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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden
Autoren: Felicitas Mayall
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ganz gut getan.»
    «Ich hoffe, er hat noch ein paar mehr.»
    «Und was passiert mit Orecchio?», fragte Laura.
    «Er wird am Morgen aus dem Keller geholt und in Sicherheit gebracht werden. Tuttoverde wird ihn ins Zeugenschutzprogramm aufnehmen. Er bekommt einen neuen Namen, einen neuen Wohnort und einen Job. Ich hole sogar den roten Fiat für ihn aus dem Wald.»
    «Sicher?»
    «Assolutamente, Laura.»
    «Und warum wurde der Fahrer des weißen Lieferwagens umgebracht?»
    «Weil sie dachten, dass er mit Orecchio unter einer Decke steckt. Sie waren überzeugt, dass die beiden die Lieferung unter sich aufteilen wollten. Hätte sich ja auch gelohnt. So was verzeiht man in diesen Kreisen nicht.»
    Teo entkorkte einen alten Merlot aus Sizilien und füllte drei Gläser. Sie stießen auf den Erfolg ihrer Aktion an, aber Laura war noch immer nicht ganz überzeugt.
    «Dann sind wir jetzt in Gefahr, oder? Wenn die Schweizer und Ruben an der Grenze abgefangen werden, dann wird man es Guerrini anlasten. Ist es nicht so, Teo?»
    «Theoretisch, aber ich denke, eher nicht.»
    «Warum nicht?»
    «Wegen Guerrinis Vater. Selbst jemand wie Domenica di Colalto wird nicht davon ausgehen, dass Guerrini seinen Vater bewusst in Gefahr bringen will.»
    «Und was ist mit dem toten Araber?»
    «Wir nahmen an, dass er von dem Schiff stammt, das die Ware zu Tiberos Kutter brachte. Vermutlich hat er irgendwas geklaut. Aber das können wir natürlich nicht nachweisen. Übrigens habe ich ihn wieder ins Wasser gezogen, weil wir im Resort keine Unruhe gebrauchen konnten. Ich war sehr beunruhigt, weil ich fürchtete, dass ihr beide die Carabinieri rufen würdet.»
    «Ich glaube, jetzt hören wir besser auf.» Laura trank einen großen Schluck Merlot. «Wie heißt das Buch, das Ferruccio schreiben will? Enigma. Das große Rätsel. Nur noch eine Frage: Was wird eigentlich aus unseren großartigen Adeligen?»
    «Das muss sich Tuttoverde noch ausdenken.»
    «Und Tibero?»
    «Dem werden wir vergammelte Fische unterjubeln, wenn wir ihn anders nicht zu fassen bekommen.»
    «Würdest du jetzt bitte aufhören zu fragen, Laura!», flehte Guerrini und schenkte sich noch ein Glas ein.
    «Da, jetzt fahren sie ab. Sie wollen also so schnell wie möglich zur Grenze. Ich hoffe, die Kollegen in Deutschland und der Schweiz sind schnell genug!» Gespannt beobachtete Teo die Punkte, die sich schnell auf die Via Aurelia zu bewegten.
    «Ihr werdet die Nacht hier verbringen müssen. Laura kann den Kollegen die Grenzübergänge melden. Ich liebe diese neuen Techniken!» Teo reckte die Arme und räkelte sich.
    «Dafür bin ich sehr dankbar. Die Vorstellung, in dem einsamen dunklen Haus zu schlafen, finde ich nicht besonders verlockend», erwiderte Laura.
    Ich auch nicht, dachte Guerrini, behielt es aber für sich.
     
    Am folgenden Abend bezogen Laura und Guerrini ein luxuriöses Zimmer im besten Hotel von Saturnia. Weder Päpste noch Padre Pio hingen an den Wänden, die Bettwäsche glänzte seidig, und die Teppiche waren weich. Noch drei Tage, dachte Laura, als sie vom Fenster aus über die weiche erdige Landschaft schaute, aus deren Falten und Mulden wieder Nebel aufstieg. Der Abschied vom Haus am Meer war ihr nicht leicht gefallen. Kein Abschied fiel ihr leicht. Selbst nach den wenigen Tagen in Il Bosco fühlte sie sich den Gerüchen, dem Rauschen der Brandung und den grotesken Büschen und Bäumen verhaftet, die dem Meer zu entkommen suchten. Es war aber noch viel mehr als diese mächtige Natur, die sie mit sich nahm. Sie hatte etwas über Guerrinis Leben erfahren, etwas ganz Wichtiges, und das wog all die Katastrophen dieses Urlaubs auf. Ruben, Wanner und Stamm waren tatsächlich an der Grenze festgenommen worden, nachdem man die Kunstwerke in ihren Fahrzeugen gefunden hatte. Das Kokain allerdings war weg. Aber das war Laura irgendwie egal.
    An diesem Abend lud sie Guerrini zum Essen ein, in das teure Restaurant an der Piazza. Zu Tagliatelle mit frischen Trüffeln, was Guerrini daran erinnerte, dass Domenica ihn ein Trüffelschwein genannt hatte, und er konnte mit Laura darüber lachen. Und zu Lammlende vom Rost mit grünen Bohnen, gefolgt von einem winzigen Stück Schokoladenkuchen. Später wanderten sie durch das menschenleere Saturnia, standen lange unter der Porta Romana und liefen ein Stück die Via Clodia hinab, bis die bizarren Äste der Olivenbäume im Nebel sie das Gruseln lehrten.
    Sie liebten sich lange in dieser Nacht, frei, zärtlich und mit einer ganz neuen
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