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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels
Autoren: Ella Theiss
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ein fahrender Barbier.

     
    Sonntag, 23. November

    Ich war am Morgen mit dem Müller in der Kirch und
am Mittag bei einer Messfeier mit Singspiel und Plätzchen anstatt bei den
Dirnen in Goch, wo ich gewiss lieber gewesen wär, und ich hätt gedacht, dass
ein noch junger Kerl und verwitwet wie der Müller guten Hunger auf die Weiber
hätt und mich mitnähm, zumal ich noch einige Schönheitspastillen im Wagen hab,
die ich verschenken könnt, denn auch wenn sie bloß aus Bohnenmehl sind und
gefärbt mit Betensaft, so glauben doch die Weiber gern, dass sie ihnen ein
schönes Antlitz machen, und sind mir stets zu Willen für ein Döschen davon.
Aber Willem – wir sagen seit heut Du zueinander –, der will da nicht hin, sagt,
die Mutzen seien allesamt keck und redeten zu viel, da lege er lieber selber
Hand an sich, wenn ihm danach wär. Trottel! Reden doch alle Weiber viel, die
eine mehr, die andere weniger, wobei es aber auszuhalten ist, solange man sie
nur fickt und hernach wieder davongehen kann.

    In der Kirche war es seltsam, so wie ich es aus den
Städten nicht mehr kenne, denn der Pfarrer sprach alleweil von den Todsünden.
Auch hat er gezetert, der Pfaffe, und zwar über die Kartoffeln, die der Antichrist
eingeführt habe ins Heilige Römische Reich, und es wär eine sündige Frucht, die
den Geist taub mache. Ich hab mich verwundert und den Müller ein paarmal
angestoßen mit dem Ellbogen, aber der hat nicht zugehört, hat immer in die
Reihen mit den Weibern gestarrt, was für einen, der sie nicht mal ficken will,
eine komische Art ist.

     
    Montag, 24. November

    Die Geschäfte laufen gut dieser Tage, kann ich
zwar nur wenige Bauern zu einer Rasur überreden, bin aber auf dem Wochenmarkt
all meine Mistelzweige und Eibenruten losgeworden, denn die Menschen werden
wieder abergläubisch, seit sie vom Erdbeben in Lissabon hören, und schützen
sich lieber mit Zauberei, als einem zürnenden Gott zu dienen, welcher ein
solches Leiden und Sterben anrichtet, zumal auch die Erklärungen der
Professoren und Gelehrten nicht glaubhaft sind, die sagen, dass das Beben nicht
von Gott geschickt worden wär, sondern von heißem Gestein und berstenden
Kräften tief in der Erde, welche rütteln an den Oberflächen der Länder und der
Meere. Was für ein Blech! So verwundert es nicht, wenn die Menschen sich lieber
wieder an Yggdrasil, die Weltenesche, halten und den donnernden Wotan mit
freundlichem Anbeten besänftigen.

    Auf dem Markt werden alleweil von preußischen Soldaten
Kartoffeln ans Volk verschenkt, was die Bauern aufbringt, die ihre Rüben und
Kraut gut verkaufen wollen. Aber die welschen Erdknollen sind dem Volk sowieso
nicht mehr als ein Fetz, Buben kicken sie mit ihren Füßen, bis sie faulend in
der Gosse liegen bleiben und anderntags vom Straßenfeger aufgesammelt werden.

    Da erzähle ich gern, dass die Wilden in Amerika jeden Tag
Kartoffeln essen, so wie bei uns die Menschen Erbsen und Bohnen essen, was die
Bauern anscheinend nicht hören wollen, denn sie lachen nur und sagen, die
Wilden könnten ihre Drecksknollen gern für sich behalten. Nur eine Frau, die neulich
des Wegs kam, blieb stehen und fragte mich nach den Indianern aus und, was sie
mit den Kartoffeln machen würden. Ich habe ihr erzählt, was ich weiß, aber auch
manches, was ich nicht weiß, denn sie sah recht lieblich aus mit ihren
rotblonden Haaren unter einer dunklen Haube, auch wenn sie wohl älter als wie
dreißig Jahre war. Eine Kerze aus Bienenwachs hat sie mir abgekauft, meine Schönheitspastillen
aber wollte sie nicht. Ich habe ihr immer weiter von den Indianern erzählt,
dass sie eine ganz rote Haut haben, nackend herumlaufen und Menschen fressen,
was aber wohl ein Fehler war, denn da ging sie rasch weiter.

4          Lisbeth

     
    Das Gasthaus gleicht einer preußischen
Heeresstellung. Westen, Schärpen und Rockzipfel in Blau, Rot und Weiß rotieren
vor Lisbeths Augen wie in einem Kaleidoskop. Hohe schwarze Stiefel stapfen die
Treppe zu den Schlafstuben hinauf und herunter, trampeln durch die Wirtsstube,
umkreisen Lisbeth wie sperriges Gerät, dem man ausweicht, ohne es zu beachten.
Ein Dutzend Männer, die einander ebenso gleichen wie das, was sie am Leib
haben, alle jung, alle groß mit stolzen Mienen und kalten Augen. Einen von
ihnen kennt Lisbeth schon. Es ist der Lulatsch mit den pflaumenblauen Lidern,
der neulich mit dem Major hier war. Von Zeit zu Zeit blitzen Schwäche und
Zweifel aus seinen ungelenken Gesten, um sich
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