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Die Terranauten 087 - Labyrinth des Schreckens

Die Terranauten 087 - Labyrinth des Schreckens

Titel: Die Terranauten 087 - Labyrinth des Schreckens
Autoren: Andreas Weiler
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Kaum hatte er die Stille Zone verlassen, da nahm das leise Summen des Windes zu. Böen zerrten an seinen Gliedern. Suven schnaufte. Dies war sein Element. Dies war sein Leben.
    Das rotblaue Licht, das seinen Körper mit Wärme umhüllte, verblaßte. Für einen weiteren Augenblick hielt Suven inne und sah hinauf. Einer der Himmelswanderer hatte sich vor den glühenden Ball des Lebensspenders geschoben und verfinsterte das Licht, das den Tag von der Nacht unterschied. Es war die erste Finsternis dieses Tages. Vier weitere würden folgen. Unter ihm verstärkte sich der Gesang aus krächzenden Lauten. Seine Hortbrüder versuchten, ihn einzuholen. Suven winkte mit den Saugarmen und kletterte weiter. Die Zeit der Ersten Tagesfinsternis umfaßte die Spanne, in der Suvens Körper die Phase der Frühjugend abschloß und in die Spätjugend eintrat. Der Wind wehte seinen mattgoldenen Körperflaum davon, und Suven lachte. Dies war sein fünfunddreißigstes Leben. Und er hatte den Eindruck, als sei es bisher das beste und stärkste und unbefangenste. Nie hatte er sich so stark, nie hatte er sich so glücklich und zufrieden gefühlt.
    Wieder sah er zurück, und seine Semilungen verdichteten den dünner werdenden Sauerstoff, damit seine Ganzlungen die Atemluft unter, gewohntem Druck verarbeiten konnten.
    Der Hort am Fuß der gewaltigen Felswand war nur ein kleiner Kreis aus Wartenden Verwerterinnen, purpurne Punkte auf von der Sonne verbranntem Geröll.
    Suvens Körper entwickelte sich weiter. Sein Metabolismus schloß die Spätjugendphase ab und trat in das erste Erwachsenenstadium ein. Er kletterte weiter, wich den zum Aufstieg einladenden Breitspalten aus, in denen die Sauger auf leichtsinnige Opfer hofften, tastete mit seinen Saugarmen durch abgelagerten Hartschnee, schob sich durch sich nach oben hin verjüngende Kamine aufwärts. Nicht mehr lange, und er hatte das Hochplateau erreicht, Ziel und Startplatz. Vielleicht während der Mittleren Erwachsenenphase. Vielleicht auch ein wenig später.
    Seine Flachnase fing bereits den köstlichen Duft des Drihs auf. Automatisch öffnete er die Schutzschlitze seiner Spähpupillen und hielt Ausschau. Ja, dort über ihm, nicht weit entfernt: eine ganze Wolke, rötlich schillernd, hin und her wogend. Eine fette Mahlzeit. Nahrung und Leben für die Brüder und Schwestern des Hortes auf lange Zeit. Mikroleben, getragen von den Winden, auf den Wolken schwebend wie auf der Gischt eines unermeßlich weiten Ozeans.
    Suven beschleunigte seinen Aufstieg. Seine Saugarme fanden sicheren Halt in den winzigen, manchmal selbst mit seinen Nahaugen kaum auszumachenden Ritzen und Spalten, schoben den nun in der ersten Erwachsenenphase massiger gewordenen Körper rascher vorwärts. Unter ihm ertönten noch immer die Anfeuerungsrufe der anderen Kletterer.
    Er, Suven, war der erste. Das mußte ihm Lob und Anerkennung und freie Wahl einer Mehrmutter einbringen. Verlockende Aussichten.
    Die Böen kamen nun unregelmäßiger und heftiger. Manchmal waren sie so stark, daß sie einen seiner Saugarme aus der Verankerung zerrten, und dann schaukelte sein Körper im zornig heulenden Wind. Suven ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Die Quelle in ihm, die ihm Kraft verlieh, war schier unerschöpflich. Dunkel erinnerte sich Suven an sein einundzwanzigstes Leben. Damals war es anders gewesen, und er hatte schon befürchtet, das einundzwanzigste sei die letzte Bewußtexistenz in seiner langen Lebensreihe. Die körperliche Verkrüppelung und die damit verbundene Schwäche hatten sich jedoch nur als vorübergehend erwiesen. Schon in seinem zweiundzwanzigsten Leben hatte er wieder die Stärke verspürt, die ihn bisher immer ausgezeichnet hatte. Nie jedoch hatte er sich so stark gefühlt wie jetzt in seinem fünfunddreißigsten Leben. Vielleicht war es ein Zeichen. Ein Omen.
    Unwillkürlich riß Suven sein Fangmaul auf und knurrte die Lautfolge der inneren Freude. Vielleicht …
    Vielleicht entwickelte er sich zu einem Stabilen. Er hatte zwar nie davon gehört, daß man sich zu einem Stabilen entwickeln konnte, aber möglicherweise war er der erste. Wenn das der Fall war, standen ihm noch angenehme Neuleben bevor. Vielleicht sogar als Kontakter …
    Vor ihm wich der Fels zurück, und Suven schob sich auf das Hochplateau und richtete seinen vorderen Körper auf. Im Westen zogen dunkle Wolkenberge heran. Er durfte nicht zu lange ruhen, denn wenn die Wolken die Felswand erreichten und sie mit ihren nebligen Armen
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