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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels
Autoren: Ella Theiss
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er weint. Er ist
Hannegrets Bruder. Das ist wichtig, auch wenn Hannegret nicht weiß, was das
heißt: Bruder. Wenn sie wieder sprechen kann, wenn der schmerzende Kloß endlich
raus aus ihrer Kehle ist, wird sie ihn fragen.

    Der Vincent, der jetzt Franz heißt, ist bestimmt auch
traurig, dass die Lisbeth in den Himmel hinauf ist. Und wegen dem Willem
sowieso. Wenn Hannegret wieder sprechen kann, wird sie ihn trösten und ihm
sagen, dass sie ja noch den Jost haben. Der bleibt bei ihnen, bis sie alle zusammen
in den Himmel kommen. Das hat er Hannegret versprochen. Und der Jost lügt
nicht! Nie!

    Der Jost kommt vom Waldrand herübergelaufen mit einem
Haufen Reisig im Arm. Er wirft das Reisig in den Ring aus Steinen, den die
Spielleute gelegt haben. Der Jost wischt sich den Schweiß von der Stirn und
schaut zu Hannegret und Vincent herüber. Er zwinkert mit den Augen und lächelt
wie der Mond. Vielleicht ist der Jost ja wie der Mond. Der sieht auch immer
anders aus. Geht nie ganz weg, sondern kommt immer wieder.

    Hannegret hat dem Jost in den Daumen gebissen, so arg,
dass es geblutet hat. Das ist lange her und tut ihr jetzt leid. So leid! Bald
einmal wird Hannegret zum Jost hingehen, ihn umarmen und ihm sagen, wie leid es
ihr tut.

    Weich ist die Mütze, fast wie ein Kaninchenfell. Und wie
sie duftet! Duftet fast genauso wie die gelben Blumen am Wegrand, von denen der
Vincent, der jetzt Franz heißt, sagt, es sei Unkraut. Das Unkraut riecht so
gut! Und die Mütze riecht fast genauso. Hannegret atmet den Duft gierig ein.

    Auch das Feuer riecht gut, das nun schon lichterloh
brennt. Und wie es tanzt, das Feuer! Es tanzt und färbt alles ringsum warm und
rosa wie den Himmel. Die Spielleute machen eine Musik und manche tanzen mit dem
Feuer mit, hüpfen um das Feuer herum, immer im Kreis, und klatschen, sogar die,
die eben noch traurig waren. Auch Kinder sind dabei, die lachen und kreischen,
manche sind kleiner als Hannegret.

    Der Jost und die Kinder winken zu Hannegret und zum
Vincent, der jetzt Franz heißt, herüber. Das soll heißen: Kommt doch! Macht
mit! Aber der Vincent, der jetzt Franz heißt, schüttelt den Kopf und
Hannegret will bei ihm sitzen bleiben, weil er ihr Bruder ist und weil das
wichtig ist.

    Das Feuer aber freut sich am Tanz der Spielleute, es
lodert noch heller und schickt lauter Funken zum Himmel hinauf. Da strahlt die
goldene Sonne und schenkt dem Feuer einen kleinen Funken zurück und die Flammen
teilen sich. Und mitten heraus tanzt eine Gestalt, eine Frau mit buntem Gewand
und glänzenden hellroten Haaren. Lisbeth! Das ist Lisbeth! Sie schwebt aus dem
Feuer heraus und fliegt mit ausgebreiteten Armen auf Hannegret zu.

    Lisbeth! Lisbeth! Hannegret will kreischen vor
Glück, aber die Tränen schnüren ihr die Kehle zu und der Kloß drückt bis herauf
zu den Ohren. Aber Hannegret muss gar nicht rufen, denn Lisbeth ist ja schon
bei ihr, Lisbeth nimmt sie in ihr warmes, weiches Kleid auf, wie immer. Und die
Mütze vom Jost fällt ins Gras.

    Hannken, mein Schätzken, sagt Lisbeth. Und ein
Glück steigt auf in Hannegrets Brust und will heraus, will heraus ums
Verplatzen. Will den Bruder trösten, der immer noch seine blöden Zeichen in den
Sand malt und nicht aufsieht.

    Vincent, schau doch, die Lisbeth ist da. Ist gar nicht
im Himmel. Ist bei uns! Das alles will Hannegret ihrem Bruder sagen, aber
es geht nicht, es geht nicht!

    Da! Er muss sie selbst gesehen haben. Oder gespürt haben.
Fängt an zu reden. »Hannken, weißt du was?«, sagt er und zieht die Nase hoch, »ich
hab mir genau gemerkt, wie Lisbeths Mohnauflauf geht! Man nimmt Milch und Mohn
und Rosinen …«
    Hannegret nickt und denkt an Lisbeths Mohnauflauf, spürt
die zartkörnige Süße auf ihrer Zunge.
    »Und wenn wir in Hamburg sind und wenn wir wieder eine
richtige Küche haben, werde ich Lisbeths Mohnauflauf für uns machen.«

    Hannegret nickt stumm und lässt sich von Lisbeth streicheln.

    »Hannken, sag mal, du weißt doch auch, wie die Lisbeth
gekocht hat. Ich will alles aufschreiben, Hannken! Hilfst du mir?«

    Hannegret nickt wieder, nickt so heftig, dass der Kloß
mit einem Schlag hinabrutscht.
    Und dann löst sie sich ein winziges Stück weit von Lisbeths
Kleid, wischt dem schniefenden Franz den Rotz von der Backe und sagt: »Ja.«

     
    Hassumer Mohnauflauf (für 4 Personen)

    Koche ein halbes Pfund Mohn und vier Esslöffel Honig in einem
halben Maß Milch auf, gebe zwei Hände voll Rosinen hinzu und lasse alles
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