Regierung. Nach eingehender Erkundigung schaltete ich die Insel Man aus; sie liegt zu weit nördlich, das Klima wäre für mein Vorhaben nicht günstig gewesen. Jersey, die größte der Kanalinseln, schien mir geeigneter. Aber die Sache hatte einen Haken: Ich kannte auf der Insel nicht eine Menschenseele.
    Wieder wandte ich mich an meinen geplagten Verleger Rupert, und wieder kam er mir zu Hilfe. Ergab mir ein Einführungsschreiben an einen Major Fraser mit, der auf der Insel lebte und sich bereit erklärt hatte, mir zu helfen, ein geeignetes Grundstück auf der Insel zu suchen. Meine Frau Jacquie und ich flogen also nach Jersey. Major Fraser holte uns vom Flugplatz ab und fuhr sogleich mit uns kreuz und quer über die Insel. Doch alle besichtigten Grundstücke waren für unser Vorhaben ungeeignet. Ziemlich entmutigt fuhren wir mit dem Major zum Mittagessen in sein Haus. Er lebte im Les Augres Manor, einem Herrenhaus, das aus dem herbstfarbenen Granit erbaut war, den man auf der Insel findet. Das Haus hatte einen großen, von einer Mauer umschlossenen Garten und einen Hof, den man durch zwei wunderschöne alte Torbogen aus dem 15. Jahrhundert betreten konnte. 35 Morgen sanft gewellten Ackerlands umgaben den Komplex. Ein Blick genügte mir; ich wußte, daß dies genau das Gelände war, das ich suchte. Es fiel mir jedoch schwer, meinem Gastgeber vorzuschlagen, er möge freundlichst das Haus seiner Ahnen räumen, um meinem Zoo Platz zu machen. Schließlich brachte ich, so taktvoll wie möglich, das Thema doch aufs Tapet. Zu meiner Überraschung hörte ich, daß der Major vorhatte, nach England zu ziehen, da ihm der Unterhalt von Les Augres einfach zu teuer war. Er war sofort damit einverstanden, mir das Gelände zu verpachten und räumte mir die Option zu späterem Kauf ein.
    Wir suchten die zuständigen Behörden auf, die echten Enthusiasmus für mein Vorhaben zeigten. Und innerhalb von drei Tagen hatte ich also das Grundstück gefunden, das ich suchte, hatte sämtliche Genehmigungen, die notwendig waren, und hatte den Segen der Regierung von Jersey. Innerhalb von drei Tagen hatte ich geschafft, was in monatelangen Kämpfen mit den Bürokraten in England nicht gelingen wollte.
    Im Anfangsstadium war der Zoo eine ziemlich provisorische Angelegenheit. Die Tierbehausungen waren vom Aussehen her noch nicht das, was wir wünschten; wir hofften, sie erneuern zu können, sobald unsere finanzielle Lage das gestattete.
    Während der Zoo langsam aufgebaut wurde, mußte ich immer noch meinen Lebensunterhalt verdienen und außerdem versuchen, genug Geld zu machen, um das Darlehen zurückzuzahlen. Natürlich mußte ich weitere Expeditionen unternehmen, doch das störte mich nicht, da ich ja zum erstenmal genau wußte, was die Tiere in meinem eigenen Zoo — in bezug auf Behandlung und Unterbringung erwartete. Allerdings bedeutete es auch, daß ich den Zoo in seinem frühen Embryonalstadium in den Händen anderer zurücklassen mußte. Und das war, wie ich nach meiner Rückkehr feststellte, ein katastrophaler Fehler. Mir wurde sehr rasch klar, daß ich die Pläne für die nächste Expedition fallenlassen und die Führung des Zoos selbst übernehmen mußte, wenn ich vermeiden wollte, daß wir bankrott gingen. Die folgenden zwei Jahre waren äußerst anstrengend; nicht nur, weil es notwendig wurde, zusätzliche Gelder aufzunehmen, um den Zoo vor einem frühen Tode zu bewahren, sondern weil ich weiterhin schreiben mußte, um für meinen Lebensunterhalt zu sorgen.
    Die nunmehr unangenehm hohen Schulden zurückzuzahlen, war eine schwere Bürde für uns geworden. Es war ein Glück, daß wir in dieser Zeit des Anfangs eine Gruppe
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