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Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau

Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau

Titel: Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
Autoren: Halo Summer
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Viego mit gerunzelter Stirn. „Es gab ihn nie – oder willst du mir etwa das Gegenteil erzählen?“
    Die Mundwinkel des Knochens zuckten. Er war nicht geübt im Lächeln oder gar im Grinsen, deswegen sah es komisch aus, wenn er es wie jetzt versuchte.
    „Ich hab ihn gefunden. Es gibt ihn tatsächlich! Nur in Nachtlingen kann so ein seltsamer Kauz ungestört und fast unsichtbar überleben. Ich muss dir irgendwann mehr von ihm erzählen, aber jetzt erst mal zur Hauptsache: Er kann in den Sternen lesen, obwohl er blind ist. Die Sterne haben ihm etwas verraten. Angeblich gibt es so etwas wie einen Schatten oder Abdruck der originalen Lilienpapiere. So als würde man etwas auf einen Block schreiben, mit einem festen, spitzen Stift. Der Stift hinterlässt auf dem zweiten Blatt Papier keine Schrift, aber einen Abdruck, den man erkennen kann, wenn man das Papier vorsichtig einfärbt. Man könnte auch sagen: Es gibt so etwas wie das Echo einer Stimme, die einem fernen Ohr vor langer Zeit ein Geheimnis verraten hat. Das Geheimnis!“
    Viego spürte, wie sehr ihn diese Nachricht aufrüttelte. Doch er wollte sich nicht allzu viele Hoffnungen machen. Obwohl sein Herz schneller klopfte, blieb er ruhig sitzen und fragte skeptisch:
    „Warum sollte dir dieser alte, blinde Mann verraten, dass es einen Abdruck gibt?“
    Der Knochen nickte gedankenvoll.
    „Ja, warum sollte er? Vielleicht weil es etwas in diesen Papieren gibt, das er unbedingt wissen will? So etwas soll es geben, nicht wahr, Viego? Er selbst kann den Abdruck aber niemals finden. Dazu fehlen ihm die Mittel, außerdem ist er sehr gebrechlich.“
    „Er vertraut dir?“
    „In gewisser Weise. Er hat nicht mehr viel Zeit und es gibt nicht viele Menschen, die ihn finden. Sagen wir mal, von all den zwielichtigen Personen, denen er dieses Wissen anvertrauen könnte, hielt er mich für am wenigsten verdorben.“
    „Nun gut“, sagte Viego. „Angenommen, es gibt diesen Abdruck oder Schatten der vollständigen Lilienpapiere – wo ist er dann?“
    „Tja, wo … Ich weiß nur, dass es ihn gibt und wie wir ihn aufspüren könnten. Aber es wäre nicht nur riskant, das zu tun. Es wäre auch böse. Und gegen das Gesetz, um das auch noch nebenbei zu erwähnen.“
    „Warum?“
    „Die Abschrift befindet sich in den sogenannten Verlorenen Gebäuden. Du weißt, was das bedeutet?“
    „Niemand kann diesen Ort betreten!“
    „Außer …“
    Der Knochen sprach nicht weiter, doch Viego wusste genau, was er sagen wollte. Es gab eine Sorte von Dämonen, bitterschwarz gewordene Engel der Vorzeit, die die Verlorenen Gebäude betreten und wieder verlassen konnten. Doch sie waren verdammt. Einen solchen schwarzen Engel zu befreien und mit einem Auftrag ins Ungewisse zu schicken, war nicht nur verboten, sondern auch sehr gefährlich für alle Menschen, denen der Engel auf seinem Weg begegnete. Auch konnte man nie wissen, ob solch ein Geschöpf gehorchte. Es neigte dazu, sich zu befreien und dem Willen, von dem es gelenkt wurde, zu entkommen. So etwas durfte jedoch keinesfalls passieren! Ein unkontrollierter schwarzer Engel war schlimmer als jeder Krieg und jede Naturkatastrophe.
    „Das können wir nicht tun“, sagte Viego in tiefster Stimmlage und dann biss er sich auf die Lippe, was in seinem Fall besonders gruselig aussah.
    „Nein, das können wir nicht“, pflichtete ihm der Knochen bei.
    „Aber ich muss die Wahrheit erfahren“, sagte Viego. „Ich muss!“
    Der Knochen ließ diese Worte für ungefähr eine Minute im Raum stehen. Dann räusperte er sich und setzte zu einer Rede an, die er sich im Stillen schon unzählige Male gehalten haben musste.
    „Blicken wir den Tatsachen ins Auge, Viego, alter Freund! Siebzehn Jahre ist es jetzt her, dass deine Geraldine ihr Leben lassen musste. Damals haben du und Gangwolf beschlossen, die Lügen der Regierung zu entlarven. Wie so viele andere vor euch wolltet ihr die Wahrheit über Amuylett herausfinden, aber ihr seid kläglich gescheitert. Ich weiß, wie es ist, gegen diese unsichtbare Mauer anzurennen. Es muss eine Verschwörung geben, doch niemand, der daran beteiligt ist, verrät sie. Nichts sickert durch. Alles scheint seine Richtigkeit zu haben. Und der einzige Anhaltspunkt, der ein neues Licht auf alles werfen könnte, sind diese verdammten Lilienpapiere, die sich eine Hexe vor tausend Jahren unter ihre langen, giftigen Nägel gerissen hat. Es muss einen Grund geben, warum dieses riesige Geheimnis von niemandem, der es kennt,
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