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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition)
Autoren: Petra Durst-Benning
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ihr warten mußtet. Aber ich konnt’ nicht früher weg«, erklärte der Anführer, der sein Gesicht genauso hinter Lumpen verbarg wie der Rest der Gruppe. Während er sprach, wanderten seine Augen über die Anwesenden. Für einen kurzen Moment verweilten sie auf Jerg, der mit einem unbeholfenen Kopfnicken antwortete. Er hatte das Gefühl, noch niemals einem so wachen, prüfenden Blick begegnet zu sein.
    »Ich hab’ auch schon gedacht, heut’ wird’s nichts. Der Jost und seine Mannen von Burg Taben sind nämlich auf ihren Rappen durchs Dorf stolziert, als ob sie auf der Suche nach Ärger wär’n«, erwiderte darauf Jergs Nebenmann, dessen gedrungene Statur unter den unzähligen Lumpenschichten noch massiver wirkte. Neugierig schaute Jerg zu ihm hinüber. Ob unter dieser Verhüllung wohl ein ihm bekanntes Gesicht steckte?
    »Was sagst du da? Die Burg-Tabener sind unterwegs? Hastdich hoffentlich nicht verfolgen lassen, sonst sind wir erledigt!« antwortete der Hagere mit einem drohenden Unterton in die Stimme. Jerg fiel auf, daß den Worten des Anführers die grobschlächtige Aussprache der Bauern fehlte, seine Art zu sprechen war irgendwie anders – feiner? Dennoch hatte Jerg das Gefühl, als bemühe sich der Mann, es den Bauern beim Reden gleichzutun.
    »Nein, nein. Keine Sorge, ich hab’ gewartet, bis sie in das Wirtshaus eingekehrt sind.«
    »Nun, dann laßt uns anfangen, wir haben schon genug Zeit verloren.«
    Die Männer scharten sich um ihren Anführer, der Jerg nun mit einem scharfen Blick fixierte. »So, das ist also unser Neuer. Wie ich gehört habe, willst du bei unserer Sache mitmachen?«
    »Ja, das will ich!« Jerg erwiderte den festen Blick.
    »Weißt du eigentlich, worauf du dich da einläßt? Unsere Sache ist eine heilige Sache, der man entweder ganz und gar oder überhaupt nicht verschrieben ist. Bei uns kann man nicht ein bißchen mitmachen. Sonst ist man schnell ein bißchen tot.« Bei diesen Worten ging ein rauhes Lachen durch die Runde. Die Männer kannten ihren Anführer und wußten, daß dieser mit seinen ruppigen Worten nur prüfen wollte, wie weit die Bereitschaft des Neuen ging. Jeder, der heute hier stand, hatte beim Eintritt in die Gruppe nicht nur einen Treueeid schwören, sondern auch den Fragen des Anführers Rede und Antwort stehen müssen. Und es gab kaum einen, der unter dessen scharfem Blick nicht zu schwitzen begonnen hätte.
    »Glaubst du etwa, ich bin nicht Mann genug, so wie ihr hier mitzumachen, oder was soll die Fragerei?« Über Jergs linkem Auge war ein Zucken zu sehen, ein untrügliches Zeichen dafür, wie aufgebracht und verärgert er innerlich war. »Ich denke, ihr braucht jeden Mann für eure heilige Sache?«
    »Nun, du vorwitziger Grünschnabel, da bist du im Irrtum.Jeden Mann brauchen wir weiß Gott nicht«, meinte der Anführer, wobei er das Wort ›jeden‹ ironisch betonte. »Was wir zum Beispiel nicht brauchen, sind Hitzköpfe, die bei der geringsten Kleinigkeit aufbrausen und sich und uns dadurch verraten könnten.« Fragend zog er die Augenbrauen in die Höhe und sah Jerg herausfordend an.
    Dieser blickte als erster weg. ›Verflixt, schon wieder hat mich mein loses Mundwerk in Verlegenheit gebracht! Ich könnt’ mich dafür ohrfeigen!‹ Jerg wußte, daß er sich jetzt keine weitere forsche Bemerkung erlauben durfte, denn sonst wäre seine Aufnahme in den Geheimbund wirklich gefährdet. Er zwang sich, so demütig wie möglich zu antworten: »Da könnt ihr sicher sein, das wird nicht passieren! Das schwör’ ich!«
    Stefan, der bisher noch nichts gesagt hatte, wandte sich nun an den Anführer: »Hans, das kannst du ihm glauben. Wenn unser Neuer was verspricht, dann hält er sich auch daran. Sonst hätt’ ich ihn doch nicht mitgebracht!«
    Hans schien noch einen Augenblick zu zögern, als ob er von irgendwelchen inneren Zweifeln geplagt wurde, gab sich dann jedoch einen sichtbaren Ruck: »Daß du heute Nacht hierher gekommen bist, beweist Mut. Und mutige Männer kann der Arme Konrad immer gebrauchen. Doch bevor du richtig zu uns gehörst, mußt du noch einen Treueschwur ablegen. Bist du dazu bereit?«
    Jergs Antwort war ein krächzendes »Ja«.
    Ein paar Meter weiter links von ihm war plötzlich ein Rascheln im Gebüsch zu hören. Sämtliche Köpfe schossen herum, Jergs Gegenüber griff reflexartig zu seinem Messer, das griffbereit in einem ledernen Futteral an seinem Gürtel hing. Plötzlich schoß am Boden ein armlanger dunkler Schatten vorbei, stieß
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