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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin
Autoren: Petra Hammesfahr
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Griff in der anderen Hand, für Gereon blieben nur die Handtücher, die Kühltasche und das Kind.
    Sie blinzelte ins Licht. Schatten gab es auf dem großen Platz nirgendwo. Es standen nur ein paar Büsche am Rand, mehr staubig als grün. Ihre Sonnenbrille lag unten in der Umhängetasche. Im Wagen hatte sie sie nicht aufgesetzt, nur die Blende heruntergeklappt. Beim Gehen schlugen ihr die Sessel gegen das Bein. Ein vorstehendes Stück Metall kratzte unangenehm über die nackte Haut und hinterließ eine rote Spur.
    Gereon hatte die Sperre am Eingang erreicht, wo er auf sie wartete. Mit dem Arm zeigte er auf das Drahtgitter und erklärtedem Kind etwas. Er trug nur Shorts und Sandalen. Sein Oberkörper war nackt, die Haut braun und glatt. Er hatte eine gute Figur, breite Schultern, muskulöse Arme und eine schmale Taille. Wie er da stand, war sie sicher, dass er rasch eine andere finden würde. Als sie kam, rührte er sich nicht von der Stelle, machte auch keine Anstalten, ihr etwas abzunehmen.
    Den Eintritt musste man mit der Gebühr für den Parkplatz lösen. Die Karten hatte sie eingesteckt. Sie stellte den Klappsessel ab und begann, in der Umhängetasche nach ihrer Brieftasche zu wühlen. Sie wühlte sich durch Windeln und frische Unterwäsche, vorbei an zwei Äpfeln, einer Banane und der Keksschachtel, fühlte einen der Plastiklöffel für das Joghurt, dann die Schneide des kleinen Schälmessers zwischen den Fingern. Beinahe hätte sie sich geschnitten. Endlich ertastete sie das Leder, klappte es auseinander, bekam die Eintrittskarten zu fassen und hielt sie der Frau an der Sperre hin. Dann nahm sie die Klappsessel wieder auf und schob sich hinter Gereon durch das Gitter.
    Sie mussten weit über den platt getretenen Rasen laufen, sich an unzähligen Decken, Sitzgruppen und spielenden Kindern vorbeischlängeln. Der Schulterriemen der Tasche schnitt ins Fleisch. Der Arm, unten den sie Decke und Schirm geklemmt hatte, wurde allmählich lahm. Und das Bein schmerzte dort, wo die Metallteile des Sessels die Haut zerkratzten. Es waren rein äußerliche Empfindungen, sie störten nicht mehr. Sie hatte mit ihrem Leben abgeschlossen, war nur noch darauf bedacht, sich normal zu verhalten und nichts zu tun, was Gereon hätte stutzig machen können. Obwohl es unwahrscheinlich war, dass er eine verräterische Geste oder einen Satz richtig interpretiert hätte.
    Er machte schließlich Halt an einem Platz, an dem es wenigstens die Illusion von Schatten gab: ein mickriges Bäumchen mit durchsichtiger Krone, die Blätter hingen herunterwie eingeschlafen. Das Stämmchen war nicht einmal armdick.
    Sie legte Decke, Tasche und Sessel auf dem Gras ab, spannte den Schirm auf und steckte ihn mit der Spitze in den Boden, breitete die Decke darunter aus, zog die Klappsessel auseinander und stellte sie daneben. Gereon setzte das Kind auf die Decke und schob die Kühltasche nach hinten unter den Schirm. Dann hockte er sich hin und zog dem Kind Schuhe und Strümpfe aus, dann das dünne Hemdchen über den Kopf und das bunte Höschen nach unten.
    Der Kleine saß da in einem weißen Schlüpfer über dem Windelpaket. Mit dem runden Haarschnitt sah er fast aus wie ein Mädchen. Sie betrachtete ihn und fragte sich, ob er sie vermissen würde, wenn sie nicht mehr da war. Wohl kaum, wo er doch jetzt schon die meiste Zeit bei der Schwiegermutter war.
    Es war ein sonderbares Gefühl, inmitten all der Menschen zu stehen. Hinter ihnen lag eine Großfamilie auf mehreren Decken verteilt. Vater, Mutter, Großvater, Großmutter, zwei kleine Mädchen von etwa vier und fünf Jahren in rüschenbesetzten Bikinis. Ein Baby strampelte in einer Wippe unter einem Sonnenschirm.
    Wie im Supermarkt fragte sie sich, was in den Köpfen der anderen vorgehen mochte. Die Großmutter hinter dem Bäumchen spielte mit dem Baby. Die beiden Männer dösten in der Sonne. Der Großvater hatte eine Zeitschrift über sein Gesicht gelegt, der Vater eine Kappe aufgesetzt, deren Schirm seine Augen verdeckte. Die Mutter wirkte abgehetzt. Sie rief einem der kleinen Mädchen zu, es solle sich die Nase putzen, und kramte dabei in einem Korb nach den Papiertüchern. Rechts von ihnen saß ein älteres Paar in Liegestühlen. Links war ein Stück Rasen frei. Dort spielte eine Gruppe von Kindern mit einem Ball.
    Sie zog das T-Shirt über den Kopf und ließ den Rock auf dieFüße fallen, darunter trug sie den Badeanzug. Dann suchte sie in der Umhängetasche nach ihrer Sonnenbrille, setzte sie auf
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