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Die standhafte Witwe

Die standhafte Witwe

Titel: Die standhafte Witwe
Autoren: Julie Garwood
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der Hand, dann schleuderte sie sie dem Bischof vor die Füße. Sie wandte sich um, nahm die Hand ihres Mannes und verließ an seiner Seite die Halle.
    Sie blickte nicht zurück.
    *
    Der Abend war Gabriels liebste Tageszeit. Er mochte es, am Tisch zu sitzen, die Ereignisse des Tages zu besprechen und die Pläne für den nächsten Tag zu machen. Allerdings hörte er selten richtig auf die Bemerkungen und Vorschläge der Männer, betrachtete dagegen um so lieber seine Frau.
    Nicholas und Clare waren vor drei Monaten nach England abgereist. Clare hatte die Highlands nicht verlassen wollen, und Nicholas hatte seine ganze Überredungsgabe anwenden müssen, um sie trotzdem dazu zu bringen.
    So war der eine Verwandte fort, ein anderer aber auf dem Weg. Johannas Mutter wurde für den folgenden oder übernächsten Tag erwartet. Sobald die Nachricht sie erreicht hatte, daß der Besuch kam, hatte Gabriel eine Eskorte losgeschickt, die nun an der Grenze wartete.
    In zwei Wochen würde er zum ersten Mal an dem Ratstreffen mit den anderen Clansherren teilnehmen. Er würde allerdings nicht lange fortbleiben, denn Johanna sollte in etwa einem Monat niederkommen.
    Auggie und Keith hatten die Nase vom Kirkcaldy-Clan entführt. Clansherr Gillevrey hatte den Mann genannt und erwähnt, daß er der Beste seiner Art in den ganzen Highlands war. Auggie hatte den Mann eine lange Zeit gefangen gehalten, nachdem er ihnen den besten Brand herausgesucht hatte. Er hieß Giddy und war harmlos genug. Nach ein oder zwei Monaten der Langeweile erbarmte sich Auggie seiner und ließ ihn einen Versuch in seinem Stockspiel machen. Innerhalb einer Woche hatte Giddy sich anstecken lassen. Nun hatten sie zwei Irre, die auf dem Vorplatz, in der Wiese und im Tal Löcher buddelten, und Gabriel hatte den Verdacht, daß Giddy, wenn die Fässer erst einmal eingetauscht und fort waren, gar nicht mehr gehen wollte. Er und Auggie hatten ziemlich schnell Freundschaft geschlossen. Und wenn sie nicht auf Steine einschlugen, schleppten sie Kupferkessel in Auggies Hütte, um die Brauweise zu perfektionieren.
    Johanna saß jeden Abend am Feuer und arbeitete an ihrem Wandteppich. Dumfries wartete stets, bis sie sich gesetzt hatte, und ließ sich dann auf ihren Füßen nieder. Für Alex war es zur Gewohnheit geworden, sich neben sie auf den Stuhl zu quetschen und über einer ihrer Geschichten von wilden Kriegern und mutigen Jungfrauen einzuschlafen. Johannas Märchen hatten alle ein ganz besonderes Ende, denn keine ihrer Heldinnen brauchte jemals von dem Ritter in glänzender Rüstung gerettet zu werden. Meistens retteten die edlen Damen ihre Ritter.
    Gabriel konnte seiner Frau keinen Strick daraus drehen. Sie erzählte Alex nur die Wahrheit. Es war eine Tatsache, daß Frauen mächtige, arrogante Krieger retten konnten. Johanna hatte ihn sicher vor einer kalten, leeren Zukunft gerettet. Sie hatte ihm ein Zuhause und eine Familie geschenkt. Sie war seine Liebe, sein Glück, seine Freundin.
    Sie war sein Leben.

EPILOG
England 1210
    Die Luft in der Kammer war schal und abgestanden und roch nach Tod. Priester und Schüler standen um das Bett herum, hielten Kerzen in den Händen und sangen Gebete für ihren verehrten Bischof.
    Hallwick lag im Sterben. Sein Atem ging flach und unregelmäßig. Er hatte nicht mehr genug Kraft, um die Augen zu öffnen.
    Etwas vom Bett entfernt stand ein runder Tisch, der mit Münzen bedeckt war. Die Priester in der Gemeinde hatten sie gesammelt, um ihrem Bischof Ablaß zu erkaufen. Sie wollten ihm damit seinen Platz im Himmel sichern. Das Geld würde der Kirche zufließen, damit dem Bischof alle möglichen Sünden, die er unbeabsichtigt in der Vergangenheit begangen hatte, vergeben würden.
    Hallwick hatte niemals versucht, seinen Haß und seinen Abscheu, die er Frauen gegenüber empfand, zu verbergen. Und die Priester, die er geschult hatte, hielten seine Ansicht nicht für sündig. Sie glaubten jedes einzelne Wort seines Diktats und würden ihren eigenen Schäfchen diesen Glauben predigen, so daß das Wort des heiligen Mannes von Generation zu Generation weitergegeben werden würde.
    Doch in seiner Todesstunde widersprach der Bischof seinen eigenen Thesen: Er starb, nach seiner Mutter rufend.
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