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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Leute, mit denen ich mich im Laufe der Jahre unterhalten habe — und dazu gehören auch Zoodirektoren — , scheinen von den Möglichkeiten und der Bedeutung der kontrollierten Zucht als Mittel zur Arterhaltung nur eine vage Vorstellung und von deren Notwendigkeit kaum eine Ahnung zu haben. In den letzten Jahren jedoch sind bei den fortschrittlichen Zoos und bei realistischen Umweltschützern »Zoobanken« für bestimmte Tierarten ins Gespräch gekommen. Nennen wir sie Tiefststand-Arten. Das bedeutet folgendes: Wenn der zahlenmäßige Bestand einer Art auf ein bestimmtes Niveau absinkt, dann sollten alle Anstrengungen gemacht werden, die Art in freier Wildbahn zu erhalten. Vorsichtshalber jedoch sollte in einem Zoo oder besser noch in einem Zuchtzentrum, das eigens zu diesem Zweck geschaffen wird, eine lebensfähige Zuchtgruppe herangezogen werden. Auf diese Weise bleibt die Art erhalten, ganz gleich, was in der freien Wildbahn geschieht. Und wenn die Art in der freien Wildbahn wirklich aussterben sollte, so hat man immer noch einen Zuchtkern und kann irgendwann in der Zukunft versuchen, die Tiere wieder dort anzusiedeln, wo sie früher gelebt haben.
    Diese Zucht in Gefangenschaft hat mancher Tierart bereits geholfen, z. B. dem Davidshirsch, dem Wisent, dem Buntbock, der Hawaiigans. In diesen Fällen konnten die Tierarten durch die Zoos vor dem Aussterben bewahrt werden. Doch die Zoos, die solche Arbeit leisteten, waren in der Minderheit, und Hilfe gab es nur für einige Arten. Die Liste der Tiere, die zum Überleben Hilfe dieser Art brauchen, verlängert sich mit beunruhigender Geschwindigkeit. Für eine Reihe von Arten besteht die Gefahr, für immer vom Erdboden zu verschwinden, wenn dieser besonderen Form des Naturschutzes nicht viel mehr Aufmerksamkeit gezollt wird.
    Die Zoos sollten sich dieser vordringlichen Arbeit in weit höherem Maße widmen als bisher. Und jeder Zoo, der neu gegründet wird, sollte in dieser Arbeit sein erstes Ziel sehen. Nicht noch mehr große, umfassende Zoos wären vonnöten, sondern kleinere, spezialisierte, die Zeit und Kraft auf die kontrollierte Zucht solcher Tierarten konzentrieren. Außerdem könnten hier Tiere aufgezogen werden, die weniger bekannt und weniger attraktiv sind und daher im allgemeinen gern vernachlässigt werden.
    Die ganze Organisation, wie ich sie mir vorstellte, würde nicht nur ein Schutzgebiet, sondern auch eine Forschungsstation und Ausbildungsstätte sein. Die Haltung und die Zucht von Tieren, insbesondere von seltenen und empfindlichen Tieren, ist eine Kunst, die gelehrt und erlernt werden muß. Leider war es in der Vergangenheit so — und in vielen Zoos ist das auch jetzt noch der Fall — , daß die Leute, die angestellt wurden, um für die Tiere zu sorgen, ihre armseligen Talente besser anderswo eingesetzt hätten.
    Mir schien klar auf der Hand zu liegen, daß ein Zoo, wie ich ihn schaffen wollte, dringend gebraucht wurde, doch gab es damals — und es gibt sie in geringerem Maß auch noch heute — beträchtliche Opposition von jenen Leuten, die man als verbissene Naturschützer bezeichnen könnte. Es war schwierig, ihnen klarzumachen, daß die kontrollierte Zucht eine wünschenswerte und notwendige Ergänzung der konventionellen Methode des Naturschutzes ist, wie z. B. der Schaffung von Schutzgebieten, Nationalparks usw. Jahrelang war es so, daß man, wenn man dieses Thema vor einem illustren Kreis von Naturschützern zur Sprache brachte, angesehen wurde, als hätte man sich zu der Überzeugung bekannt, daß die Nekropohilie eine ideale Form der Bevölkerungskontrolle ist.
    Die Vorstellung, daß Zoos nichts weiter wären als viktorianische Menagerien, saß so fest, daß es fast unmöglich war, jemanden davon zu überzeugen, daß ein Zoo auch ernste Ziele haben kann. Die Gegenargumente liefen immer auf das gleiche hinaus — daß alle Zoos schlecht geführt würden und nur wenige, wenn überhaupt welche, die Befähigung oder den Wunsch gezeigt hätten, den Naturschutz mit kontrollierten Zuchtprogrammen zu unterstützen. Die Zoos hätten vielmehr aufgrund ihrer unbekümmerten Einstellung — »von der Sorte gibt’s noch eine ganze Menge« — zur ständigen Verringerung des Wildbestands beigetragen, indem sie immer wieder aus den Beständen schöpften, um solche Tiere ihrer Sammlung zu ersetzen, die ihnen aufgrund unglücklicher Umstände oder aus Nachlässigkeit gestorben waren. Es gäbe zu viele Zoos — so argumentierten die Naturschützer, die dem
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