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Die Staubfee

Die Staubfee

Titel: Die Staubfee
Autoren: Nicole Rensmann
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zu uns und betrachtete unsere Bilder.
    Die teils grauen, teils bunten Zeichnungen bedeckten den Boden. Lisa hatte sogar ein Staubschloss gezeichnet. Ich hatte versucht, die Staubfee auf meiner Nase zu malen. Mama lachte und sagte: »Genauso hast du geschielt!« Sie nahm mich fest in die Arme. Das hatte sie schon lange nicht mehr gemacht. Auch Lisa kam zu uns. Wir hielten einander fest und genossen die Nähe der Anderen und die Verbundenheit, die uns nicht nur die Familie brachte, sondern auch das gemeinsame Erlebnis.
    »Wenn ihr möchtet, können wir die Bilder aufhängen«, schlug Mama vor.
    So vertieft in unsere Arbeit, einen richtigen Platz für die Zeichnungen auszuwählen, hörten wir die Haustür erst, als sie geschlossen wurde. Wir lauschten, dann liefen wir kreischend und lachend Papa entgegen. Durcheinander redend versuchten wir, mit Händen und Füßen das Ereignis zu erklären. Doch Papa unterbrach unseren Redeschwall.
    »Moment mal, Moment mal. Lasst mich meine Jacke ausziehen, und dann langsam von vorne. So verstehe ich kein Wort«, sagte er und schüttelte dabei den Kopf.
    »Ich geh’ das Essen vorbereiten. Sobald ihr fertig seid, könnt ihr mir ja helfen«, sagte Mama zu uns und meinte zu Papa: »Falls du irgendetwas nicht verstehst, zweifle nicht an dir oder an den Kindern.« Mama verschwand in der Küche und Papa zog uns ins Wohnzimmer, drückte uns auf die Couch und lauschte dann unserer wirren Erzählung. Er schaute sich dabei um. Das Chaos in der Wohnung unterstrich unseren Bericht.
    Papa schwieg, nachdem wir geendet hatten. Er glaubte uns nicht. Selbst als Mama beim Abendessen die Wahrheit unserer Worte bezeugte, blieb Ungläubigkeit bei ihm zurück.
    »Wir können sie ja noch mal suchen«, schlug ich vor.
    Doch Mama blockte sofort ab. »Heute nicht mehr, ihr Zwei müsst ins Bett. Dort könnt ihr von der Staubfee träumen. Morgen ist eine neuer Tag und Zeit, um zu suchen. So, aber nun ab ins Bad, Zähne putzen!«
    Jetzt, wo Mama es sagte, merkten auch wir, dass der Tag sehr anstrengend gewesen war. Gemeinsam gingen wir ins Bad und anschließend ohne Proteste ins Bett. Doch es war so langweilig, jeder für sich. Es gab doch so viel zu erzählen.
    »Mama!«, schrie ich. Auch Lisa rief nach ihr.
    Zu mir kam nicht Mama, sondern Papa, aber das war auch in Ordnung.
    »Kann ich nicht heute mal bei Lisa schlafen?«
    »Das muss ich erst mit Mama besprechen!«, sagte Papa und eilte aus dem Zimmer. Im Flur trafen unsere Eltern aufeinander. Wir hörten, wie sie miteinander redeten, dann lachten sie beide. Diesmal kam Mama bei mir rein. »Du willst also bei Lisa schlafen?«
    »Ja, bitte«, bettelte ich.
    »Tja, das ist aber dumm, denn Lisa will bei dir schlafen!«
    Ich schaute wohl ziemlich komisch, denn Mama lachte. Sie lachte nicht oft, denn sie hatte im Büro stets viel Arbeit und in den Ferien musste sie viel zu Hause erledigen. Doch seit die Staubfee bei uns wohnte, schien es Mama besser zu gehen.
    »Lisa kommt zu dir, ja? Dann kann sie auf deiner Couch schlafen.«
    Ich fiel Mama um den Hals und küsste sie. Schon trudelte Lisa um die Ecke. Ihr Bettzeug zog sie hinter sich her, das Lieblingskuscheltier trug sie im Arm. Wir grinsten uns an.
    »Na, dann gute Nacht«, sagte Papa. »Aber redet nicht mehr so lange!«
    Wir verdrehten die Augen. Was die immer dachten! Die halbe Nacht quatschten wir über die Staubfee und deren Armee, erfanden Geschichten und überlegten, wo sie sich wieder versteckt haben könnte. So gut hatten Lisa und ich uns schon lange nicht mehr unterhalten.
    Obwohl wir in der Nacht nur wenig Schlaf fanden, erwachten wir am Samstag schon früh. Draußen drängte sich die Dunkelheit gegen die Fensterscheiben. Unsere Eltern schliefen noch. Leise schlichen wir in den Flur, und da erschrak Lisa.
     

6.
     
    Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ben, schau, alles ist weg. Der Staub, alles weg. Oh nein, die Staubfee ist fort!«
    »Reg dich nicht auf. Die Staubfee war da doch gar nicht drin.«
    »Aber sie könnte den Staub genommen haben und ausgezogen sein.« Lisa begann zu weinen.
    »Komm, wir fragen Mama.« Ich zog sie ins Schlafzimmer. Wir rüttelten an Mamas Schulter, doch sie wollte nicht wach werden. Sie brummelte irgendetwas vor sich hin.
    »Mama, du musst sofort aufstehen! Alles ist weg. Guck doch nur. Mama, aufwachen! Mama!« Und dann schrie Lisa: »Mamaaaaaa!« Langsam wälzte sie sich zur Seite. Sie blinzelte. Geblendet von dem Licht, das wir eingeschaltet hatten, hielt sie einen
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