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Die standhafte Witwe

Die standhafte Witwe

Titel: Die standhafte Witwe
Autoren: Julie Garwood
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und beobachteten, wie die Frau sich mit gebrochenem Herzen abwandte. Sie sank in die Knie, umschlang ihren Unterleib mit den Armen und knickte vornüber, als hätte man sie gerade in ihre Mitte getreten.
    Ihre Schluchzer waren herzzerreißend. Die beiden Männer ließen sie lange Minuten sich ihrem Schmerz hingeben, und als sie endlich wieder ein wenig Beherrschung zurückerlangt hatte und ihre Schluchzer verebbten, legte ihr der Priester die Hand auf die Schulter und flüsterte Worte, die sie trösten sollten.
    Sie schob seine Hand nicht fort. MacKechnie sah, wie sie langsam ihre Würde wiedererrang. Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen, und wischte sich die Tränen mit einem linnenen Tuch, das er ihr reichte, aus dem Gesicht. Dann erlaubte sie ihm, ihr auf die Füße zu helfen.
    Mit gesenktem Kopf wandte sie sich an die Männer. »Ich möchte jetzt allein sein. Ich muß … beten.«
    Sie wartete nicht auf die Zustimmung der beiden, sondern wandte sich ab und ging zur vordersten Bank. Sie kniete nieder und schlug das Kreuz als Zeichen, daß sie ihre Anrufung beginnen wollte.
    Der Priester verließ als erster die Kapelle. Keimet folgte ihm. Er wollte gerade die Tür hinter sich zuziehen, als seine Herrin ihn rief.
    »Schwöre es, Keimet. Schwöre es auf deines Vaters Grab, daß mein Mann tot ist.«
    »Ich schwöre es, M’lady.«
    Der Verwalter wartete noch einen Augenblick, ob seine Herrin noch etwas von ihm wollte, doch als das nicht der Fall war, zog er die Tür fest hinter sich ins Schloß.
    Johanna starrte eine lange, lange Zeit auf den Altar. In ihrem Kopf herrschte ein einziges Durcheinander aus Gefühlen und Gedanken.
    Sie war zu verwirrt, um vernünftig denken zu können.
    »Ich muß beten«, flüsterte sie. »Mein Mann ist tot. Ich muß beten.«
    Sie schloß die Augen, faltete die Hände und begann endlich ihr Gebet. Es kam als eine einfache, unverhüllte Litanei direkt aus ihrem Herzen.
    »Ich danke dir, Gott. Ich danke dir.«

KAPITEL 2
Schottisches Hochland, 1207
    Der Baron suchte offensichtlich den Tod. Der Clansherr schickte sich an, ihm dabei behilflich zu sein.
    Die MacBains hatten über komplizierte Kanäle bereits vor vier Tagen erfahren, daß Baron Nicholas Sanders versuchte, sich durch die steilen, winterlich verschneiten Berge zum Anwesen der Maclaurins durchzuschlagen. Der Engländer war kein Fremder und hatte sogar auf Gabriel MacBains Seite gekämpft, als sie in einer verbissenen Schlacht englische Abtrünnige, die sich auf dem Maclaurin-Land festgesetzt hatten, zurückgeschlagen hatten. Danach war MacBain Clansherr sowohl über sein eigenes Gefolge als auch über den Maclaurin-Clan geworden. Als ihr neuer Anführer hatte er damals entschieden, daß Nicholas so lange bleiben durfte, bis er von seinen schweren Wunden genesen war. MacBain hielt das für verdammt entgegenkommend und großzügig, allerdings hatte er allen Grund dazu gehabt. Auch wenn er es nur ungern zugab, so hatte Baron Nicholas ihm in der Schlacht doch das Leben gerettet. Der Clansherr war ein stolzer Mann. Es war schwer für ihn, ja eigentlich unmöglich, Danke zu sagen, und als Gegenleistung dafür, daß Nicholas den Rücken des Clansherrn geschützt hatte, als ein englisches Schwert darauf zielte, hatte er es dem Baron erspart, zu verbluten. Da sie niemanden im Clan hatten, der sich auf die heilende Kunst verstand, hatte MacBain persönlich Nicholas’ Wunden gesäubert und verbunden. Damit war seine Großzügigkeit jedoch noch nicht zu Ende, obwohl er fand, er habe seine Schuld ausreichend getilgt. Doch als Nicholas kräftig genug für die Rückreise gewesen war, hatte er ihm sein prachtvolles Pferd zurückgegeben und ihm sogar noch ein Plaid geschenkt, so daß er sicher nach England zurückkehren konnte. Kein anderer Clan würde es wagen, einen MacBain anzurühren, so daß das Plaid ein besserer Schutz war als ein Kettenhemd.
    Aye, er war wirklich gastfreundlich gewesen, und nun schien der Baron offenbar von seiner Weichherzigkeit profitieren zu wollen.
    Sie sollten alle verflucht sein – er würde den Mann tatsächlich töten müssen.
    Nur ein einziger freundlicher Gedanke hielt ihn davon ab, sich seiner überaus schlechten Laune hinzugeben: Dieses Mal würde er Nicholas’ Pferd behalten.
    »Füttere einmal einen Wolf, MacBain, und er wird immer wiederkommen, um nach mehr Beute zu suchen.«
    Der erste Befehlshaber des Clansherrn, ein blonder Krieger mit fleischigen Schultern namens Calum, zitierte diese Weisheit
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