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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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will gut überlegt sein, in welcher Kleidung man sich zum ersten gemeinsamen Dinner präsentiert – der Anzug in seiner ordinär schwarzen Färbung zum Beispiel war eine fatal falsche Entscheidung. Ich glaube nicht, dass ich in diesem Moment hinter einer kleinen Bestie namens Precious her wäre, wenn ich mich für das moosgrüne Jackett entschieden hätte.«
    »Na, dann«, entschied Simon Ross und stopfte die Hände in die Taschen seiner weiten Hose, »fangen wir doch am besten direkt im Maschinenraum an. Hier entlang, Mister Holland.«
    Der Bootsmann schlüpfte durch einen Durchgang, den Algernon überhaupt nicht wahrgenommen hatte, duckte sich unter einem Balken hindurch und stieg gewandt über ein Fallgitter. Algernon folgte ihm schnaufend.
    Unvermittelt war das Dröhnen und Stampfen viel lauter geworden, bei jedem der rhythmischen Geräusche empfand er einen Druck auf den Ohren, als presse ihm jemand die Hände darauf. Er wollte Ross danach fragen, befürchtete aber, dass seine Stimme in dem Getöse untergehen würde.
    Der sah sich nach ihm um, packte den ohnehin ruinierten Smokingärmel und zog ihn hinter sich her, zwischen zwei gigantischen Behältern hindurch. Und plötzlich standen sie direkt vor der Maschine.
     
    Algernon verschlug es den Atem.
    Sie reckte sich bis zur Decke des Raumes, stieß an beiden Seiten an, schien mit jeder Bewegung wachsen und sich noch weiter ausdehnen zu wollen. Ein mächtiges Fundament verband sie mit dem Boden, darüber erhob sich ein Dickicht aus Röhren und Stangen. Alles war in Bewegung und blieb doch am selben Platz, bäumte sich auf, schnaubte, grollte, als kämpfe ein riesiges gefesseltes Tier vergebens gegen seine Ketten. Eine glühende Hitze ging von diesem Wesen aus – und eine ungeheure Kraft.
    Er trat näher und streckte ihm die Hände entgegen.
    Da öffnete sich ganz oben eines der Überdruckventile und stieß kreischend Dampf aus.
    Mit einem Aufschrei fuhr er zurück.
    Beide Hände als Schalltrichter um die Lippen gelegt, wandte er sich an Ross. »Ist dies der tiefste Kreis der Hölle?«
    »Das Herz der Charlie !«, schrie dieser zurück. »Hier herüber!«
    Sie schlängelten sich an der Maschine vorbei, so dicht, dass Algernon spürte, wie ihr Atem sein Nackenhaar versengte.
    Ross öffnete eine schwere Tür, zog ihn hindurch und ließ sie hinter ihnen wieder ins Schloss fallen. Unvermittelt war es ruhig. Algernon klopfte ein paar Mal auf seine Ohren, bis der Druck nachgelassen hatte.
    »Das Herz der Charlie ?«, fragte er dann.
    Ross lächelte fein. »Was glauben Sie«, begann er gemächlich, »wie es die Ætherschiffe fertig bringen, in den Himmel aufzusteigen?«
    Algernon zuckte die Achseln. »Bisher dachte ich, sie täten es einfach. Wenn der Wind günstig steht.«
    »Kein Wind brächte das fertig«, konstatierte der Bootsmann. »Ein guter Wind und eine günstige Strömung können einen Klipper über den Ozean treiben. Die Sonnenwinde und die Ætherströmungen treiben ihn von einem Planeten zum nächsten. Aber um aufzusteigen, vom Meer über die Wolken und in den Æther hinein, braucht man viel größere Kräfte. Natürlich haben die Menschen auch vor der Erfindung der Dampfmaschinen davon geträumt, zu den Sternen zu fliegen. Aber die Kraft hat nicht ausgereicht. Und sehen Sie, hier kommt die Maschine ins Spiel. Sicherlich ist Ihnen das Schaufelrad am Heck aufgefallen?«
    Algernon nickte eifrig.
    »Wenn das Schiff gut im achterlichen Wind liegt, alle Segel gesetzt, die Rahsegel, die Stagsegel und die Leesegel an den Rahspieren, dann wird das Schaufelrad in Gang gesetzt. Erst das gibt die zusätzliche Kraft für den Aufstieg, und der Klipper hebt ab. Ohne die Dampfmaschine wäre die Charlie nur ein Ozeanklipper, und deswegen ist sie das Herz. Verstanden? Dann geht es jetzt weiter zum Schlund.«
    »Zum Schlund? Den hat Ihr Schiff auch?«
    »Aber gewiss!«, entgegnete der Bootsmann und ging voraus. »Das wissen Sie doch selbst: Wenn das Herz schlagen soll, braucht der Körper Nahrung. Schauen Sie hier herein, aber treten Sie nicht zu nahe.«
    Er riss eine weitere Tür auf, anscheinend noch schwerer als die erste. Algernon warf einen Blick direkt ins Höllenfeuer. Rauchschwarze Seelen hantierten mit Schaufeln, warfen in einem rasenden Tanz glänzende Kohlestücke in einen gewaltigen Ofen. Die Hitze nahm ihm den Atem, und doch konnte er nicht anders als nur immer weiter in die Flammen starren, bis ihn Ross schließlich sacht zurückzog.
    »Lassen Sie die Leute
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