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Die Staubfee

Die Staubfee

Titel: Die Staubfee
Autoren: Nicole Rensmann
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der Luft. Dann steuerten sie auf das beschriebene Papier zu, das ich wütend auf den Boden geschmissen hatte . Nacheinander legte sich die Armee auf die Buchstaben. Als sie alle Wörter »ab gestaubt« hatten, flogen sie in die Luft und blieben dort stehen. Von dort beobachteten sie uns. Wir mussten ein komisches Bild abgeben, denn wir starrten mit offenen Mündern und glänzenden Augen das wundersame Wesen an. Die Staubarmee erkannten wir nur schemenhaft - sie wurde von der Helligkeit im Zimmer verschluckt. Doch die Staubfee war leicht auszumachen, und so galt unsere Aufmerksamkeit dem staubigen Weizenkorn. Ihre Haare zitterten leicht im Rhythmus des Flügelschlags.
     

5.
     
    Langsam – ohne ruckartige Bewegungen - griff Mama nach dem Papier und dem Stift, die auf dem Bett lagen. Sie schrieb: IHR BRAUCHT KEINE ANGST ZU HABEN. Und legte das Blatt zurück.
    Einen Moment zögerten die Körnchen. Doch dann stürmten sie auf das Blatt zu und legten sich auf die Wörter. Es dauerte einige Sekunden, dann flogen sie wieder in die Luft, doch nur, um sich erneut auf das Papier zu legen. Lisa und ich waren so fasziniert von dem Schauspiel, dass wir für einen Moment die Luft anhielten.
    IHR BRAUCHT KEINE ANGST ZU HABEN.
    Die Fee tastete mithilfe der Armee die Worte wiederholt ab und flog anschließend an die Stelle in der Luft zurück, wo sie zuvor verweilt hatten.
    »Warum machen sie das?«, fragte Lisa.
    Ich wusste es auch nicht.
    Doch Mama hatte eine Antwort: »Sie zeigen uns, dass auch wir keine Angst haben müssen.«
    Lisa und ich schauten uns an. Dann lachten wir befreit auf. So als besiegelte dieser Satz die Freundschaft mit diesen wundersamen Wesen. Wir warfen uns aufs Bett und kicherten. Auch Mama lachte. Dann wandte sie ihren Blick der Staubfee zu. »Was machen wir nun mit dir?« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Du verstehst mich so gar nicht, oder?«
    Wir alberten nicht mehr herum, sondern betrachteten die Staubfee. Endlich konnte ich meine Neugier befriedigen. Zielstrebig ging ich auf sie zu. Mit meinem Zeigefinger wollte ich sie antippen. Nur feststellen, ob sie sich so weich anfühlte, wie sie aussah.
    Doch sofort stürmte die Staubarmee heran und umringte ihre Fee schützend. Erschrocken zog ich meine Hand zurück. Weinerlich sagte ich: »Ich wollte doch nichts tun.«
    Beruhigend redete Mama auf mich ein: »Das weiß ich, aber die Staubarmee und die Fee wissen das nicht. Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir uns mit ihnen unterhalten wollen. Wir sind riesig für diese Wesen. Wenn es umgekehrt wäre, hätten wir auch Angst.«
    »Aber wir haben doch gesagt, dass sie keine Angst haben müssen.«
    »Das reicht nicht, wir müssen es nun auch beweisen. Meint ihr, das kriegen wir hin?«
    Einstimmig riefen wir laut: »Jaaaa!«. Aber uups, wir wollten die Fee nicht erschrecken, darum zogen wir die Schultern hoch und flüsterten: »Ja.«
    Überraschend flog die Staubfee auf uns zu, dahinter die Armee als langer Faden. Mama hielt die Luft an, Lisa japste vor Begeisterung und ich bemerkte, wie meine Ohren erneut rot erglühten. Die staubigen Wesen befanden sich nun direkt vor unseren Gesichten. Niemand durfte jetzt heftig ausatmen, damit die leichten Fussel nicht weggepustet wurden.
    Was wollte die Staubfee von uns?
    Langsam bewegte sich die Fee auf mich zu. Ich erstarrte. Jetzt sollten sich meine Gedanken rächen. Bestimmt. Die Staubfee würde mich mit Staub umwickeln und in einen Käfig sperren. In Gedanken versprach ich, nie wieder ein Wesen einzufangen. Ich schielte, so nah bewegte sie sich vor mir. Und dann ließ sich der kornförmige Flusen mit dem Propeller-Flügel auf meiner Nasenspitze nieder. Jetzt nur nicht niesen! Auch atmen durfte ich nicht. Ich konnte auch gar nicht, ich war viel zu durcheinander über das, was da vor sich ging.
    Lisa betrachtete mich mit offenem Mund, das konnte ich aus den Augenwinkeln erkennen. Und dann passierte es wieder: das Telefon schellte. Genau wie am Morgen kräuselte sich die Armee zusammen und verschwand mit der Staubfee hinter dem Kleiderschrank.
    Enttäuscht sackten wir alle zusammen.
    Mama eilte zum Telefon.
    Aus dem Gespräch erkannten wir, dass es sich bei dem Anrufer um Papa handelte. Sofort umrangen wir Mama und riefen, sie solle von der Staubfee erzählen. Mehrmals bat sie uns leise zu sein, doch wir waren viel zu aufgedreht.
    »Wir erzählen heute Abend davon, und nun geht in eure Zimmer und malt ein bisschen.«
    Als Mama zu Ende telefoniert hatte, kam sie
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