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Die Strandräuber - ein Ferienabenteuer auf Sylt

Die Strandräuber - ein Ferienabenteuer auf Sylt

Titel: Die Strandräuber - ein Ferienabenteuer auf Sylt
Autoren: Etel Bruening
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muss man sich mal reinziehen, am ersten Ferientag seine Familie auf die Minute genau morgens um vier Uhr. Spätestens um halb sechs brach man auf. Willi sagte immer: »Det kann sich keena vorstellen, um halb sechs hatten wa mindestens schon dreimal Stress.«
    Dann fuhr die Familie über Hamburg nach Niebüll, erreichte den Autozug um zwölf Uhr, war zwanzig Minuten vor eins in Westerland und düste meist pünktlich um eins im Sonnenland an.
    Vieles im Leben von Familie Mazunke drehte sich um Pünktlichkeit und Essen. Das hing wohl mit ihrem Geschäft zusammen. Herr und Frau Mazunke hatten nämlich in Berlin eine Schlachterei. »Natürlich in den Teil, der vor der Wende Westberlin war. Det läuft besser. Die Leute jeht det finanziär janz anders.« Herr Mazunke wusste, wovon er sprach, und Willi nickte bei solchen Weisheiten.
    Frau Christiansen mochte solche Sprüche nicht. Wenn sie so etwas hörte, verdrehte sie die Augen und fragte irgendwann: »Klara, was findest du nur an diesem Willi? Er ist ein lautes, altkluges Kind. Und seine Eltern – na, ich weiß ja nicht.«
    Klara fand dann ihre Mutter schon etwas überheblich und hielt den Mund. Aber, ehrlich gesagt, hatte sie den Willi, als er das erste Mal im Sonnenland auftauchte, auch nicht so richtig riechen können. Entweder pöbelte er oder er prahlte, dass sich die Balken bogen: »Also, unser Haus is so groß wie een janzes Schloss.« Oder: »Bei uns koofen die wichtigsten Leute von janz Berlin.«
    Aber irgendwann hatte Klara kapiert, dass Willi das gar nicht blöd meinte. Er war eben einfach nur anders. Auf jeden Fall entpuppte er sich als total witzig, tierisch hilfsbereit und herzensgut, eben einfach Willi aus Berlin.
    In der Zwischenzeit hatten Herr und Frau Mazunke angefangen, den Inhalt ihres Wagens auf die Straße zu laden. Berge von Krempel standen nach kürzester Zeit herum. Vermutlich war Mazunkes Haus in Berlin nun komplett leergeräumt, dachte Klara. Das Ganze sah mehr nach einer Sperrmüllaktion als nach einer Urlaubsreise aus.
    Willi hielt sich bei der Entladeaktion zurück. Er pickte nur hier und da in seinen Habseligkeiten rum und baute schließlich eine lange Reihe von Dingen auf, an denen sein Herz zu hängen schien.
    Da standen seine Rollerskates neben Angeln, Schwimmflossen, Fußballschuhen. Dann kam eine Batterie von Bällen jeglicher Art und zum Schluss der Karton mit seinen zwei Schildkröten. Die Skates standen unmittelbar am Heck des Autos. Herr Mazunke, der bis über die Ohren mit Zeug beladen war, konnte die tückischen Dinger nicht einmal ansatzweise erahnen. Es kam, wie es kommen musste. Herr Mazunke latschte prompt mit einem Riesenschritt darauf. Sie setzten sich umgehend in Bewegung und hebelten ihn aus. Für einen Moment sah es aus, als könnte Herr Mazunke schweben. Diese Fähigkeit war ihm selbstredend nicht gegeben. Klara hörte einen dumpfen Aufprall und die Erdanziehungskraft hatte gesiegt. Herr Mazunke lag platt auf dem Bauch.
    Klara lachte. Das war eine echte Mazunke-Show. Willi dagegen war in dem Moment nicht nach Lachen zu Mute. Er schlich um die nächste Hecke und krabbelte durch eine lichte Stelle in Christiansens Garten.
    Einige Sekunden herrschte unheimliche Stille. Dann hatte Herr Mazunke sich wieder gefangen: »Hilde! Hilde! Nun hilf mir doch! Du siehst doch, dass da etwas gebrochen sein muss.«
    Hilde, womit natürlich Frau Mazunke gemeint war, flatterte wie ein aufgescheuchtes Huhn ums Auto herum und zog und zottelte an allen Ecken und Enden an ihrem Karl-Otto. Den konnte sie aber keinen Millimeter bewegen, geschweige denn wieder auf die Füße bringen.
    »Du bist genauso dämlich wie der Bengel«, stellte das Unfallopfer trocken fest und wälzte sich aus der Bauchlage auf seinen Hintern. Er zog mit schmerzverzerrtem Gesicht ein Hosenbein hoch.
    Das rechte Knie war schon sichtbar angeschwollen. Frau Mazunke, die den Überblick verloren hatte, drehte noch einige kopflose Runden und machte sich an der mitgebrachten Kühltasche zu schaffen.
    »Was zum Teufel suchst du jetzt in der Tasche? Ich habe keinen Hunger!«
    »Nein, nein. Ich suche ein Messer. Das kühlt.«
    Jetzt platzte Karl-Otto der Kragen. Er brüllte, schnaufte und fuchtelte aufgeregt mit seinen kurzen, kräftigen Armen in der Luft herum.
    Wie sollte bitte die schmale Klinge eines Messers sein riesiges Knie, das ohne Schwellung schon den Umfang eines Luftballons hatte, kühlen?
    Klara schüttelte an ihrem Fensterplatz den Kopf. Dann sollten die mal
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