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Die Staubfee

Die Staubfee

Titel: Die Staubfee
Autoren: Nicole Rensmann
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Arm vor die Augen.
    »Endlich biste wach, du Schlafmütze.« Lisa schien empört.
    »Was ist denn los?«, fragte Mama gequält. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte erst kurz vor Fünf.
    »Der Staub ist weg.«
    »Schön.« Mamas Augen fielen zu und sie schien schon wieder zu schlafen. In diesem Moment überkam mich schlagartig die Müdigkeit, darum zuckte ich bei dem nun folgenden wilden Aufschrei meiner Schwester zusammen.
    Lisa trampelte mit nackten Füßen auf den Parkettboden. Es bollerte und klatschte. Gleichzeitig schrie sie: »Mama! Die Staubfee. Mamaaaa! Die Staubfee ist doch weg. Wach auf!« Jetzt hatte Lisa es geschafft: Mama setzte sich im Bett auf, und auch Papa regte sich.
    Mama wischte sich über die Augen und gähnte. Dann versuchte sie, Lisa zu beruhigen: »Lisa, hör mir zu. Hörst du? Lisa!« Doch Lisa hörte nicht mehr, sie kämpfte mit ihrem Wutanfall und wollte gar keine Erklärung hören.
    Ich fror und kroch zu meinen Eltern ins Bett.
    »Lisa, Schluss jetzt!« Papas Stimme klang laut und böse, aber anders konnte Lisa nicht zur Ruhe gebracht werden. Vor Schreck quollen Tränen aus ihren Augen. Bevor sie wieder zu schreien anfing, zog Mama Lisa aufs Bett und nahm sie in den Arm. »Lisa, wenn die Staubfee weg ist, dann wird sie das so gewollt haben.«
    »Aber -«, schluchzte Lisa. »Aber der Staub überall, alles weg. Den hat sie mitgenommen. So können keine Staubfee-Babies bei uns geboren werden.«
    Mama und Papa wechselten einen Blick. Hatten sie vielleicht etwas mit dem verschwundenen Staub zu tun?
    »Ach so, den Staub meinst du. Den haben Papa und ich gestern Abend in einen Karton gepackt.«
    »Aber ihr könnt doch die Staubfee nicht einsperren«, legte Lisa Einspruch ein.
    »Wer sagt denn, dass die Staubfee dabei war? Wir haben ja nur den Dreck zusammengeräumt, der in der Wohnung herumlag.«
    »Das ist kein Dreck, das ist das Land der Staubfee, Mama.« Lisa ließ sich nicht überzeugen und zog eine beleidigte Schnute.
    Ich lauschte. Dann fielen mir die Augen zu. Ich hörte noch, wie Mama zu Lisa flüsterte: »Schau mal, dein Bruder schläft schon wieder. Was hältst du davon, wenn wir das auch versuchen und beim Frühstück alles besprechen?«
    »Ich will aber jetzt die Staubfee sehen«, kam es trotzig zurück.
    »Lisa. Ich bin genauso fasziniert wie du von diesem Wesen, aber jetzt ist es noch dunkel draußen, es ist zu früh zum Aufstehen, zu früh zum Suchen, und zu früh zum Streiten. Ich habe jetzt keine Lust auf eine Diskussion, dafür bin ich noch zu müde. Ich würde viel zu schnell böse werden, das weiß ich. Also bitte, lass uns das um zwei, drei Stunden verschieben. Bitte! Leg dich hin und versuch weiterzuschlafen.«
    Was dann geschah, weiß ich nicht, denn ich schlief ein. Aber ich glaube, Lisa ist dann auch eingeschlafen. Denn als ich wieder erwachte, lag sie neben mir, zwischen Mama und Papa. Die Uhr über der Tür zeigte halb neun. Nach und nach regten sich alle und wir standen auf, um das Frühstück zuzubereiten.
     
    Die Sonne schenkte uns ihre ersten kostbaren Strahlen und tauchte die Küche für wenige Augenblicke in ein leuchtendes, goldfarbenes Licht. Doch nur für einen kurzen Moment, dann schob sich eine Wolke vor die gelbe Scheibe, so als meinte sie, dass es noch zu früh für Glanz und angenehme Temperaturen sei. Aber die Sonne sah das anders und kämpfte sich wieder hervor. So ging es eine Weile hin und her, während wir frühstückten und fröhlich durcheinander schwatzten.
    Als die Sonne wieder einmal den Kampf gegen die Wolke gewonnen hatte, rutschte Papa plötzlich sein Marmeladenbrötchen aus der Hand.

7.
     
    Das Brötchen fiel mit der Marmeladenseite zuerst auf die Tischplatte. Eine Hälfte ragte über die Kante hinaus und das klebrige Zeug tropfte nun langsam auf den Fußboden. Dort bildete es eine Erdbeer-Marmeladen-Pfütze. Ich lachte. Doch Papa schien nicht zum Lachen zumute zu sein.
    Sein Mund klaffte auf, seine Augen starrten in die Sonnenstrahlen.
    Dann erst sah ich, warum Papa so verblüfft schaute. Auch Lisa hatte es entdeckt und sagte mit Fleischwurstbrot gefüllten Wangen: »Pfieffste, fier ham nicht pfefogen.« Was so viel heißen sollte wie: »Siehste, wir haben nicht gelogen.«
    Die Staubfee schwebte im Sonnenlicht und wirkte wie ein durch die Strahlen entstandenes Wesen. Ihr Flügel propellerte hin und her und hielt sie in der Luft. Die Staubflocken, die sich als Armee vorgestellt hatten, bildeten den Schweif.
    »Schatz, alles in Ordnung?«,
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