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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin
Autoren: Celia Friedman
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ernst.
    Aethanus drehte sich wieder um und sah sie streng an. »Du hast mich in Gefahr gebracht, indem du zu mir kamst. Hast du mir nicht versprochen, so etwas niemals zu tun? Unter den Magistern gibt es einige, die nicht nur deinen, sondern auch meinen Tod fordern würden, wenn sie wüssten, dass ich dich aufgenommen habe.«
    »Ich weiß«, flüsterte sie. »Es tut mir leid. Aber ich wusste nicht, wo ich sonst hin sollte.«
    Wenn sie ihm widersprochen hätte, hätte er vielleicht etwas zu sagen gewusst. So aber schwieg er. Er kannte seine Schülerin als heißblütig und trotzig, deshalb kam ihm diese ausgelaugte, mutlose Frau fremd vor.
    Allerdings war sie auch nicht mehr seine Schülerin. Das musste er sich immer wieder in Erinnerung rufen, wenngleich sie selbst es gern vergaß. Sobald ein neuer Magister in die Welt hinausgeschickt wurde, war er – oder sie – ganz allein auf sich gestellt und konnte nicht erwarten, dass jemand aus der Bruderschaft ihm half, ihm Zuflucht gewährte oder auch nur seine Anwesenheit duldete, es sei denn, derjenige hätte einen Vorteil davon gehabt. Und selbst dann war nicht gewährleistet, dass ein sogenannter Verbündeter nicht einen Augenblick der Schwäche nutzen würde, um sich einen noch dauerhafteren Vorteil zu verschaffen. Im Rahmen des Kodex, nach dem sie alle lebten, hätte sie nichts Törichteres tun können, als in ihrem Zustand vor seiner Schwelle zu stehen. Nachdem sie das eine Gesetz gebrochen hatte, das zu halten sie alle geschworen hatten.
    Aber du bist eben ohne Beispiel, meine heißblütige kleine Hure. Wer weiß, ob du uns nicht noch eine ganze Schar von anderen Überraschungen bereitest. Ich ahnte das schon, als ich dich damals zu meiner Schülerin nahm. Also ist es meine eigene Schuld, wenn du mich jetzt in Schwierigkeiten bringst, nicht wahr?
    Mit einem Seufzer setzte er sich wieder neben sie. Das rote Haar war nicht mehr so ungebärdig wie zu der Zeit, als sie ihn verlassen hatte. Inzwischen hatte es eine Länge, die fast weiblich zu nennen war, die glänzenden Locken reichten ihr bis knapp über die Schultern. Natürlich würde sie es wieder abschneiden, sobald ihr das auffiel.
    Ironischerweise erhöhten ihre wiederholten Anstrengungen, jedes Interesse an ihrem Aussehen zu leugnen, nur ihren Reiz. Mit langem, sauber gebürstetem und zu einer weiblichen Frisur geflochtenem Haar wäre sie vielleicht eine attraktive Frau gewesen, aber mehr auch nicht. In diesem Zustand war sie mehr. Irgendwie urwüchsig, elementar , dachte er. Eine Naturgewalt.
    »Es könnte sein, dass nicht alle dieser Suchzauber wussten, gegen wen sie gerichtet waren«, sagte er schroff. Er bemühte sich, so wenig Mitgefühl wie möglich in seine Stimme zu legen, aber alte Gewohnheiten waren zäh. »Wer deinen Handlungen nachzugehen versucht, ohne deren Urheber genau zu kennen, könnte auch ein wenig Macht hierherschicken, um nach Antworten zu suchen. Und ich könnte das als Eindringen in mein Territorium werten und den Sucher abweisen. Daran würde niemand etwas finden.« Er seufzte wieder und nahm einen weiteren Schluck Tee. »Kann ich aus deiner Frage schließen, dass du noch etwas angestellt hast, worüber andere Bescheid wissen möchten? Außer dem Tod dieses Magisters?«
    Sie presste die Lippen aufeinander und nickte.
    »Noch ein Bruch des Magistergesetzes?«
    »Nein, Meister Aethanus.« Jetzt flüsterte sie nur noch.
    »Was dann? Und denk bitte daran, ich bin nicht mehr dein Meister.«
    Anstelle einer Antwort streckte sie den Arm aus. Über ihrer Handfläche entstanden feurige Funken und verdichteten sich zum Bild eines seltsamen Wesens mit einem Körper wie eine lange schwarze Schlange und Flügeln wie von einer Libelle.
    Die Erkenntnis traf Aethanus wie ein Schlag gegen die Brust. Die Stimme versagte ihm.
    Sie sagte: »Prinz Andovan bezeichnete es als Seelenfresser.«
    Er hatte noch nie ein solches Wesen gesehen, hatte aber so viele alte Mythen gehört, dass er es sofort erkannte. Und beim Gedanken an das Ende dieser Mythen gefror ihm das Blut in den Adern.
    »Was hast du mit diesem … Ding zu tun?«
    »Ich habe damit gekämpft«, erklärte sie. »Ich habe getan, was Ihr mich gelehrt habt, und auf die Gelenke gezielt, wo der Panzer am schwächsten war. Und es hat gewirkt.« Allmählich kehrte etwas von dem alten Trotz in ihre Stimme zurück. »War es etwa falsch, mit dieser Nachricht hierherzukommen? War sie es nicht wert, den Flüchtling so lange aufzunehmen, bis er wieder bei
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