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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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und verstummte dann ganz; ein riesiger Kloß formte sich in ihrer Kehle.
    »Damisela«, sprach Dom Lennart unbeirrt mit ruhiger Stimme. »Es tut mir leid, Sie erschreckt zu haben.« Lennart nahm seinen Hut ab und hielt ihn in beiden Händen vor sich. »Ich wollte ausreiten«, erklärte er mit einer Handbewegung in Richtung der Ställe, »aber es ist noch zu dunkel.« Er lächelte. »Ich fühlte mich irgendwie … ich bin aufgewacht und …« Lennart zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, daß Sie auch nicht schlafen konnten?«
    Kirsten fand ihre Stimme wieder und sprach nun schüchtern, wobei sie unentwegt auf den Boden vor seinen Stiefeln starrte.
    »Nein, Dom, ich bin schon auf, um das Brot für unser Mahl zu bereiten.«
    Die zwei standen verlegen beisammen. Selbst an einem solch unverfänglichen Ort kam ihr Zusammentreffen ungelegen; es schickte sich nicht, daß die beiden allein zusammen waren. Doch irgendeine Kraft hielt sie dort wie angewurzelt fest. Ein Gedanke nahm in Kirsten Gestalt an: Ihre Basen, Judyth und Kassandra, hatten gesagt, es gäbe Gerüchte, daß Dom Lennart selber nur über wenig Laran verfüge. Falls dem so wäre, könnte er vielleicht doch mit ihr als Frau glücklich werden, auch wenn sie kopfblind war.
    Und Kirstens Vater hatte ihr erzählt, daß man Dom Lennart einen kleinen Gutsbesitz in den Bergen versprochen habe. Rockraven war ihres Wissens kein besonders reiches oder fruchtbares Gut, aber es wäre ihr Zuhause, in dem sie ihr gemeinsames Leben gestalten könnten.
    Schüchtern wandte Kirsten nun den Kopf ihrem zukünftigen Mann zu, dessen Augen ihren Blick magisch anzogen. Mit einem Male schien der Raum sich um sie herum zu drehen, und Kirsten war gezwungen, die Hand auszustrecken und nach Halt zu suchen.
    »Alles in Ordnung?« fragte Lennart, als seine Hand die ihre fest umfing.
    »Ja, ja«, sagte sie zögerlich, denn der Boden unter ihren Füßen schien noch immer zu schwanken und zu beben. Was geschieht mit mir? Und warum ausgerechnet heute? Abrupt entzog Kirsten ihre Hand Lennarts Griff und brachte mit eigener Willensanstrengung die Welt um sie herum zum Stillstand. »Ich muß jetzt gehen … in die Küchen«, stammelte sie. Dann drehte sie sich um und ging langsam durch die Halle, mit ausgebreiteten Armen noch immer um ihr Gleichgewicht bemüht. Lennart blickte ihr stirnrunzelnd nach, bis sie in einem Seitengang verschwunden war.
    Die zufällige Begegnung mit Dom Lennart hatte Kirstens Befürchtungen nur verstärkt. Warum? Warum heute? jammerte sie vor sich hin, als sie sich den Küchen näherte. Warum muß ausgerechnet ich es sein, die das Brot zubereitet. Ich sollte mich doch viel eher in meinen Gemächern auf die Hochzeitsfeierlichkeiten vorbereiten.
    Statt dessen mühe ich mich hier bei dem Versuch ab, anständige Brotlaibe anstelle von steinharten Klumpen zu fabrizieren. Aber Kirsten kannte den Grund. ihre Mutter, Domna Helene, war der festen Überzeugung, daß eine zukünftige Hausherrin in der Lage sein müsse, alle Hausarbeiten ebenso gut wie jede ihrer Dienerinnen zu erledigen. Und solange der Brotteig unter Kirstens Händen ein Eigenleben zu führen schien, sich je nach Gutdünken einmal schlicht weigerte aufzugehen und in all seiner Schwere auf den Brettern kleben blieb, ein anderes mal hingegen übergroß anwuchs und voller Luftlöcher war, solange bestand Domna Helene nun mal auf ihren Backlektionen. Und trotz all ihrer Bemühungen blieb Kirstens Brot auch weiterhin der Willkür der Gärungsmittel unterworfen und reifte nur selten zu einem genießbaren Laib. Kirsten hatte lediglich eines gelernt: Sobald ihre Hände den Teig berührten, konnte sie mit Bestimmtheit voraussagen, ob das Treibmittel diesmal mitspielen würde oder nicht.
    Als sie schweren Herzens die Küche betrat, zog sich Kirsten einen Kittel über, um ihre Kleidung bei der Arbeit zu schützen. Sie löffelte zwei Handvoll des Blasen werfenden Treibmittels in den irdenen Topf – und mit einem Male wurde ihr leicht ums Herz. Als sie erkannte, daß das Treibmittel heute keine Steinleiber reifen lassen würde, spürte Kirsten, wie sie eine freudige Erregung durchfuhr.
    Mit aufkeimender Hoffnung bedeckte sie den Topf und stellte ihn zurück auf das Regal. Ich habe vielleicht kein Laran, aber ich kann Brot backen und mich um einen Haushalt kümmern, dachte sie.
    Dem Sauerteig in der großen Schüssel fügte Kirsten Mehl, gemahlene Nüsse, Süßholzsirup und Gewürze bei und begann, die ganze Masse
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